Auf der Kreisverbandssitzung der Grünen am kommenden Dienstag gibt es ein Nachspiel zum Verhalten der grünen Ratsfraktion gegen das BürgerInnenbegehren zum Cross-Border-Leasing-Deal. Der ehemalige Fraktionssprecher der Grünen im Rat, Jörg Bogumil, hat zusammen mit anderen einen Missbilligungsantrag gestellt: „Der Kreisverband Bochum mißbilligt das Abstimmungsverhalten der Mehrheit der grünen Ratsfraktion bezüglich des Bürgerbegehrens zum Cross-Border-Geschäft, da sie damit dazu beigetragen hat, dass der Bürgerentscheid nicht zustande kommt bzw. sinnlos geworden ist. Dies widerspricht grob dem jahrelangen Einsatz der Grünen für den Ausbau von Bürgerbeteiligungsrechten. Die Durchführung von Bürgerentscheiden sollte – unabhängig von den inhaltlichen Auffassungen zu einzelnen Punkten, bei der man unterschiedlicher Meinung sein kann – nicht von Grünen boykotiert werden, da Bürgerentscheide ein zutiefst demokratisches Element sind. Der Kreisverband Bochum fordert die Ratsfraktion auf, künftig ihr Abstimmungsverhalten so auszurichten, dass bei einem ordnungsgemäß zustandegekommenen Bürgerbegehren keine Entscheidungen gefällt werden, die die Durchführung eines Bürgerentscheides ad absurdum führen.“
„Die zweite BürgerInnenversammlung der Cross-Border-GegnerInnen bittet die Vertretungsberechtigten des BürgerInnenbegehrens, Klage gegen die Nichtdurchführung des BürgerInnenentscheids durch die Stadt vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einzuleiten.“ Dies war heute Abend Konsens unter allen Anwesenden, als entschieden wurde, wie mit der Weigerung der Stadt umgegangen werden soll, den gesetzlich vorgeschriebenen Bürgerentscheid nun durchzuführen. Nachdem ausführlich alle denkbaren juristischen Konsequenzen erörtert waren, gab es keine Zweifel, dass fast jeder Ausgang des Verfahrens ein Gewinn für die UnterzeichnerInnen des BürgerInnenbegehrens ist. Eine Wattenscheider Anwaltskanzlei wurde mit der Prozessführung beauftragt. mehr…
Donnerstag 27.03.03, 09:00 Uhr
Heute, Donnerstag, 27.3., 19.00 Uhr, Bahnhof Langendreer: Treffen zum Cross Border Losing: Weiteres Vorgehen nach der Weigerung der Stadt, den gesetzlich vorgeschriebenen BürgerInnenentscheid nach dem erfolgreichen BürgerInnenbegehren durchzuführen.
Auf den offenen Brief des Mietervereins an die Bochumer Grünen antwortet Fraktionssprecher Wolfgang Cordes: „Die Frage, ob die Grünen tatsächlich meinten, der Mieterverein sei kein Partner für Wohnungsfragen mehr, ist wohl rein rhetorisch. Die Grünen haben nie einen Zweifel daran gelassen, daß der Mieterverein ein kompetenter und wichtiger Partner in allen Fragen der Wohnungspolitik ist. Es hat sich mir allerdings bis heute nicht recht erschlossen, was das Cross Border Leasing des Kanalnetzes mit Wohnungspolitik zu tun hat.“ Die Antwort im Wortlaut. mehr…
In der Auseinandersetzung um den Cross-Border-Deal der Stadt Bochum mit dem Kanal-Netz haben JuristInnen auf eine ganz interessante Perspektive hingewiesen: Wenn die Stadt Bochum sich tatsächlich weigert, den gesetzlich nun vorgeschriebenen BürgerInnenentscheid durchzuführen, kommt es zu einer Gerichtsentscheidung. In diesem Zusammenhang kann dann die Stadt gezwungen werden, die/den VertragspartnerIn und den Vertrag bekannt zu geben, den bisher nicht einmal die Ratsmitglieder der Stadt Bochum kennen. Die Sache bleibt spannend. Die Tatsache, dass die Ankündigung, der Vertrag müsse spätestens am 10. März unterzeichnet werden, gelogen war, hat alle KritikerInnen bestätigt. Die Kämmerin hat viel Zeit gehabt, weiter zu verhandeln. Wer will da noch glauben, dass nicht auch noch ein paar Wochen Zeit für einen BürgerInnenentscheid gewesen wäre.
„Die Bochumer Bürger haben das Recht auf einen Bürgerentscheid“, ist sich Ralf Bindel von attac Bochum sicher. „Nach der gestrigen Bürgerversammlung wissen wir das genau.“ Die Bürgerinitiative von attac und Mieterverein gegen das Kanalnetz-Leasing konnte gestern im Bahnhof Langendreer viele interessierte BürgerInnen begrüßen, die sich im Rahmen der GATS-Aktionstage informieren wollten, wie es mit Privatisierungsvorhaben in Bochum weiter geht. Nach Beratung mit ihren Rechtsanwälten beschloss die Bürgerversammlung einstimmig, Oberbürgermeister und Verwaltung zur Einleitung eines Bürgerentscheids aufzufordern. „Wir verfolgen den eingeschlagenen Weg geschlossen weiter“, sagte Jürgen Bargmann. In einem Brief an den Oberbürgermeister forderten die Vertretungsberechtigten, die notwendigen Vorbereitungen zur Durchführung eines Bürgerentscheids zu treffen. „Nach § 26 Abs. 6 S. 3 der Gemeindeordnung NRW ist der Rat verpflichtet, innerhalb von drei Monaten einen Bürgerentscheid durchzuführen, wenn er dem Bürgerbegehren nicht entspricht“, bestätigte Rechtsanwalt Günter Arndt von der Kanzlei Moyzio in Wattenscheid gestern den BürgerInnen. mehr…
Offener Brief des Bochumer Mietervereins
an den Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen Bochum und Wattenscheid
Freitag 14.03.03, 00:00 Uhr
Sehr geehrte Damen und Herren,
lange Jahre war das Verhältnis zwischen Grünen und Mieterverein durch eine enge Zusammenarbeit in wohnungspolitischen Fragen geprägt.
Neben immer wieder stattfindenden Konsultationen mit der Ratsfraktion, zeigte sich dies zum Beispiel auch durch die Tatsache, dass Autoren aus dem Umfeld des Mietervereins für das Kapitel „Kommunale Wohnungspolitik“ in den Wahlprogrammen 1994 und 1999 verantwortlich zeichneten. Wir haben dabei in Kauf genommen, in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens als „grüner Verein“ wahrgenommen zu werden, obwohl dies natürlich nicht den Fakten entspricht und wir außerdem unserer Satzung verpflichtet sind, die parteipolitische Neutralität festschreibt. mehr…
„Cross-Border-Leasing-Geschäfte sind erst der Anfang“, sagt Ralf Bindel von attac Bochum, „mit GATS wird die öffentliche Daseinsvorsorge nach und nach vollständig privatisiert.“ Zu den internationalen Aktionstagen vom 13. bis 15. März gegen das General Agreement in Trade of Services (GATS) verweisen die Initiatoren des Bochumer Bürgerbegehrens gegen das Kanalnetz-Leasing auf die mit Cross-Border-Leasing (CBL) erste Stufe des „kommunalen Ausverkaufs“. Sie laden am Donnerstag, 13.3.03, 19 Uhr, zu einer öffentlichen Diskussion in den Bahnhof Langendreer ein, wie weiter mit dem nach wie vor zulässigen BürgerInnenbegehren umgegangen werden soll. „Wir müssen auch darüber sprechen, welche demokratischen Instrumente in Zukunft zur Einrichtung von Bürgerhaushalten und Sozialforen genutzt werden können.“ mehr…
In einer Stellungnahme zur gestrigen Ablehnung des BürgerInnenbegehrens durch den Rat der Stadt Bochum erklärt Eckhard Stratmann-Mertens, Mitglied von Attac-Bochum und ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Grünen: „Ein entscheidender Gesichtspunkt in der Ratsdebatte gestern zum Bürgerbegehren/Bürgerentscheid war die Abwägung, dass ein Abwarten des Bürgerentscheids nicht ergebnisoffen wäre. Stellvertretend dazu die Presseerklärung der GRÜNEN im Rat vom 9.3.2003: ‚Die Kämmerin hat versichert, dass das Geschäft definitiv nicht zustandekommt, wenn die fertigen Verträge nicht in den nächsten Tagen unterschrieben werden.‘ Wir halten diese Aussage der Kämmerin der Stadt Bochum für haltlos. Wer garantiert uns, dass dies tatsächlich so ist? Ein anonymer US-‚Investor‘ soll dies gesagt haben. Wer garantiert, dass eine solche Aussage des ‚Investors‘ nicht von der Kämmerin politisch bestellt worden ist, um den Bürgerentscheid zu unterlaufen und eine genehme Ratsentscheidung zu befördern? mehr…
In einem Brief an den Innenminister des Landes und die Regierungspräsidentin in Arnsberg schreiben die Vertretungsberechtigten für das Bürgerbegehren gegen den Kanal-Cross-Border-Deal: „Der Rat der Stadt Bochum hat am 21. 11. 2002 beschlossen, das Bochumer Kanalnetz im Wege des Cross-Border-Leasings an einen US-Investor zu verpachten und von dort zurück zu pachten. Dagegen hat sich ein Bürgerbegehren gerichtet, dessen Zulässigkeit der Rat der Stadt Bochum am gestrigen Sonntag einstimmig festgestellt hat. Gleichwohl hat der Rat mit 34 gegen 25 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschlossen, dem Bürgerbegehren nicht zu entsprechen. Die Kämmerin der Stadt befindet sich heute bereits auf dem Weg in die USA, der Vertrag soll am morgigen Dienstag unterzeichnet werden. Uns ist bekannt, dass nach Rechtsprechung des OVG Münster Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung haben und dass erst der Bürgerentscheid den Ratsbeschluss außer Kraft setzen würde. mehr…
Sonntag 09.03.03, 23:30 Uhr
Donnerstag, 13.3., 19.00 Uhr, Bahnhof Langendreer:
Nach der heutigen Ratssitzung, auf der SPD und Grüne sich dafür ausgesprochen haben, das BürgerInnenbegehren gegen den Cross-Border-Deal auszuhebeln, trafen sich noch ca. 30 Aktive aus dem Umfeld des BürgerInnenbegehrens zu einer kurzen Auswertung. Leute, die am Rande der Aktivitäten standen, sprachen zunächst einmal den HauptakteurInnen ihre Anerkennung für den lange Zeit kaum vorstellbaren Erfolg des BürgerInnenbegehrens aus. Einigkeit herrschte schnell, dass die zu erwartenden Versuche von SPD, Grünen und Verwaltung, den nun zwingend erforderlich gewordenen BürgerInnenentscheid nicht mehr stattfinden zu lassen – weil der Vertrag unterschrieben ist -, mit allen juristischen Mitteln gekontert werden sollen. Klar war allen Anwesenden, wie aufwendig und anstrengend es sein wird, die Verantwortlichen in Bund und Land für die Situation der kommunalen Finanzen zu benennen. Auf allen Ebenen regiert schließlich Rot-Grün. Es entwickelte sich aber rasch ein Konsens, dass aus dem Kreis des BürgerInnenbegehrens auch weiterhin kreative Vorschläge zu den Kommunalfinanzen entwickelt werden müssen. Insbesondere die angedrohten Kürzungen im Sozial-, Jugend- und Kulturbereich müssen als Skandal thematisiert werden angesichts der Verschwendung, die in anderen Bereichen praktiziert wird. Am kommenden Donnerstag soll im Bahnhof Langendreer im möglichst großen Kreis darüber diskutiert werden, wie mit all diesen Herausforderungen umgegangen werden soll.
Dass die rot-grüne Ratsmehrheit heute nicht mehr zurückweichen würde, war nicht anders zu erwarten. Daran ändert auch Wolfgang Cordes Lippenbekenntnis zur direkten Demokratie nichts. Dass er in seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender die Parteilinie vertritt, „eigentlich“ für BürgerInnenbegehren zu sein, hilft wenig, wenn diese Linie dann „uneigentlich“ doch auf dem Altar vermeintlicher Sachzwänge geopfert wird. Das ist unverzeihlich, denn es gibt einfach Essentials, die mehr als 20 Mio. Euro oder eine Koalition wert sind! mehr…
In einer ersten Stellungnahme zur Ratsentscheidung gegen das BürgerInnenbegehren erklärte der Geschäftsführer des Mietervereins, Michael Wenzel: „Dass die rot-grüne Ratsmehrheit heute nicht mehr zurückweichen würde, war nicht anders zu erwarten. Daran ändert auch Wolfgang Cordes‘ Lippenbekenntnis zur direkten Demokratie nichts. Dass er in seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender die Parteilinie vertritt, ‚eigentlich‘ für BürgerInnenbegehren zu sein, hilft wenig, wenn diese Linie dann ‚uneigentlich‘ doch auf dem Altar vermeintlicher Sachzwänge geopfert wird. Das ist unverzeihlich, denn es gibt einfach Essentials, die mehr als 20 Mio. Euro oder eine Koalition wert sind! Dies gilt um so mehr, als den Ratsfraktionen durch die Stellungnahmen des Mietervereins, zahlreicher Juristen, des Städte- und Gemeindebundes NRW und vieler anderer Institutionen sowie der ständigen Rechtssprechung der Oberverwaltungsgerichte bekannt ist, dass die Einstellung der Erlöse aus dem Cross-Border-Leasing in den allgemeinen Verwaltungshaushalt nicht zulässig ist. mehr…
34 Ratsmitglieder von SPD, Grünen und CDU stimmten heute in geheimer Abstimmung dafür, das angelaufene BürgerInnenbegehren gegen den Cross-Border-Deal mit dem Kanalnetz zu unterlaufen. 24 Stadtverordnete von CDU, FDP, UWG und die Grüne Bürgermeisterin votierten gegen den Deal. Niemand – auch nicht die eigene Fraktion – nahm die Forderung der Grünen Partei ernst, wenigstens sicherzustellen, dass keine Fakten geschaffen werden, bevor der BürgerInnenentscheid über das Thema gelaufen ist. SPD-Fraktionschef Fleskes repräsentierte überzeugend die sozialdemokratische Arroganz der Macht, als er deutlich machte, dass ihn solche Formen von direkter Demokratie wenig beeindrucken. Der Fraktionssprecher der Grünen, Cordes, versuchte völlig konzeptionslos, die Zustimmung zur SPD-Position zu begründen. CDU, FDP und UWG erklärten ihre Unterstützung für das BürgerInnenbegehren damit, dass sie ganz grundsätzlich dieses Instrument der direkten Demokratie ernst nehmen. Viele ZuhörerInnen auf der gut gefüllten ZuhörerInnentribüne sahen hierin aber eher ein parteitaktisches Verhalten, als eine ernsthafte Überzeugung. Nach den Verlautbarungen der Fraktionen wollte der Oberbürgermeister gleich zur Abstimmung übergehen. Gabriele Riedl von den Grünen musste sich förmlich ihr Rederecht erkämpfen, um ihre von ihrer Fraktion abweichende Position zu begründen. Ihre Bemerkung: „Ein Gerichtsstandort für einen so wichtigen Vertrag in einem Land, das offen ankündigt, dass es bereit ist, das Völkerrecht mit Füßen zu treten, ist in der derzeitigen Situation für mich völlig unakzeptabel“, motivierte die CDU, sich von dieser „ideologisch geprägten Rede“ zu distanzieren.
Die Abstimmung war dann nur noch Formsache. In der Fraktionssitzung der CDU hatten bereits 4 Mitglieder angekündigt, dass sie für den Cross-Border-Deal stimmen werden. Wie immer in den letzten Jahrzehnten, sicherte auch dieses Mal die CDU ab, dass die SPD keine Abstimmungsniederlage einstecken muss.
SPD und Grüne haben Stellungnahmen zu ihrem Verhalten auf ihre Web-Seiten gesetzt.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Vertreterinnen und Vertreter der Medien in Stadt und Land,
und vor allem: liebe Bürgerinnen und Bürger Bochums!
Uns ist bekannt, dass bei fast allen von Ihnen hier im Rat und auch bei vielen, mit denen wir in den letzten Wochen ins Gespräch gekommen sind, unsere Gegenfinanzierungsvorschläge nicht gerade lobend aufgenommen worden sind. Leider ist dabei von Manchen, die sich dazu geäußert haben, der Eindruck erweckt worden, als bliebe dem Rat gar nichts anderes übrig, als die Gewerbesteuer zu erhöhen und Bo-chums Wirtschaft zu ruinieren, wenn er dem Bürgerbegehren Folge leisten würde.
Sie wissen alle, dass dies nicht stimmt. Gegenfinanzierungsvorschläge in Bürgerbegehren sind unverbindlich und verpflichten den Rat in keiner Weise. Wir wollen Ihnen auch nicht verhehlen, dass die von uns gemachten Vorschläge vor allem aus formalen Gründen so und nicht anders gemacht worden sind. Wie viele Bürgerbegehren sind schon an unzulässigen oder nicht ausreichenden Gegenfinanzierungsvorschlägen gescheitert? mehr…
Die CDU wird am Sonntag evtl. darüber entscheiden, ob die Kämmerin am Montag nach New York fliegt und den Cross-Border-Deal unterzeichnet. FDP und UWG im Rat haben sich festgelegt, dass sie gegen die Unterzeichnung stimmen. Die SPD will den Vertrag unterzeichnen. In ihren Reihen ist lediglich mit einer Enthaltung zu rechnen. Bei den Grünen war die Mehrheit der Fraktion bisher für die Unterzeichnung, die Grüne Partei hat sich heute in einer Erklärung dagegen ausgesprochen. Ein Ratsmitglied der Grünen hat sich von Anfang an öffentlich gegen den Deal ausgesprochen. Zusammen mit der Stimme des Oberbürgermeisters verfügt Rot-Grün nur über eine Zwei-Stimmen-Mehrheit. Von mehreren Ratsmitgliedern – auch aus den rot-grünen Reihen – ist bekannt, dass sie am Sonntag fehlen werden. In der Vergangenheit hat die CDU allerdings immer dafür gesorgt, dass die SPD in schwierigen Situationen keine Abstimmungsniederlage einstecken muss.
Die Bochumer Stadtverwaltung ist mit der Überprüfung der Unterschriften für das BürgerInnenbegehren gegen den Cross-Border-Deal fertig. Das Ergebnis: Die Anzahl der Wahlberechtigten betrug 298.026. Das Quorum (4%) zur Einleitung eines BürgerInnenbegehren befand sich demnach bei 11.921 Unterschriften. Es wurden 15.131 Unterschriften gezählt. Davon waren ungültig: 1.860. Gültig waren 13.271 Unterschriften.
Die Beschlussvorlage der Verwaltung für die Ratssitzung am Sonntag besteht aus zwei Sätzen: 1. Das Bürgerbegehren ist zulässig. 2. Der Rat stimmt ihm nicht zu.
Es hat lange gedauert, aber nun haben sich die Bochumer Grünen doch noch dazu durchgerungen, das BürgerInnenbegehren zu akzeptieren. In einer Presseerklärung heißt es: „Bündnis 90/Die Grünen haben auch in NRW lange Jahre für den Ausbau von Bürgerbeteiligungsrechten gestritten, wir haben nach der letzten Landtagswahl mit dazu beigetragen, dass die hohen Quoren bei Bürgerentscheiden in NRW gesenkt wurden. Von daher halten wir es für erforderlich, dass das erfolgreiche Bürgerbegehren als Ausdruck der Direkten Demokratie ernst genommen und dem ausdrücklichen Wunsch von fast 15.000 Bürgerinnen und Bürgern nach einem Bürgerentscheid Rechnung getragen wird. Wir fordern die Verwaltung wie auch die Fraktionen im Rat der Stadt Bochum auf, vor einer endgültigen Entscheidung zum Thema Cross Border Leasing die Überprüfung des Bürgerbegehrens und den folgenden Bürgerentscheid ergebnisoffen abzuwarten.“ Am Sonntag wird es also spannend, ob sich die Grüne Fraktion an das Votum ihrer Partei halten wird. Die Pressemitteilung im Wortlaut.
Pressemitteilung der Bochumer Grünen vom 7.3. 2003
Bündnis 90/Die Grünen haben auch in NRW lange Jahre für den Ausbau von Bürgerbeteiligungsrechten gestritten, wir haben nach der letzten Landtagswahl mit dazu beigetragen, dass die hohen Quoren bei Bürgerentscheiden in NRW gesenkt wurden. Von daher halten wir es für erforderlich, dass das erfolgreiche Bürgerbegehren als Ausdruck der Direkten Demokratie Ernst genommen und dem ausdrücklichen Wunsch von fast 15.000 BürgerInnen und Bürgern nach einem Bürgerentscheid Rechnung getragen wird. Wir fordern die Verwaltung wie auch die Fraktionen im Rat der Stadt Bochum auf, vor einer endgültigen Entscheidung zum Thema Cross Border Leasing die Überprüfung des Bürgerbegehrens und den folgenden Bürgerentscheid ergebnisoffen abzuwarten. Wir betonen hiermit aber auch ausdrücklich unsere Zustimmung zur inhaltlichen Argumentation der Grünen Ratsfraktion, die sich in den vergangenen Wochen und Monaten beispielhaft schriftlich wie auch persönlich der öffentlichen Auseinandersetzung zu dem schwierigen, emotional besetzten Thema gestellt hat. Auf der anderen Seite betrachten wir mit Sorge eine Entwicklung, wo organisierte gesellschaftliche Interessengruppen, Vereine, Verbände und vielleicht bald auch Großunternehmen durch Verknüpfung ihrer Mitglieder- oder Mitarbeiterkarteien mit den Instrumentarien der Direkten Demokratie bei Bedarf ihnen missliebige Entscheidungen (auch großer) parlamentarischer Mehrheiten im Stadtrat zu Fall bringen können. mehr…
Sehr geehrte Damen und Herren,
in den letzten Wochen haben über 15.000 Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bochum ihre Meinung zu dem von Ihnen geplanten und im November beschlossenen Leasing-Geschäft zum Ausdruck gebracht. Auch wenn die Gründe vielfältig waren, aus denen die BürgerInnen mit ihrer Unterschrift gegen den Ratsbeschluss protestierten, so sind das Interesse an der Politik des Rates und die Sorge um das Wohl der Stadt, die hierin zum Ausdruck kommen, aufrichtig und respektabel.
In der Sondersitzung des Rates am 09. 03. 03 werden Sie nun aufgefordert sein, über das weitere Vorgehen in dieser Sache zu entscheiden. Hierbei wird sich u. a. auch die Frage stellen, ob Sie in der jetzigen Situation die Verwaltung auffordern sollen, den geplanten Vertrag mit den amerikanischen Investoren zu unterschreiben.
Unabhängig von der Frage, ob der Abschluss des Vertrages zum jetzigen Zeitpunkt Rechtens wäre und ob diese Entscheidung vor einem Verwaltungsgericht Bestand hätte, würde dieses Vorgehen faktisch das Instrument des Bürgerbegehrens/des Bürgerentscheides außer Kraft setzen. Das Bürgerbegehren ist ein wertvolles demokratisches Instrument, das die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt in diesem aktuellen Fall genutzt haben, um ihren Mitbestimmungswillen auszudrücken. mehr…