Freitag 14.03.03, 14:00 Uhr

BürgerInnenentscheid wird notfalls gerichtlich erzwungen


„Die Bochumer Bürger haben das Recht auf einen Bürgerentscheid“, ist sich Ralf Bindel von attac Bochum sicher. „Nach der gestrigen Bürgerversammlung wissen wir das genau.“ Die Bürgerinitiative von attac und Mieterverein gegen das Kanalnetz-Leasing konnte gestern im Bahnhof Langendreer viele interessierte BürgerInnen begrüßen, die sich im Rahmen der GATS-Aktionstage informieren wollten, wie es mit Privatisierungsvorhaben in Bochum weiter geht. Nach Beratung mit ihren Rechtsanwälten beschloss die Bürgerversammlung einstimmig, Oberbürgermeister und Verwaltung zur Einleitung eines Bürgerentscheids aufzufordern. „Wir verfolgen den eingeschlagenen Weg geschlossen weiter“, sagte Jürgen Bargmann. In einem Brief an den Oberbürgermeister forderten die Vertretungsberechtigten, die notwendigen Vorbereitungen zur Durchführung eines Bürgerentscheids zu treffen. „Nach § 26 Abs. 6 S. 3 der Gemeindeordnung NRW ist der Rat verpflichtet, innerhalb von drei Monaten einen Bürgerentscheid durchzuführen, wenn er dem Bürgerbegehren nicht entspricht“, bestätigte Rechtsanwalt Günter Arndt von der Kanzlei Moyzio in Wattenscheid gestern den BürgerInnen. „Einen solchen Fall wie jetzt in Bochum hat es bisher noch nicht gegeben. Das ist einmalig in Deutschland.“ „Wenn wir jetzt nicht dem Bürgerwillen entsprechen, und einfach ohne Bürgerentscheid aufhören, weil die Verträge unterschrieben sind oder wir uns von Sprüchen beeindrucken lassen, riskieren wir, dass uns das bei jedem möglichen Bürgerbegehren passieren wird“, sagt Ralf Bindel, attac Bochum. „Wir müssen eindeutige Klärung erhalten, wie in Bochum in Zukunft mit dem Bürgerwillen umgegangen wird. Denn es wird sicher nicht das letzte Privatisierungsvorhaben gewesen sein. Wenn GATS erst da ist, wird die Privatisierung öffentlicher Leistungen an der Tagesordnung sein. Wir brauchen ein scharfes Instrument zur demokratischen Mitbestimmung.“ Die BürgerInnenversammlung zeigte sich überzeugt, dass der Bochumer Fall gegen CBL-Geschäfte bundesweit Bedeutung erlangen wird. „Noch befinden wir uns auf rechtssicherem Boden“, machte ein Bürger seinem Unmut Luft, „nicht wir haben uns diese Suppe eingebrockt, sondern die da oben.“ Für den Fall, dass der Bürgerentscheid nicht eingeleitet werden soll, will die Initiative über rechtliche Schritte entscheiden. Dies soll wieder unter Beteiligung interessierter BürgerInnen geschehen. Nach Fristsetzung an den OB bis zum 25. März trifft man sich am 27. März um 19 Uhr im Bahnhof Langendreer, um über die dann notwendigen Klageschritte zu entscheiden. Bindel: „Unser Fall wird in ganz Deutschland beobachtet. Wenn wir den Bürgerwillen nicht auf dem uns per Gesetz zustehenden Weg durchsetzen, dann hat Demokratie tatsächlich nur alle vier bis fünf Jahre eine Chance.“