Archiv für den Tag: 22. Januar 2008


Dienstag 22.01.08, 19:16 Uhr

Beeindruckende Solidarität mit den Nokia-Beschäftigten

Mit einer eindrucksvollen Demonstration hat heute die IG Metall unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage ist, Menschen gegen die geplante Schließung des Bochumer Nokia-Werkes zu mobilisieren. Mehr als 15.000 DemonstrantInnen versammelten sich heute in Riemke. Nicht gekommen war Bundesfinanzminister Steinbrück. Offensichtlich war ihm zu Ohren gekommen, dass er mit einem Pfeifkonzert rechnen musste. Dies hätte dann nicht die Fernsehbilder gegeben, die sich die SPD fünf Tage vor zwei wichtigen Landtagswahlen wünscht. Sein Ersatz, CDU-Staatssekretär Hartmut Schauerte aus dem Bundeswirtschaftsministerium, hielt eine äußerst nationalistische Rede. Es ging ihm deutlich nur um „deutsche“ Arbeitsplätze. Auch andere RednerInnen griffen „die Finnen“ an oder beklagten „Korruption in Rumänien“. Gleichzeitig stand das Wort Solidarität im Mittelpunkt aller Reden. Die finnischen Gewerkschaften solidarisieren sich z.B. mit dem Kampf der Beschäftigten bei Nokia in Bochum. Auf Tausenden Flugblättern und Transparenten von unterschiedlichen Gruppen wurde darauf hingewiesen, dass die Betriebsschließung zwar eine riesige Schweinerei sei, aber in unserem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem halt zur Normalität gehört. Solche gesellschaftskritischen Töne waren von der Bühne nicht zu hören. Hier war der Tenor, dass es um eine bösartige Entscheidung eines einzelnen Unternehmens geht. Es gab auch nicht den geringsten Hinweis, wie der Arbeitskampf nun aussehen wird oder wie sich Solidarität in den nächsten Tagen und Wochen weiter zeigen soll. Viele Menschen haben aber bewiesen, dass sie bereit sind, sich solidarisch für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Nokia einzusetzen. Ob dieser Schwung tatsächlich genutzt werden kann, um die Verantwortlichen zu beeindrucken, bleibt abzuwarten. Bilder von der Soli-Demo.


Dienstag 22.01.08, 10:00 Uhr

Attac campus zu Nokia: Krokodilstränen helfen nicht – Jeder andere Konzern würde ähnlich handeln

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Ein bo-alternativ-Leser hat uns das erneuerte NOKIA-Logo geschickt und attac campus hat seine Solidaritätserklärung, die an dieser Stelle bereits veröffentlicht wurde, mit einem Kapitel ergänzt und verteilt dies als Flugblatt, auf der heutigen Großdemonstration. Der neue Absatz: „Krodilstränen helfen nicht! Kapital muss unter Kontrolle! Wenn die Politiker wie Jürgen Rüttgers jetzt lamentieren, dass das Verhalten von Nokia das Vertrauen in die Marktwirtschaft untergrabe, übersehen sie bequemerweise, dass dieses Verhalten für ein Unternehmen in der freien Marktwirtschaft keineswegs untypisch ist. Jeder andere Konzern würde ähnlich handeln: Produziert wird immer, wo es am profitabelsten ist, Rücksicht auf die Belegschaft würde Geld kosten und ist demnach nicht im Sinne des „Shareholder Value“. Auch z.B. Siemens handelt nicht anders, nur geschickter getarnt: Das im April 2007 gegründete Unternehmen „Nokia Siemens Networks“ verkündete im Mai die Streichung von 2900 Stellen in Deutschland. Als BenQ die von Siemens übernommene Mobilfunk-Produktion in Deutschland Ende 2006 einstellte, übernahmen sie wahrscheinlich nur die Rolle des „Bösen Buben“. Gegen Siemens wird seit Anfang 2007 wegen Schmiergeldzahlungen ins Ausland durch die Staatsanwaltschaft ermittelt. IG-Metall-Chef Jürgen Peters bezichtigte bereits 2006 Siemens, 110 Millionen Euro als „Abwrackprämie“ an BenQ gezahlt zu haben. Siemens hat gemeinsam mit der IG Metall den Sozialplan für die BenQ-Belegschaft unterzeichnet – und steht somit in der Verantwortung, ebenso wie Nokia in Bochum.“