Die Bochumer Seebrücke hat am Samstag mit einer Wandermahnwache erneut daran erinnert, dass angesichts der leer stehenden Flüchtlingsunterkünfte genügend Platz für viele Menschen in Bochum ist, die unter unwürdigsten Bedingungen an den Grenzen Europas leben. Amnesty International berichtete, wie systematisch Schiffsbesatzungen kriminalisiert werden, die Geflüchtete im Mittelmeer vor dem Ertrinken retten. Amnesty international forderte, die Kriminalisierung von Seenotrettung zu beenden und stattdessen diejenigen vor Gericht zu bringen, die für die Verhinderung der Rettung von Menschenleben verantwortlich sind. Zum ausführlichen Redebeitrag.
Die Seebrücke schilderte zu Beginn der Mahnwachen, wie die EU seit Jahren eine Migrationspolitik betreibt, die Europa zu einer Festung ausgebaut hat.
Hinter den Floskeln “Schutz der Außengrenzen” oder “Migrationsmanagement” verbergen sich empörende systematische Menschenrechtsverletzungen. Die EU-Außengrenzen sind menschenunwürdig. Sie befinden sich nicht nur auf dem europäischen Kontinent, sondern wurden mit immensen Summen aus europäischen Steuermitteln de facto bereits außerhalb Europas errichtet, wie etwa im Subsahara-Afrika. Die Grenzen bilden eine tödliche Gefahrenzone für Menschen, die vor Krieg, Gewalt, Folter, Hunger, politischer Verfolgung oder verzweifelter Perspektivlosigkeit fliehen mussten oder noch immer auf der Flucht sind. Zum ausführlichen Redebeitrag.
Im Mittelpunkt der Mahnwachen standen Berichte über die Situation an der EU Außengrenze. Besonders dramatische Zustände herrschen zur Zeit in Bosnien. Hier endet für Tausende Geflüchtete das Weiterkommen auf der sogenannten Balkanroute. Die EU zahlt Millionenbeträge an die bosnische Regierung, damit sie die Menschen an der Weiterreise in die EU hindert. Dieses Geld kommt aber nicht den Geflüchteten zu Gute. Sie vegetieren unter unmenschlichen Bedingungen in Camps, die nicht winterfest sind und z. B. keine ausreichenden sanitären Anlagen haben. Zum ausführlichen Redebeitrag.
Nur durch private bosnische Initiativen kann verhindert werden, dass die hier Gestrandeten nicht erfrieren oder verhungern. Zwei Beispiele machten das deutlich. Hier ist eine kurzfristige solidarische Unterstützung dringend erforderlich. Zum ausführlichen Redebeitrag.
Bei der zweiten Mahnwache wurde an den “Hotspot” Moria auf Lesbos erinnert. Das völlig überfüllte Flüchtlingscamp ist im September abgebrannt. Die Hoffnung, dass es nun eine menschenwürdige Unterbringung der Geflüchteten geben wird, wurde enttäuscht. Sie leben nun auf einem ehemaligen, mit Bleimunition verseuchten Militärgelände, unter noch schlimmeren Bedingungen. Ein Lagerbewohner appelliert angesichts des Schicksals der dort lebenden 2500 Kinder: “Bitte holt wenigstens die Kinder von hier weg, spielt nicht mit ihrem Leben! Nehmt wahr, dass viele Geflüchtete gebildet, talentiert und motiviert sind. Sie können viele Dinge tun, haltet sie nicht in dieser Hölle fest. Sondern gebt ihnen die Freiheit, damit sie gute, sinnvolle Dinge tun können!” Zum ausführlichen Redebeitrag.
Auf der nächsten Station der Wandermahnwache machte die Seebrücke auf das Ziel einer sehr häufig tödlichen Fluchtroute in die Festung Europa aufmerksam: die 1.000 km südlich vom spanischen Festland liegenden Kanaren. Im letzten Jahr haben hier mehr als 23.000 Migrant*innen die Flucht über den Atlantik in die EU geschafft: zehnmal mehr als 2019. Beobachter*innen befürchten, dass auf den Kanaren bald ein zweites „Moria“ entstehen könnte. Wie in Griechenland spekuliert die Zentralregierung offensichtlich darauf, dass die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Migrant*innen leben müssen, einen abschreckenden Effekt haben. Zum ausführlichen Redebeitrag.
Die mehr als 50 Teilnehmer*innen ließen sich von dem ungemütlichen Aprilwetter am Samstag nicht abhalten und begleiteten die Mahnwache auf dem gesamten Weg.
Das Durchhalten wurde durch die sehr informativen Redebeiträge der Seebrücke belohnt.
Die Manuskripte im Überblick:
- Gegen die Festung Europa
- Grenzen töten – Die Situation auf der Balkanroute
- Unterstützung für Menschen auf der Balkanroute
- Moria und die Lager in Griechenland – Schandfleck für die Europäische Union
- Zur Situation der Migrant*innen auf den Kanarischen Inseln
- Kriminalisierung von Seenotrettung beenden, Verhinderung von Rettung kriminalisieren!
Zum Abschluss der Wandermahnwache war ein Redebeitrag von Dariush vom Rettungsschiff Iuventa als Audio-Datei zu hören. Er ist in Italien wegen seines Engagements auf dem Rettungsschiff angeklagt.