Am 1. September 1939 hat die Wehrmacht des faschistisch regierten Deutschlands Polen überfallen und damit den zweiten Weltkrieg angefangen. Der erste September ist für Gewerkschaften und Friedensbewegung ein Gedenktag, an dem daran erinnert wird, dass die arbeitenden Menschen schon Opfer eines Krieges sind, bevor sie auf das Schlachtfeld geführt werden. Das Bochumer Friedensplenum hat gestern eine Demonstration organisiert, die an diesen Tag erinnert.
Die Redebeiträge
Ralf Feldmann, Friedensplenum
Wolfgang Dominik, VVN – BdA
Michael Post, Naturfreunde
Emilia Streciwilk, Bündnis Festung Europa Bekämpfen
Törk Hansen, attac Bochum
Felix Oekentorp, DFG-VK
Ja, Krieg ist entsetzlich. Es zerstört die Körper und die Psyche von Menschen über Jahrzehnte hinweg. Daher erwarte ich von Menschen, die in dem militärischen Widerstand gegen den russischen Angriff keine Option sehen, mehr als an „unsere Bundesregierung“ gerichtete Plattitüden wie „Statt endlosem Sterben: Verhandeln für Kompromisse, jetzt!“.
Welchen Wert hat ein Satz wie „Wie schon vor hundert Jahren gilt heute mehr denn je: „Es liegt in u n s e r e n Händen, unserer Kraft, das Ungeheuerlichste zu verhüten, zu verhindern.“ Also los: Wie könnte denn „u n s e r e“ Strategie aussehen, z. B. die russische Regierung zu Verhandlungen zu bewegen? Was wäre die Verhandlungsmasse? Was könnte ein Kompromiss sein? Was würde passieren, wenn der Westen keine Waffen mehr an die Ukraine liefert? Welche Modelle diskutiert ihr? Und mit wem? Rein „Biodeutsch“ oder auch mit ukrainischen und russischen Menschen hier in Deutschland?
Ohne konkrete Vorschläge oder zumindest Diskussionslinien transparent zu machen, bleiben Vorschläge nach Verhandlungen nur Sprüche von gestern.
Noch eine konkrete Frage:
Wie unterstützen die Bochumer Akteur*innen des Antikriegstages die Kriegsdienstverweigerer aus Russland und der Ukraine, die sich bei uns in Bochum aufhalten, konkret? Wobei eigentlich nur die juristische und materielle Unterstützung für die russischen Kriegsdienstverweigerer notwendig ist. Einer der Bochumer Jungs, mit denen ich zu tun hatte, sitzt jetzt auf nicht absehbare Zeit in einem Flüchtlingscamp in Mönchengladbach. Dies hätte man vermeiden können, wenn man ihn an Personen, die tatsächlich konkrete Beratung für russische Kriegsdienstverweigerer anbieten, hätte verweisen können. Er hätte hier weiter studieren können.
PS.:
Da in einem Redebeitrag viel über die Traumatisierung von ukrainischen Soldat*innen gesprochen wurde: Es gibt in Bochum mindestens vier Orte mit herkunftssprachlichen, therapeutischen Angeboten für russisch und ukrainisch sprechende Menschen, die aus den Kriegsgebieten nach Deutschland gekommen sind. Sie würden sich über finanzielle Unterstützung sehr freuen.
Eine Sammlung von Vorschlägen zur Beendigung des Krieges ist z. B. bei IPPNW zu finden:
https://www.ippnw.de/frieden/konflikte-kriege/ukraine.html
Ich setze mich z. B. vor allem für Menschen ein, die abgeschoben werden sollen und habe da viel Erfahrung, aber verständlicher Weise wenig mit Menschen zu tun, die aus der Ukraine geflohen sind. Das hat aber nichts mit meinem Engagement im Friedensplenum zu tun. Von anderen Mitgliedern des Friedensplenums weiß ich, dass sie sich in anderen Zusammenhängen für geflüchtete Menschen aus der Ukraine engagieren.
Von der DFG-VK weiß ich, dass sie Kriegsdienstverweigerer auch materiell und rechtlich unterstützt.
Ich schätze Deinen Appell zu mehr Engagement. Die Friedensbewegung in Deutschland ist die falsche Adressatin. Sie war noch nie so schwach wie zur Zeit. Die Grünen sind u.a. aus der Friedensbewegung entstanden und nun sind sie die Hofreiter des Militarismus.
Es wäre traumhaft, wenn von dem 100 Milliarden Rüstungsprogramm eine Milliarde zur Unterstützung von russischen und ukrainische Kriegsdienstverweigerern abgezweigt würde. Für den Frieden wäre das sicherlich effektiver als Streubomben.