Samstag 26.11.22, 13:55 Uhr
Redebeitrag der Migrantifa auf der Kundgebung am 26.11.22 "Gegen den Krieg in Kurdistan" in Bochum

Die Türkei bombardiert meine Heimat in Schutt und Asche 2


Ich heiße Can. Ich bin in Rojava in einer kleinen Stadt, direkt an der türkischen Grenze, geboren und aufgewachsen.
Geprägt haben mich vor allem einige Ereignisse aus meiner Kindheit. Türkische Soldaten haben oft wahllos und teilweise zur eigenen Belustigung über die Grenze geschossen.
Kaum eine Nacht verging, in der kein Gewehrfeuer zu hören war. Nachts war es lebensgefährlich, sich in der Nähe der Grenze aufzuhalten.
Die Bevölkerung, vor allem meine Generation, hat sehr darunter gelitten.

Wie ist die Situation heute?
Leider ist die Situation heute in vielerlei Hinsicht noch um einiges dramatischer.
Die türkische Regierung hat ihre Aggression mittlerweile auch innerhalb von Syrien und Rojava getragen.
Mehrere kurdische Gebiete wie Efrin, Serekaniye und Gire Sipi sind unter türkischer Besatzung.
Zudem hat die Türkei jihadistische Söldner auf ihrer Seite, die in diesen Gebieten mit Entführungen, Folter und systematischer Vergewaltigung die übrig gebliebene kurdische Bevölkerung terrorisieren.
Seit einer Woche wird die autonome Verwaltung von Nord und Ost Syrien (Rojava) und die autonome Region Kurdistan im Irak von der Türkei bombardiert.
Die Türkei geht bei diesen Angriffen besonders perfide vor. Nach einer ersten Angriffswelle, folgt nach einem gewissen Abstand ein zweiter Angriff auf dasselbe Ziel, sodass auch die „first responders“ getötet werden: Sanitäter*innen, Feuerwehrleute und freiwillige Helfer*innen.

So auch bei einem Angriff in der Nähe der Stadt Dêrik, im äußersten Nordosten Syriens. Durch einen Drohnenangriff wurden zwei Zivilisten*innen getötet. Nachbar*innen und andere Helfer*innen eilten zur Hilfe.
Dem »nd« liegt ein Video vor, wie die Zivilist*innen nach Erster Hilfe ein Statement am Anschlagsort in eine Kamera sprechen. Kurze Zeit später fliegt das türkische Militär einen zweiten Luftangriff: Neun Personen sterben, darunter auch ein Journalist. Weitere sind teilweise schwer verletzt.

Ziel der Türkei ist es, die Grenzgebiete zu säubern und die kurdischen Gebiete den Türkei-treuen islamistischen Söldnern zu überlassen.
Es macht mich traurig, zusehen zu müssen, wie die Türkei meine Heimat in Schutt und Asche bombardiert.
Gleichzeitig bin ich sehr wütend, dass die internationale Gemeinschaft bei diesen eklatanten Verbrechen schweigt. Die Türkei zerstört systematisch zivile Infrastruktur in Rojava, um der verbleibenden kurdische Bevölkerung keine andere Wahl zu lassen, als zu fliehen.

Unschuldige Menschen sterben durch einen EU-Partner. Die Menschenrechte werden mit Füßen getreten. Wir dürfen nicht wegschauen und müssen den Menschen in Not eine Stimme geben. Dafür, dass die nächste Generation keinen Krieg mehr miterleben muss.

Jin Jian Azadi


2 Gedanken zu “Die Türkei bombardiert meine Heimat in Schutt und Asche

  • Yavuz Agirman

    Warum wird seit 100 Jahren so eine dreckige , heuchlerische und von Doppelmoral überzogene Politik gegen die Kurden getrieben ???? Was haben die die Kurden auf dieser Welt verbrochen ? Wie oft will uns die Menschheit noch im Stich lassen ? Jeder Mensch auf dieser Welt hat seine Wurzeln , seine selbe Selbstbestimmung, seine Kultur und Sprache , was heben wir Kurden auf dieser Welt verbrochen ? Ist der Ukraine Krieg nicht das selbe was die Türkei macht ? Wieso diese heuchlerische Doppelmoral? Langsam verachte ich den Westen ,sind Menschenrechte und das Völkerrecht verhandelbar ? Nicht weil ich Kurde bin , jeder Mensch der ein Gerechtigkeitsgefühl auf dieser Welt hat muss auf der Seite der Kurden sein , Iran greift die Kurden an , Türkei greift die Kurden an …wieso wird überall mein Volk abgeschlachtet? Wo bleibt die Solidarität? Wo ? Wo ? Wo ? Es ist unfassbar…ich weiß nicht was ich noch schreiben soll , ich bin ohnmächtig über dieses schweigen …wir Kurden werden uns jetzt auch Gedanken machen über die 80.000 is Terroristen die auch aus Europa kommen , wir haben keine Lust mehr für euch Europäer die Drecksarbeit machen zu müssen …Schweden ändert für einen Diktator der das Völkerrecht mit Füssen tretet seine Verfassung , das ist doch echt lächerlich langsam …unfassbar, mir fehlen die Worte , wie sollen wir Kurden euch Europäer nicht verachten ???

    • Theros

      Verstehe deine Verzweiflung absolut.. Es ist traurig was hier passiert und wie wir uns erpressbar machen von diesem Diktator. Ich denke es wird in der Zukunft besser werden aber bis dahin..

Kommentare sind geschlossen.