Dienstag 07.12.21, 09:48 Uhr
Rausgeworfener Hammerskin soll Entschädigung bekommen

„Das Grundgesetz ist beim Arbeitsgericht Bochum nicht in guten Händen“ 1


Im Juli dieses Jahres berichtete RechercheBo über Hammerskins in und bei der Stadt Bochum. Zwei Hammerskins, die bei der Stadt beschäftigt waren, wurde fristlos entlassen und klagten dagegen vor dem Arbeitsgericht. Die Kündigung wurde vom Gericht akzeptiert, die Stadt soll allerdings eine Abfindung zahlen. Die Bochumer WAZ schreibt: »Das Gericht sah die Kündigung zwar als „nicht sozial gerechtfertigt“ an, da die Mitgliedschaft des Klägers bei den sog. Hammerskins „keine betrieblichen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis“ gehabt habe. Trotzdem löste das Gericht das Arbeitsverhältnis auf, weil „eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zu erwarten war“. Allerdings verurteilte die Kammer die Stadt zur Zahlung einer Abfindung.« Dieses Skandalurteil kommentiert der ehemalige Bochumer Amtsrichter Dr. Ralf Feldmann:

»Hammerskins sind rassistische, rechtsextremistische Verfassungsfeinde der übelsten Sorte. Dieser Befund ist durch sorgfältige journalistische Recherche gut dokumentiert, lokal durch verdienstvolle Beiträge Bochumer Antifas. Die Stadt Bochum hat zwei bei ihr angestellten Hammerskins aus personenbezogenen Gründen gekündigt. Das sei, so das Arbeitsgericht zu einer der Kündigungen, sozial nicht gerechtfertigt, da die Hammerskinmitgliedschaft keine betrieblichen Auswirkungen gehabt habe. Es löst das Arbeitsverhältnis zwar auf, aber nur gegen Zahlung einer – vermutlich hohen fünfstelligen – Abfindung. Warum nannte der Sprecher der Stadt den Betrag nicht?

Was mutet das Gericht der Stadt zu? Das Grundgesetz ist oberste Richtschnur staatlichen Handelns. Dennoch soll die Stadt verpflichtet gewesen sein, das Arbeitsverhältnis mit einem erwiesenen rechtsextremen Verfassungsfeind fortzusetzen. Hätte der Oberbürgermeister denn nach Aufdeckung der Freizeitaktivitäten der beiden erklären sollen: „Hammerskins sind in Bochum unkündbar!“? Ist es den Beschäftigten der Stadt zumutbar, Tür an Tür und Seite an Seite mit rechten rassistischen Hetzern zusammenzuarbeiten?  Und allen Ernstes: hätte die Stadt ihren Hammerskins mit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses großzügig die soziale Grundlage für  außerdienstliche Menschenfeindlichkeit erhalten müssen?  Soll sie ihnen nun als Belohnung eine hohe Abfindung hinterher werfen?

Das Grundgesetz ist beim Arbeitsgericht Bochum nicht in guten Händen.«


Ein Gedanke zu “„Das Grundgesetz ist beim Arbeitsgericht Bochum nicht in guten Händen“

  • Gerd

    Die am meisten belastete und wenigsten ent-nazifizierte Berufsgruppe waren die JuristInnen. Und der Rest hat im Nachkriegsdeutschland Karriere im Kapitalismus gemacht.
    Was soll denn diese naive Verwunderung?

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