Samstag 19.12.20, 21:36 Uhr
Die Grünen stellen gute Fragen an die Verwaltung

Warum handeln die Grünen nicht einfach? 1


Ausschnitt aus dem Abholzplan für 30 Bäume an der Paulstraße

„Es kann nicht sein, dass die Verwaltung es bei einem Projekt dieser Größenordnung nicht für notwendig hält, die politischen Gremien einzubinden. In einem Bebauungsplan hätten wir festlegen können, wo welche Bäume erhalten bleiben sollen, ob Schottergärten erlaubt oder Gründächer verpflichtend sind.“ „Normalerweise schreiben wir vor, dass ein Investor auf einer Fläche die Quote von mindestens 20% öffentlich gefördertem Wohnungsbau einhält. Da auch in Bochum der bezahlbare Wohnraum zunehmend knapp wird, ist es besonders ärgerlich, dass auch dieser Beschluss hier nun nicht greift“. Dies sind nicht Zitate aus einer Presseerklärung einer der Oppositionsfraktionen im Bochumer Rat. Dies steht in einer Pressemitteilung der Grünen Ratsfraktion, die seit mehr als 20 Jahren in einer Koalition mit der SPD die Stadt regiert und eigentlich das Handeln der Verwaltung bestimmen oder zumindest kontrollieren sollte. Im Verwaltungsvorstand der Stadt besetzen die Grünen zwei Positionen und haben Zugang zu allen Verwaltungsvorgängen.


Spätestens seit November konnten alle Ratsmitglieder wissen, um was es geht. An der Paulstraße (400 m von der Vonovia-Zentrale entfernt) soll ein großes Projekt mit fast 100 Wohnungen gebaut werden. Dafür sollen 30 Bäume gefällt werden. Über die geplante Abholzung hat die Verwaltung in einer Mitteilung an die Bezirksvertretung und den Umweltausschuss ausführlich informiert. Die beigefügten Karten machten deutlich, dass hier ein großes Wohnprojekt geplant ist.

Statt zu intervenieren, stellten die Grünen dann zur Ratssitzung eine Anfrage an die Verwaltung. Frage Nummer drei lautet: „Muss auch künftig davon ausgegangen werden, dass bei Wohnbauprojekten mit fast einhundert Wohneinheiten Genehmigungen nach §34 BauGB erteilt und so die Quote für geförderten Wohnungsbau und die Umsetzung unserer ökologischen Standards umgangen werden?“
Eine sehr gute Frage für eine Oppositionspartei. Von einer Regierungspartei sollten Bürger*innen erwarten können, dass sie zur Ratssitzung nicht Fragen stellt, sondern versucht, mit Ratsbeschlüssen die Verwaltung zu verpflichten, die genannten Standards durchzusetzen. Der Verdacht kommt auf, dass die Grüne Fraktion Proteste ihrer potentiellen Wähler*innen befürchtet. Und da können die Grünen jetzt erzählen: Wir haben das Projekt ganz entschieden hinterfragt.

Als PDF:
Flurkarte
Luftkarte
Stadtgrundkarte


Ein Gedanke zu “Warum handeln die Grünen nicht einfach?

  • Livingston

    Egal, wo sie Sitz und Verantwortung haben, sei es in der Bezirksvertretung, im Stadtrat, im Land- oder Bundestag: Immer haben sie ein großes Einmachglas während der Sitzungen vor sich stehen. Je nach Schwere einer Entscheidung (Durchprügeln von Autobahnbauprogrammen, Beschluss über Kriege oder eben Klappehalten gegenüber der Stadtverwaltung) nehmen sie ein bis drei Kröten aus dem Glas und schlucken die armen Tierchen unverdaut runter.
    Warum dieses Einmachglas, mag man sich fragen. Die Antwort liegt auf der Hand: Weil mit Tetrapacks das Klimaziel nicht erreichbar ist.

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