Sonntag 24.05.20, 17:55 Uhr
Kundgebung der "Corona-Leugner*innen"

AfD & NPD blieben fern 2


Zu der gestrigen Kundgebung auf dem Husemannplatz von Gegner*innen der Corona-Maßnahmen kam ein Dutzend Leute. Mehr als 50 Leute beobachteten das Geschehen. Ca. 10 der Zuschauer*innen unterstützten den Auftritt mit Beifall. Die meisten Beobachter*innen verfolgten die Kundgebung mit Kopfschütteln, Entsetzen oder mit Erheiterung: „Loriot hätte das nicht komischer hingekriegt.“ Die Befürchtung, dass NPD und AFD versuchen würden, die „besorgten Bürger*innen“ zu werben, bestätigte sich nicht. Es wurde niemand Bekanntes von den beiden Parteien entdeckt. Nur ein „Reichsbürger“ aus einer Nachbarstadt war angereist.

Es gab keine vorbereiteten Reden. Die Organisator*innen baten eindringlich um Wortbeiträge. Die wurden dann zögerlich geliefert, u. a. ging es um die Grundrechtseinschränkungen des Infektionsschutzgesetzes, die „Verschwörung von Bill Gates“, die Freiheit, am Wochenende Motorrad fahren zu dürfen oder die drohende Abschaffung des Bargeldes. Die Organisator*innen machten den Eindruck, so wirr zu sein, dass selbst NPD und AFD ein Interesse an ihnen verloren haben. Für den morgigen Montag hat die Gruppe um 19 Uhr einen Spaziergang durch die Stadt angekündigt. Treffpunkt ist vor dem Rathaus.


2 Gedanken zu “AfD & NPD blieben fern

  • Corona-Debatte

    Das Gerede von „Corona-Leugner*innen“, Esoteriker*innen, Schwurbel … ist völlig frei von gesellschaftlicher Analyse. Im Vakuum, das die Unterordnung der Linken unter den Pandemie-Ausnahmezustand generiert hat, entsteht eine politische Bewegung, die teilweise diffus, teilweise offen rechts auftritt.
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    Dabei gäbe es für Linke genug zu diskutieren:
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    Wie konnte es dazu kommen, dass wir unsere geliebten Sterbenden dem einsamen Tod und ihre Freund*innen der einsamen Trauer überlassen? Wie konnte es dazu kommen, dass wir unsere Freundschafts- und Liebesbeziehungen einem nicht definierbaren Infektionsrisiko opferten und uns so mit uns selbst zurückließen? (Giorgio Agamben).
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    Selbst nachdem sich nun wieder Menschenmassen durch die Einkaufszentren schieben und in Fabriken die Produktion anläuft bleiben die Kontaktverbote im privaten Bereich bestehen.
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    Folge des Lockdown wird auch sein eine Restrukturierung des Kapitalismus: Einige Grosse werden kaputtgehen oder lassen sich von anderen schlucken. In Deutschland werden zwei Millionen Menschen ihre Existenz verlieren. Sei es dass sie lohnarbeitserwerbslos werden oder ihr selbständiges Geschäft aufgeben müssen und sich bei Ketten, Franchise oder Plattformen verdingen müssen. Weltweit werden Millionen verhungern. Gefährdet sind auch die Zentren des Kapitalismus – und sie werden mit Zähnen und Klauen versuchen das zu verhindern zu Lasten der Menschen.
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    Anderswo wird diskutiert. So in Münster:
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    Coronakapitalismus – Oder: Was ist die Aufgabe der Linken in der Pandemie? Teil 1
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    https://blog.interventionistische-linke.org/corona/coronakapitalismus
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    Coronakapitalismus – Oder: Was ist die Aufgabe der Linken in der Pandemie? Teil 2
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    https://blog.interventionistische-linke.org/corona/https-blog-interventionistische-linke-org-corona-coronakapitalismus2
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    Eine spontane Zusammenstellung weiterer Beiträge ist hier zu finden: „Wie mit Corona und den Protesten umgehen?“
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    https://www.magentacloud.de/lnk/JSpEDkaA
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    Den Menschen aus der Nachbarstadt als „Reichsbürger“ zu titulieren ist eine Überhöhung. Hier die Webseite von Bernd Schreiber: https://beamtendumm.home.blog/. Dort verlinkt er auch die „Steelerjungs“
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    Seine bisherige Seite https://beamtendumm.wordpress.com/ wurde im August 2019 gesperrt wegen beleidigender Äusserungen.

  • Der Coronator

    Ich habe mir am letzten Samstag den Spaß gegönnt, mit einigen Menschen aus dem Umfeld der „Erhalt der Freiheit“ Demonstrant*innen zu diskutieren.

    Ich habe mit Menschen geredet, denen göttliche Stimmen „die Wahrheit“ eingeflüstert haben, musste erklären, warum ich nicht aufgrund der Leistungen meiner Großväter und Väter stolz auf Deutschland bin und habe erfahren, dass es in Israel Forschung mit, ich glaube es waren Avocadobestandteile, gibt, die Krebszellen so tarnen, dass diese sie vom Immunsystem bekämpft werden können, aber diese Forschung von der Pharmaindustrie nicht gewollt ist etc.

    Das hat durchaus Spaß gemacht und vielleicht gönn ich mir das auch noch einmal.

    Aber genau darin liegt auch die Gefahr sich an Menschen abzuarbeiten, denen man eher andere Hilfsangebote machen möchte (Achtung: Psychatrisierungsgefahr!)
    Wie schön, wenn dann da „richtige“ Faschos auflaufen, dann stimmt das Feindbild auch wieder ;-)

    Ich stimme der Leserbriefschreiber*in „Corona-Debatte“ zu. Wir müssten viel mehr über die Bedeutung der Umgehensweise mit der Pandemie für eine kapitalistische Restrukturierung und die fatale Akzeptanz für einen überwachenden, „schützenden“ Staat diskutieren. Und natürlich über die eigene, linke Unfähigkeit sowohl coronamaßnahmenkritische Positionen zu formulieren wie auch alternative Solidarstrukturen aufzubauen. Lebensmittel für Obdachlose an Zäune zu hängen reicht da bei weitem nicht aus.

    Natürlich wird dies gerade auch in Bochum diskutiert, aber eben eher in privatem Rahmen und somit auf die jeweils eigene „Blase“ beschränkt. Eine IL-Ruhr-Struktur ist ja an internen Geschichten gescheitert. Von daher Dank an „Corona-Debatte“ für die Links. Hier: https://www.editioncritic.de/ ist gerade ein Buch „Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik“ erschienen, das ich aber selber noch nicht gelesen habe und somit nur unter Vorbehalt empfehlen kann.

    Sobald es wieder möglich ist, sollten wir gemeinsam rekapitulieren, was gerade geschieht bzw. geschehen ist. Räume mit Distanzmöglichkeiten gibt es ja. Z.B. Botopia oder den Alsengarten. Ich bin da tatsächlich etwas zurückhaltend, weil ich beruflich viel mit Hochrisikogruppen zu tun habe.

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