Wenn die Oberen vom Frieden reden …

Wenn die Oberen vom Frieden reden …


Dienstag 06.11.07, 20:15 Uhr
Wenn die Oberen vom Frieden reden...

Sonderplenum des Bochumer Friedensplenums

Zu einem Sonderplenum für den heutigen Mittwoch, den 7.11.07, lädt das Bochumer Friedensplenum für 19.30 Uhr in den Bahnhof Langendreer ein: »Wir möchten abschließend beraten, wie wir Norbert Lammert und Jürgen Flimm in den Kammerspielen am 11.11. auf ihrem Kriegsabend begleiten. Kommt zahlreich!«


Samstag 27.10.07, 16:00 Uhr

Wenn die Oberen vom Frieden reden…

Weiß das gemeine Volk
Daß es Krieg gibt. (Brecht)

Das Bochumer Friedensplenum trifft sich am Dienstag, dem 30.10. um 19.30 Uhr im Bahnhof Langendreer zu einem Sonderplenum, um abschließend die Aktivitäten für den 11.11. im Schauspielhaus zu planen, wenn Norbert Lammert und Jürgen Flimm zum Thema Krieg und Frieden heucheln wollen.


Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Samstag 27.10.07, 08:00 Uhr

WAZ-Artikel vom 27.10.2007

Steckel legt nach

Bochum. Der frühere Bochumer Schauspielhaus-Intendant Frank-Patrick Steckel hat seinen Nachfolger Elmar Goerden erneut bedrängt, den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) und den Triennale-Intendanten Jürgen Flimm nicht auf die Bühne zu lassen. In einem zweiten offenen Brief forderte Steckel am Freitag Goerden auf, den beiden einen im November geplanten Auftritt im Bochumer Theater mit einer Lesung von Friedensgedichten zu verwehren. Lammert und Flimm seien nicht geeignet, „weil sie den Krieg vertreten“, erklärte Steckel. „Das Auftreten dieser Herren auf dem Arbeitsplatz der Schauspieler kontaminiert, zumal in einem Schauspiel in städtischer Trägerschaft, jede aufrichtige Theaterarbeit“, schreibt Steckel. Lammert und Flimm hätten allenfalls im Zuschauerraum etwas zu suchen.


Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Samstag 27.10.07, 07:55 Uhr

Ruhr Nachrichten vom 27.10.2007

Steckel grüßt aus der „Hauptstadt des Übels“

Bochum. Frank-Patrick Steckel legt nach. In einem zweiten Brief an das Schauspielhaus Bochum hat der ehemalige Intendant seinen Protest gegen den Auftritt von Jürgen Flimm und Norbert Lammert am 11.11. konkretisiert. „Zweifelhafte Existenzen“ wie diese hätten auf der Bühne nichts zu suchen, schreibt Steckel an den Intendanten Goerden, begleitet von einer Aufzählung der Entscheidungen Lammerts etwa zu den Auslandeinsätzen der Bundeswehr. Der Brief schließt „mit ungebrochen solidarischem Gruß aus der Hauptstadt des Übels“. Gemeint ist Berlin. Das Bochumer Friedensplenum unterstützt Steckel und hat beim Theater angefragt, ob bei der Veranstaltung ein Infotisch oder eine Diskussion möglich ist. Steckels Brief habe Sympathie erzeugt, auch bei vielen Schauspielern. „Was bedeutet es, wenn sich das Theater mit den Mächtigen ins Bett legt?“, fragt Martin Budich vom Plenum. Der Streit habe international Aufsehen erregt, auch der österreichische „Standard“ berichtete. BJ
Abschrift


Freitag 26.10.07, 19:29 Uhr
Zweiter Offener Brief an den Intendanten des Schauspielhauses Bochum, Elmar Goerden

»Norbert Lammert und Jürgen Flimm vertreten den Krieg«

In einem zweiten Offenen Brief an den Intendanten des Schauspielhauses Bochum, Elmar Goerden, bekräftigt Frank-Patrick Steckel seine Kritik an der angekündigten Lesung mit Norbert Lammert und Jürgen Flimm am Schauspielhaus Bochum. »Keiner der beiden Herren ist meines Erachtens legitimiert, „dem Thema Krieg literarisch nachzuspüren“«, wie es Goerden in seiner Antwort formulierte. Im Zentrum der ausführlichen Kritik stehen die Personen Norbert Lammert und Jürgen Flimm, denen Frank-Patrick Steckel vorwirft: »Sie vertreten den Krieg«. Die Aufgabe eines Theatermachers ist es, sich „so differenziert als möglich für das Wahre und Menschliche“ einzusetzen, zitiert Frank-Patrick Steckel Paul Celan. Er wünscht dem Intendanten Goerden, der weiterhin an der Lesung unter dem Titel „‚S IST LEIDER KRIEG“ für den 11. November festhält, ein „recht auffälliges In-Erscheinung-Treten des von Goerden apostrophierten ‚kritischen Geistes’“. Das Bochumer Friedensplenum will die Geister rufen.
Frank-Patrick Steckel im Wortlaut u.a.:
„Ich wollte Ihnen nur deutlich machen, dass solche zweifelhaften Existenzen, wie Herr Lammert und Herr Flimm sie darstellen, allenfalls im Zuschauerraum eines Schauspielhauses, das künstlerisch auf sich hält, etwas zu suchen haben, keinesfalls aber auf der Bühne. Keiner der beiden Herren ist meines Erachtens legitimiert, „dem Thema Krieg literarisch nachzuspüren“, wie Sie so gefühlvoll schreiben – im Gegenteil. Sie, und das ist politisch aufspürbar, vertreten den Krieg, mehr…


Zweiter Offener Brief von Frank-Patrick Steckel an den Intendanten des Schauspielshauses Bochum, Elmar Goerden
Freitag 26.10.07, 19:20 Uhr

Lieber Elmar Goerden,

Norbert Lammert war Rüstungsexperte der CDU unter Rexrodt – er hat sich unter anderem für die Anschaffung des „Eurofighters 2000“ stark gemacht. Neuerdings hat er sich durch Anmerkungen zum sog. „EU-Verfassungsvertrag“ (jetzt „EU-Reformvertrag“) hervorgetan, wie beispielsweise die, dass es „nicht überzeugend“ sei, das nationale Gewaltenteilungsprinzip der europäischen Staaten nach Brüssel zu übernehmen. Norbert Lammert hat außerdem, in seiner Eigenschaft als Bundestagspräsident, die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten, obwohl gesetzlich vorgeschrieben, über ein Jahr lang (bis zum Entscheid des BVG) hintertrieben. Und Herr Lammert hat ferner durch eine von ihm erteilte Strafverfolgungsermächtigung die Verfahren der Staatsanwaltschaft gegen 17 Journalisten im Zusammenhang mit dem Kurnaz-Untersuchungs-ausschuß überhaupt erst ermöglicht. Herr Lammert ist ein CDU-Politiker, somit Mitglied derjenigen Bundestags- und nunmehrigen Regierungspartei, die sowohl die Kosovo-Einsätze der NATO, als auch den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, als auch den Tornado-Einsatz, als auch nahezu alle weiteren verfassungswidrigen „Auslandseinsätze“ der Bundeswehr betrieben und befürwortet hat (beim Libanon-Einsatz der Bundesmarine hat er sich enthalten) – in allen diesen Abstimmungen des Bundestages hat Herr Lammert mit „Ja“ gestimmt. Wie das Abstimmungsverhalten des Herrn Lammert ausgesehen hätte, wäre zu Beginn des Irak-Kriegs die CDU an der Macht gewesen, lässt sich unschwer vermuten. Wie Sie sehen, kommt allerlei zusammen – und ich zähle hier nur bruchstückhaft auf, was in den Zeitungen stand und steht. (Und übergehe großzügig solche Fehlleistungen wie die Forderung nach der Wiederbelebung der „Leitkultur“-Debatte seines Parteifreundes Merz.) mehr…


Freitag 26.10.07, 17:00 Uhr
Die Linke über Norbert Lammert:

„Wolf im Schafspelz“

Die Linke Bochum fordert das Bochumer Schauspielhaus, Norbert Lammert und Jürgen Flimm auf, „ihren entwürdigenden Auftritt am 11. November in Bochum abzusagen.“ Die Linkspartei schließt sich damit dem Aufruf von Frank-Patrick Steckel, dem Bochumer Friedensplenum und vielen anderen an, den Auftritt von Norbert Lammert auf der Bühne des Schauspielhauses mit Texten zum Krieg und Friedenslyrik zu verhindern.
„Norbert Lammert ist ein Wolf im Schafspelz“, so Ralf-D. Lange, Sprecher der Bochumer Linken. „Unvergessen bleibt sein unermüdlicher Einsatz für das milliardenschwere Rüstungsprojekt Eurofighter in den 90er Jahren, als er parlamentarischer Staatssekretär war. Gerüchten zu Folge soll er sogar ein Modell dieser tödlichen Kampfmaschine auf seinem Schreibtisch stehen gehabt haben. Unvergessen auch sein konsequentes Eintreten für Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland. Erst vor einigen Wochen stimmte Dr. Norbert Lammert als CDU Abgeordneter im Deutschen Bundestag für eine Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der deutschen Truppen und für den Tornado-Einsatz.“
„Dieses Verhalten in der Vergangenheit disqualifiziert Herrn Lammert sowohl politisch als auch moralisch, glaubwürdig Texte gegen den Krieg zu rezitieren“, so Ralf-D. Lange weiter. „Hier versucht ein kriegstreibender Wolf als Feingeist im Schafspelz die Bühne des Theater zu erklimmen. Dieser entwürdigende Schauspiel wäre ein Schlag ins Gesicht aller echten Bochumer Antimilitaristen und Pazifistinnen.“


Donnerstag 25.10.07, 18:45 Uhr

Friedensplenum: Keine Bühne für den Paten des Eurofighters

Im Zusammenhang mit dem umstrittenen Auftritt von Norbert Lammert und Jürgen Flimm am 11.11. 2007 im Schauspielhaus hat das Bochumer Friedensplenum auf die Rolle von Norbert Lammert als Aufrüster hingewiesen. Das Friedensplenum verweist z. B. auf einen Beitrag in DIE ZEIT aus dem Jahr 1995. Das Bochumer Friedensplenum begrüßt und unterstützt deshalb die Initiative von Frank-Patrick Steckel mit der Forderung, den heuchlerischen Auftritt von Norbert Lammert und Jürgen Flimm am 11.11. 2007 im Schauspielhaus abzusagen. Es ist nach Ansicht des Friedensplenums ein gutes Zeichen, wenn wenigstens im Bereich des Theaters Protest artikuliert wird.
Wörtlich heißt es:»Mit Norbert Lammert wird einem führenden Rüstungsfreund, dem Paten des Milliarden verschlingenden Eurofighters die Bühne geboten, Texte zum Krieg und Friedenslyrik vorzutragen. Das Themengedicht von Matthias Claudius lässt ein Schauspiel von Schuld und Gewissensnot erwarten, mit dem die Bereitschaft zu künftigen – angeblich nur noch humanen – Kriegen befördert werden soll. Heuchelei ist dafür ein freundlicher Begriff.
„’s ist leider Krieg und ich begehre nicht schuld daran zu sein“ Für das Bochumer Friedensplenum gilt dann nur eins: Sag nein!«


Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Donnerstag 25.10.07, 13:15 Uhr

WDR-Kurzmeldung vom 25.10.2007

wdrIntendant: Lammert und Flimm werden lesen

Das Schauspielhaus Bochum lehnt die Forderung seines ehemaligen Intendanten Frank-Patrick Steckel ab, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und den Theatermacher Jürgen Flimm von der Bühne zu verbannen. Die für den 11. November geplante Lesung unter dem Titel „’s ist leider Krieg“ werde stattfinden, schrieb der derzeitige Intendant Elmar Goerden in einem offenen Brief.
Steckel hatte gefordert, Lammert und SPD-Mitglied Flimm den Auftritt zu verwehren. Beide seien „Angehörige der kriegstreibenden Bundestagsparteien.“ Die Bühne eines Schauspielhauses sei der Vorstellungskunst der Schauspieler vorbehalten, für die Heuchelei von Berufspolitikern und Kunstfunktionären sei da kein Platz, hatte Steckel in einem offenen Brief geschrieben.

Quelle: www.wdr.de


Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Donnerstag 25.10.07, 10:15 Uhr

Ruhr Nachrichten vom 25.10.2007

´s leider Krieg … … zwischen Steckel und Lammert

Ex-Intendant kritisiert Auftritt in Bochum
Von Bettina Jäger

BOCHUM Auch wenn sich Kriegs-Metaphern an dieser Stelle eigentlich verbieten: Der ehemalige Bochumer Intendant Frank Patrick Steckel fährt schweres Geschütz gegen den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und den scheidenden Triennale-Chef Jürgen Flimm auf. In einem offenen Brief fordert Steckel den jetzigen Intendanten Elmar Goerden auf, den beiden einen Auftritt im Bochumer Schauspielhaus zu verwehren. „Heuchelei“ wirft er ihnen vor und beschuldigt sie, „Angehörige kriegstreibender Parteien“ zu sein.
„´s leider Krieg“ heißt der Abend, den Flimm (SPD) und Lammert (CDU) gemeinsam auf die Beine gestellt hatten. Schon bei der Triennale mit großem Erfolg aufgeführt, soll das Programm mit Texten gegen den Krieg am 11. November in den Kammerspielen erneut gezeigt werden.

„Heuchelei von Berufspolitikern und Kunstfunktionären“
„Die Bühnen eines Schauspielhauses sind der Verstellungskunst der Schauspieler vorbehalten – für die Heuchelei von Berufspolitikern und Kunstfunktionären ist da kein Platz“, hatte Steckel kritisiert. „Und was kann es anderes sein als Heuchelei, wenn Angehörige der kriegstreibenden Bundestagsparteien Texte gegen den Krieg lesen?“ Der Brief endet mit dem Aufruf: „Lassen Sie nicht zu, dass das Schauspielhaus Bochum zu einer Plattform für diejenigen wird, die den Frieden predigen und den Krieg schüren.“

„Gespräch weniger medienwirksam“
Elmar Goerden allerdings weigerte sich postwendend, den Auftritt abzusetzen. Der Abend stehe nicht im Zeichen politischer Statements, sondern der Literatur. „Wenn ein Theatermacher und der Präsident des deutschen Bundestages sich vornehmen, dem Thema Krieg literarisch nachzuspüren, ist das Vorhaben nicht zu verurteilen.“ Goerden betont, er habe sich statt eines offenen Briefes lieber ein offenes Gespräch gewünscht. Aber das sei, so Goerden mit einem Seitenhieb, „natürlich weniger medienwirksam.“

„Dieser Brief kommentiert sich ja wohl selbst“
Und Norbert Lammert? Der ging auf die Vorwürfe nicht ein. „Dieser Brief kommentiert sich ja wohl selbst“, sagte er. Aber er machte deutlich, wie sehr ihm das Projekt „´s leider Krieg“ am Herzen liegt. Schon lange habe er den Plan geschmiedet, einen solchen Abend mit dem Schauspieler Ulrich Matthes zu verwirklichen. Weil Matthes 2007 nicht abkömmlich war, war Lammert gemeinsam mit Flimm aufgetreten. Die Texte habe er selbst zusammengestellt, betonte Lammert, sie reichen von Schiller über Grass bis zu Remarque. „Alles resultiert aus einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit Literatur“, so der Bochumer. Eine Frage in Richtung Steckel konnte er sich dann aber doch nicht verkneifen – nämlich die, warum sich Theatermacher eigentlich politisch äußern dürfen, wenn Politiker nicht auf der Bühne stehen dürfen …

Quelle: www.ruhrnachrichten.de


Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Donnerstag 25.10.07, 10:10 Uhr

WAZ-Kommentar vom 25.10.2007

Theater und Politik

Von Michael Stenger

Es gibt Menschen, die sagen, das Theater darf dies, darf das. Frank-Patrick Steckel, der sich als Intendant in Bochum ja nicht als Vertreter der Spaßgesellschaft zeigte und sein pessimistisches Weltbild in eine geschlossene Ästhetik kleidete, ist ein radikaler Theatermann und mag keine Politiker, die Kulturbotschafter sind, und keine Kulturvermittler, die sich schnittig arrangieren können. Jürgen Flimm und Norbert Lammert sind keinesfalls die üblichen Verdächtigen. Sie stehen aber für Steckel für ein angepasstes Establishment. Wer, so denkt er, mit einer bestimmten Parteirichtung sympathisiert, darf nicht auf einer Bühne stehen. Flimm und Lammert haben nie Kriegstreiberei gepredigt. Steckel geht es letztlich vermutlich um das, was die Gesellschaft mit Künstlern macht. Wie sie funktionalisiert werden, wie man sie ins Boot holt. Peymann, wir dürfen das nicht vergessen, ist auf Seiten der 68er-Revoluzzer.


Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Donnerstag 25.10.07, 10:05 Uhr

WAZ-Artikel vom 25.10.2007

Steckel wettert gegen Flimm und Lammert

Bochums Ex-Intendant sieht deren Antikriegs-Lesung im Schauspielhaus als „Heuchelei“.
„Angehörige der kriegstreibenden Bundestagsparteien“ sollen nicht über Frieden reden
Von Werner Streletz

Bochum. 1995 endete die Bochumer Intendanz von Frank-Patrick Steckel: Nun meldet er sich mit Theaterdonner zurück. In einem offenen Brief fordert er den jetzigen Intendanten Elmar Goerden auf, „den Herren Norbert Lammert (CDU) und Jürgen Flimm (SPD) den Auftritt auf einer der Bühnen Ihres Theaters zu verwehren“. Anlass: Der Bundestagspräsident und der Ex-Triennale-Intendant wollen am 11. November im Schauspielhaus ein Antikriegsprogramm lesen, mit dem sie schon während der Ruhr Triennale aufgetreten sind.

Der heute in Berlin lebende Steckel wettert dagegen: „Die Bühnen eines Schauspielhauses sind der Verstellungskunst der Schauspieler vorbehalten – für die Heuchelei von Berufspolitikern und Kunstfunktionären ist da kein Platz.“ Und was könne es anderes sein „als Heuchelei, wenn Angehörige der kriegstreibenden Bundestagsparteien Texte gegen den Krieg lesen?“ Steckel befürchtet: „Der schöne Trug des Schauspiels wird erniedrigt, wenn neben ihm der hässliche Trug machtpolitischer Interessen Fuß fasst.“ Darum wünscht er sich von Goerden: „Lassen Sie nicht zu, dass das Schauspielhaus Bochum zu einer Plattform für diejenigen wird, die den Frieden predigen und den Krieg schüren!“

Auf die Kassandra-Rufe reagiert Goerden unaufgeregt: „Selbstverständlich sind die Theaterbühnen der Schauspielkunst vorbehalten.“ Machtpolitische Interessen hätten dort nichts verloren – „unbequeme aber durchaus“. Goerden stellt klar: „Wenn ein Theatermacher und der Präsident des deutschen Bundestages sich vornehmen, dem Thema Krieg literarisch nachzuspüren, ist das Vorhaben nicht zu verurteilen“, solange es frei des von Steckel bemängelten „hässlichen Trugs“ sei.

Der betreffende Abend stehe „nicht im Zeichen politischer Statements, sondern der Literatur“. Sollte sich an der Art der „Besetzung“ Diskussion entzünden, so sei das „keine ärgerliche Randerscheinung, sondern ein wünschenswerter Prozess“. Und Goerden schließt: „Starke Themen dürfen und müssen eine Plattform im Theater finden.“ Auf ein Wort


Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Donnerstag 25.10.07, 08:10 Uhr

Berliner Zeitung vom 25.10.2007

Berliner ZeitungSTÖRENFRIED

Eure Bühne ist das Parlament

Ulrich Seidler
Wir wussten gar nicht, dass die im Ruhrgebiet auch einen Rolf Hochhuth haben: Der ehemalige Bochumer Intendant Frank-Patrick Steckel, hat einen offenen Brief an seinen Nachfolger geschrieben, an Elmar Goerden. Steckel bekundet mit rhetorischem Volldampf sein Missfallen daran, dass ein christdemokratischer Politiker und ein sozialdemokratischer Kulturfunktionär am Bochumer Schauspiel Friedensgedichte vortragen. Die beiden seien „Angehörige der kriegstreibenden Bundestagsparteien“, die auf einer öffentlich finanzierten Bühne nichts zu suchen hätten. Diese dürfe nicht zur Plattform für diejenigen werden, die den Frieden predigen und den Krieg schüren.“
Es handelt sich um „’s ist leider Krieg“, ein Gastspiel der Herren Norbert Lammert, Bundestagspräsident, und Jürgen Flimm, Leiter der Ruhrtriennale, bei der der Gedichtabend herausgekommen ist. Das wird eine nicht besonders kostspielige Produktion sein, mit der Goerden sein Haus sicher voll bekommt. Theaterwirtschaftlich ist das also vernünftig und nur weil das Bochumer Schauspiel öffentlich finanziert wird, darf man doch wohl vernünftig wirtschaften, oder?
Sind Lammert und Flimm Kriegstreiber, weil ihre Parteien dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan zugestimmt haben? Dieser Einsatz hat doch realpolitische Gründe, die – wenn man von der Linkspartei und der Grünen-Basis absieht – im Parlament Konsens sind. Friedensengel, als die sie nach einem Friedensgedichtabend dastehen, sind sie jedenfalls nicht.
Aber der Knackpunkt, der einen Theatermann wie Steckel wohl so aufbringt, liegt gar nicht im Faktischen, sondern im Trüglichen: Bühnen seien „der Verstellungskunst der Schauspieler vorbehalten – für die Heuchelei von Berufspolitikern und Kunstfunktionären ist da kein Platz. Der schöne Trug des Schauspiels wird erniedrigt,wenn neben ihm der hässliche Trug machtpolitischer Interessen Fuß fasst.“
Die Politik arbeitet mit den Mitteln des Schauspiels. Der Medienauftritt eines Politikers – und wenn er auch zufällig mal nicht im Fernsehen, sondern im Theater stattfindet – ist immer auch Realpolitik. Und wenn sich dieser Politiker an die Seite eines wichtigen Theateramtsinhabers stellt, ist das in der Tat eine unnötige Vermischung von Gewalten, die eigentlich geteilt sein sollten. So pingelig das klingt, und so sehr wir uns schon daran gewöhnt haben, dass Politik und Öffentlichkeitsarbeit Hand in Hand gehen – es ist ab und zu ganz hygienisch, wenn jemand mal hineinschreit in diesen deklarierten Kuschelfrieden. Und es ist eigentlich auch ganz hübsch, dass ausgerechnet Lammert ausgeschimpft wird, der vor Kurzem seinen Politikerkollegen zu Fernsehabstinenz riet.

Quelle: www.berlinonline.de