Mittwoch 31.01.24, 19:36 Uhr
Mieter Klaus soll am 5.3.zwangsgeräumt werden

Wohnraum in der Kohlenstraße erhalten!


Vom Unterstützer*innenkreis Kohlenstraße 135 erreichte uns eine umfangreiche Pressemittelung u.a. mit den Themen:

Baudezernent Dr. Markus Bradtke will die Petition persönlich nur unter Ausschluss der Presse entgegennehmen

Am Donnerstag, 01. Februar, steht das Thema auf der Tagesordnung der Ratssitzung (ab 14:00).

Spaziergänge an der Kohlenstraße.

Hier der ganze Text der Pressemitteilung:

»Über 1000 Menschen fordern in einer Petition den Stopp der Zwangsräumung von Klaus S. und den Erhalt der Häuser in der Kohlenstraße 135 bis 145

Die Petition des Solidaritätskreises Kohlenstraße zum Stopp der Zwangsräumung von Klaus S. sowie dem Erhalt der Wohnhäuser in der Kohlenstraße 135 bis 145 hat bereits deutlich über 1000 Unterschriften erreicht. Da Baudezernent Dr. Markus Bradtke die Petition persönlich nur unter Ausschluss der Presse entgegennehmen will, wurde sie der Stadt nun symbolisch in Abwesenheit übergeben.

Darüber und über weitere aktuelle Entwicklungen in der Causa Kohlenstraße informieren wir mit dieser Pressemittelung.

Da, wo heute an Weitmar die Westtangente der Bochumer Stadtautobahn vorbeiführt, stand bis 1986 einmal bezahlbarer Wohnraum. Heute sind nur noch vier Häuser übriggeblieben, die am Rande des ehemaligen Heusnerviertels angesiedelt waren. Der Großteil des Wohnviertels wurde trotz der vielfältigen Kämpfe für seinen Erhalt und einer der größten Hausbesetzungen in der BRD für den Bau der Autobahn bereits abgerissen. Dieses Schicksal droht jetzt auch den vier übriggebliebenen Wohnhäusern.

In einem von ihnen wohnt Klaus S. Er ist der letzte Mieter einer der 25 Wohnungen. Als Einziger hat er sich in den letzten Jahrzehnten um den Erhalt der Wohnhäuser gekümmert. Und das, obwohl seine Vermieterin, die Stadt Bochum, die Häuser bewusst dem Verfall preisgegeben hat. Bereits seit drei Jahrzehnten wurden der Einzug neuer Mieter*innen oder der Verkauf der Wohnhäuser an interessierte Privatpersonen verhindert. Leerstand ist Zweckentfremdung! Die Stadt hat dieses Prinzip, das in vielen anderen Kommunen bereits sanktioniert wird, in der Kohlenstraße jahrelang selbst vorsätzlich betrieben.

Nun hat Klaus S. Post von der Gerichtsvollzieherin bekommen: am 05. März soll er aus seiner Wohnung zwangsgeräumt werden, wenn er sie bis dahin nicht freiwillig verlässt. Zulassen, dass sein Geburtshaus, in dem er seit 73 Jahren lebt und die benachbarten Gebäude abgerissen werden, um sie durch Bürogebäude zu ersetzen, von denen in Bochum schon viele an anderen Stellen leerstehen, das hat Klaus S. nicht vor, kündigt er an. Denn was angesichts der herrschendenden Wohnungsnot viel dringender gebraucht wird, ist nach wie vor Wohnraum. Im Sommer des letzten Jahres wurden in der LWL-Statistik in Nordrhein-Westfalen allein in Bochum über zweitausend Wohnungslose erfasst. Jedes Jahr werden zusätzlich zwischen 150 und 300 Menschen durch Zwangsräumungen ihrer Wohnung beraubt. Meist, weil sie sich ihre Miete nicht länger leisten können oder die Wohnung einer finanziell lukrativeren Verwendung zugeführt werden soll. Viele weitere leiden unter einer hohen Mietlast.

Anders, als die Schilder an den Fassaden der Gebäude in der Kohlenstraße 135 bis 145 vermuten lassen, führt die Stadt Bochum die Häuser in ihrem Verdachtsimmobilien-Kataster nicht als „abrisswürdig“. Eine Instandsetzung wäre also durchaus möglich. „Der Abriss würde nicht nur wertvollen Wohnraum vernichten, der Neubau von Bürogebäuden würde im Vergleich zu einer Renovierung außerdem eine ökologische Mehrbelastung bedeuten. Der Erhalt der Häuser ist also nicht nur möglich, sondern angesichts des von der Stadt Bochum selbst ausgerufenen Klimanotstands

gar dringend nötig“, führt Johannes Habich aus. Der Stadthistoriker, der mit der Wohnungspolitik in Bochum bestens vertraut ist, engagiert sich im Solidaritätskreis Kohlenstraße.

Trotz der offensichtlichen Abwegigkeit der städtischen Pläne ist die Verwaltung bisher weder auf unsere Gesprächsangebote noch auf das Angebot von Klaus S. eingegangen, der sein Wohnhaus für 50.000€ kaufen und nach seinem Tod sogar unentgeltlich wieder an die Stadt zurückfallen lassen würde. Auch eine Übergabe unserer Petition im Beisein der Presse wird seitens des Baudezernenten, Herrn Dr. Markus Bradtke, abgelehnt. Deshalb haben wir die Petition in einer symbolischen Aktion am Fotospot vor dem Rathaus in Abwesenheit übergeben

Wie auch die Stadtgestalter in einem auf ihrem Blog erschienenen Artikel feststellen, hat sich bereits die Trassenführung der Westtangente durch das ehemalige Heusnerviertel im Nachhinein als Fehlplanung herausgestellt. Da es weder Bedarf nach neuen Büroflächen noch eine unmittelbare Notwendigkeit für den Abriss der vier verbliebenen Häuser gibt, muss die Stadt die Bemühungen zur Zwangsräumung einstellen, anstatt einen weiteren stadtplanerischen Fehler zu begehen.

Im Sinne einer bedürfnisorientierten Wohnungspolitik für Bochum fordern wir neben dem Stopp der Zwangsräumung von Klaus S. sowie dem Erhalt des Wohnraums in der Kohlenstraße außerdem:

1. Eine Wohnraumschutzverordnung, welche die Stadt Bochum dazu verpflichtet, wo immer es möglich ist, Wohnraum zu erhalten und sozialverträglich zu sanieren.

2. Den zusätzlichen Bau von Sozialwohnungen in notwendiger Zahl durch das städtische Wohnungsunternehmen (VBW) sowie eine Entfristung der Sozialbindung der Wohnungen in öffentlicher Hand

3. Die Verpflichtung des städtischen Wohnungsunternehmens, sich zukünftig ausschließlich am Gemeinwohl und nicht wie bisher, an Profitinteressen zu orientieren

Am Donnerstag, den 01. Februar, steht das Thema auf der Tagesordnung der Ratssitzung ab 14:00. Die Entscheidung liegt also nicht mehr allein in den Händen der Verwaltung. Die Mitglieder*innen des Rates, allen voran diejenigen, die der Koalition aus SPD und Grünen angehören, müssen nun für den weiteren Verlauf der Causa Kohlenstraße die politische Verantwortung übernehmen.

Alle die mehr über die aktuelle Situation in der Kohlenstraße, über das ehemalige Heusnerviertel oder Möglichkeiten erfahren wollen, sich für eine soziale Wohnungspolitik in Bochum einzusetzen, sind zum Sonntagsspaziergang an der Kohlenstraße eingeladen. Die Spaziergänge finden unter der Führung von Johannes Habich ab dem 04. Februar bis auf weiteres jeden zweiten Sonntag um 15 Uhr statt. Startpunkt ist an der Kohlenstraße 135. Interessierte, die den Weg von der Haltestelle Wattenscheider Straße nicht allein zurücklegen möchten, treffen sich dort bereits um 14:30 Uhr.

Das Thema interessiert Sie? Sie haben Fragen?

Dann wenden Sie sich gerne an: solikreis-kohlenstr@riseup.net«