Mittwoch 27.12.23, 19:18 Uhr
EU einigt sich auf Missachtung der Menschenrechte

Historisches Versagen der EU 4


Kurz vor den Feiertagen hat die EU ihren neuen EU-Migrationspakt veröffentlicht. Die Seebrücke schreibt dazu: »Mit der Einigung über das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) hat die EU beschlossen, einen Status quo in Gesetze zu gießen, in dem Gewalt, Vernachlässigung, Folter und das Sterbenlassen von Menschen alltägliche Praxis sind. Fliehende Menschen erleben schon jetzt grausame Praktiken: Sie werden in Lager wie Moria gepfercht, Kinder werden von ihren Eltern getrennt, Boote werden daran gehindert sicher Land zu erreichen, Menschen werden an der kroatischen Grenze bewusstlos geschlagen oder an der polnischen Grenze erfrieren gelassen.

Mit dem jetzt erzielten Abkommen wird all dies fortgeführt und sogar in Recht gegossen.Die EU hatte die Chance, ein Versprechen einzulösen, das die Europäische Kommission vor 10 Jahren gegeben hatte, nachdem 360 Menschen bei einem einzigen Schiffbruch vor Lampedusa ertrunken waren. Damals hieß es, dass ihr Tod ein Weckruf sein sollte, um die Solidarität und gegenseitige Unterstützung zu stärken und ähnliche Tragödien in Zukunft zu verhindern. Der Tod von 600 Menschen bei dem Schiffbruch vor Pylos in diesem Jahr war nicht einmal mehr leere Versprechungen wert.Mit dem heutigen Abschluss der Verhandlungen hat die EU die Chance verpasst, sich auf zentrale Mechanismen zu einigen, um Menschenrechte zu wahren. Es hätte Alternativen gegeben, die Leben hätten retten können.

Was wir brauchen, sind: Sichere und legale Routen nach Europa, ein europäisches Seenotrettungsprogramm und eine solidarische Aufnahme von geflüchteten Menschen. Stattdessen hat die EU beschlossen, die Rechte von Schutzsuchenden aktiv zu beschneiden und Verstöße von Mitgliedsstaaten gegen das EU-Asylrecht zu legalisieren.

Der neue Pakt wird den Zugang zu Schutz in Europa einschränken, indem er beschleunigte Asylverfahren an den Grenzen einführt, um Rückführungen zu erleichtern. Geflüchtete Menschen sollen vom Rest der Gesellschaft isoliert, in abgelegenen Lagern festgehalten und auf diese Weise jede Möglichkeit des Ankommens verhindert werden. Drittstaaten sollen als sicher erklärt werden, auch wenn diese Länder ihre eigenen Staatsangehörigen verfolgen oder fliehenden Menschen nicht einmal einen rechtlichen Status zugestehen.

All das wird noch mehr Menschen dazu zwingen, immer gefährlichere Routen zu wählen. Kein einziges Leben wird durch die heutige Entscheidung gerettet werden. Europa hat beschlossen, aus seinen schlimmsten Beispielen zu lernen. Das ist ein historisches Versagen.«


4 Gedanken zu “Historisches Versagen der EU

  • Norbert Hermann

    Die Menschen in Europa versagen

    Etwas entsetzt bin ich über das unkritische Verhältnis zum Konstrukt „Europa“.

    Der Hintergrund für europäische Bündnisse ist die militärische Situation in Europa, insbesondere in Hinblick auf die Sowjetunion. Das ging einher mit einem aggressiven totalitärem Antikommunismus um Inneren in den 1950er Jahren.

    Bereits 1952 kam es zum Versuch einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG), was durch Ablehnung durch Frankreich scheiterte.

    Das hätte Deutschland die Wiederbewaffnung (die dann erst ab 1956 erfolgte) und ein Ende der Besatzung ermöglicht. Durch den Eintritt Deutschlands in die NATO 1955 hat sich das dann erübrigt.

    1957 folgten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom).

    Ziel der EWG waren die Abschaffung von Kontingentierungen (mengenmäßige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen) und Zollschranken, freier Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr, gemeinsame Handelspolitik gegenüber Drittstaaten und die Schaffung entsprechender europäischer Institutionen.

    Ab 1992 wurde aus der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ (Montanunion), der EWG und Euratom die Europäische Gemeinschaft (EG) gebildet.

    Durch den Vertrag von Lissabon 2007 mutierte sie zur „Europäischen Union“ (ab 2009). Stark bekämpft u.a. wegen der bescheidenen Grund- und Sozialrechte. Offen für TTIP und CETA.

    Das gesamte europäische fragile Gebilde ist nicht für die Menschen gemacht, sondern für die Wirtschaft und damit gedacht zur Schaffung militärischer und ökonomischer Macht. Herrschend darin ist an erster Stelle Deutschland. Genannt „Halbhegemon“, weil die anderen (Frankreich, England) sich nicht alles gefallen lassen.

    Ideengeschichtlich wird Europa gerne mit dem Gedanken der „Aufklärung“ in Zusammenhang gebracht. Dem Gedanken der Aufklärung mag ich etwas abgewinnen (mehr den Ideen der französischen Revolution). Die Aufklärung ist aber ein Kind ihrer Zeit und Folge und Notwendigkeit frühkapitalistischer Entwicklung.

    In der „Dialektik der Aufklärung“ beschreiben die „Aufklärer über die Aufklärung‘ Horkheimer und Adorno die Ambivalenz der Aufklärung, die eben auch Faschismus und Stalinismus hervorgebracht hat.

    So ist das ganze „europäische Projekt“ ausserordentlich ambivalent. Zu sagen Europa hätte versagt verschweigt die grundlegenden Intentionen, die zu europäischen Bündnissen geführt haben. In dem Sinne funktioniert Europa nämlich ausserordentlich gut. Tausende Tote im Mittelmeer.

    Aktuell versagen die Menschen in Europa.

    Besser wäre es zu sagen welche Ideale wir mit Europa und der Menschheit überhaupt verbinden und wie die Beweggründe der europäische Vereinigungen unsere Ideale gerade zerstören.

    1993 waren es noch zehntausend Menschen, die nicht ohne Erfolg den Zugang zum Bundestag blockierten. Die faktische Abschaffung des Asylrechts konnten sie nicht verhindern.

    „Die Polizei musste 250 Abgeordnete durch Sperren eskortieren, 250 weitere gelangten mit einem Schiff über den Rhein zum Alten Wasserwerk – und 130 wurden per Hubschrauber eingeflogen.“

    https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/asylkompromiss-1993-vorbild-in-der-migrationspolitik-19241824.html

    Am Tag der Abstimmung über die Asylrechtsverschärfung am 26. Mai 1993 protestierten dagegen rund 10.000 Menschen vor dem Bundestag in Bonn.

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1173526.asylkompromiss-breite-bewegung-fuer-erhalt-des-asylrechts.html

    Rostock, Hoyerswerda, Hünxe, Mölln: 26. Mai 1993 – Tag der Abstimmung im Bundestag über die Ãnderung des Asylrechts. Etwa 10 000 Demonstranten blockieren den Zugang zum Bonner Regierungsviertel.

    https://www.deutschlandfunk.de/asylkompromiss-102.html

    30 Jahre »Asylkompromiss«: Ein Grundrecht wird ausgehöhlt

    https://www.proasyl.de/news/30-jahre-asylkompromiss-ein-grundrecht-wird-ausgehoehlt/

    Durch die Änderung des Grundgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes (mit Wirkung vom 24. Oktober 2015 umbenannt in Asylgesetz) wurden die Möglichkeiten eingeschränkt, sich erfolgreich auf das Grundrecht auf Asyl zu berufen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Asylkompromiss

  • wir Negativen (nach K. Tucholsky)

    Böse, böse EU.
    Ich dachte an solchen Entscheidungen seien auch Verwaltungs- und Politikstrukturen verantwortlich. Auch Nationale, regionale und kommunale. Aber je weiter weg, die zu kritisierende Struktur ist, um so leichter und konfliktfreier lässt sich lokal im Alltag leben und handeln.

  • zahlreiche prognosen

    gehen davon aus, in 15 bis 20 jahren wird es durch die erderwärmung in der äquatorregion in den sommermonaten so ungemütlich heiß sein das man*frau dort nicht mehr leben kann. dann werden sich zahlreiche menschen auf den weg nach europa begeben. dagegen sind die heutigen flüchtlingströme ein pup. dswg sorgen die europäischen machthaber schon ´mal vor. die eurpäische abschottungspolitik muss also perfektioniert werden. die heutige zeit ist ein übungsfeld für diese entwicklung. die devise lautet, refugees go home / go back. werden die paar versprengten flüchtlingsinis diese entwicklung aufhalten. das könnte man*frau anzweifeln.

  • Ralf Feldmann

    Historisches Versagen? In Bochum versagt schon das Kurzzeitgedächtnis. Vor gut einem Jahr hieß es“Bochum rettet“. Auch von denen, deren Parteien jetzt die Fliehenden in Lager stecken wollen. Wo bleibt ihr Widerstand jetzt
    ? Nächstes Jahr zum 75. Des Grundgesetzes werden wir ihre Sonntagsreden zur Würde des Menschen hören, die unantastbar ist. Oder?

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