Dienstag 10.10.23, 12:32 Uhr

10.10.: Tag der Frauensolidarität gegen die Taliban


Razia Barakzai, eine afghanische Frauenrechtsaktivistin, und andere Online-Organisator*innen erklärten2021 den 10. Oktober zum Welttag der Frauensolidarität mit afghanischen Frauen. Seit die Taliban im August 2021 die Macht übernommen haben, erließen sie zahlreiche Dekrete und Richtlinien, durch die die afghanischen Mädchen und Frauen* immer weiter entrechtet wurden. Sie wurden aus dem öffentlichen Leben verbannt. Ihr Zugang zu zivilen Rechten und Freiheiten wurde radikal beschnitten.

Medica mondiale berichtet z.B.: „Dank einer Quotenregel waren vor der Machtergreifung der Taliban 27 Prozent der Abgeordneten im Parlament Frauen. Landesweit gab es 21 Prozent weibliche Strafverteidiger:innen. 265 von insgesamt 1.951 Richter:innen waren Frauen. In der neuen Regierung gibt es keine einzige Ministerin. Stattdessen installierten die Taliban erneut das berüchtigte „Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters“, das die frauenfeindlichen Erlasse des Regimes umsetzt. Frauen – einschließlich Richterinnen, Staatsanwältinnen und Anwältinnen – ist die Teilnahme am Rechtssystem verboten.“

Frauenrechtsaktivist*innen werden massiv bedroht. Trotzdem stehen afghanische Frauen nach wie vor an vorderster Front des Widerstands gegen die Unterdrückung durch die Taliban.

Bei den ersten Protesten am 16. August 2021 waren Razia Barakzai  und zwei andere Frauen noch allein vor dem Präsidentenpalast. Dieser bewundernswerte Mut verließ sie auch nicht, als sie verhaftet und geschlagen wurden. Sie haben im Internet unter dem Hashtag  #there_are_afghan_women erfolgreich um  Unterstützung geworben und in der folgenden Zeit friedliche Proteste für Gleichheit, Rechte, Gerechtigkeit und Frieden organisiert – trotz der brutalen Schläge, Verhaftungen, Inhaftierungen und Entführungen von Demonstrant*innen durch die Taliban. Unter dem Motto „Brot, Arbeit, Freiheit“ haben Afghan*innen unermüdlich für ihre Grundrechte und für ein besseres und gleicheres Afghanistan gekämpft.

Die geschlechtsspezifische Verfolgung von Frauen und Mädchen in Afghanistan stellt – so Human Rights Watch – ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. Die Taliban haben Gesetze und politische Maßnahmen eingeführt, die Frauen und Mädchen im ganzen Land ihre Grundrechte aufgrund ihres Geschlechts verweigern. Verschiedene Dekrete schränken die Bewegungs-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit stark ein, verbieten praktisch jede Art von Erwerbstätigkeit, verbieten den Besuch von weiterführenden Schulen und Hochschulen und erlauben willkürliche Verhaftungen und Verletzungen des Rechts auf Freiheit.

 „Amnesty International“ fordert gemeinsam mit der Internationalen Juristenkommission (ICJ), dass die rechtswidrige Beschneidung der Rechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan durch die Taliban als mögliches Völkerrechtsverbrechen untersucht wird. Vor diesem Hintergrund ist auch die Bundesregierung weiter gefordert, die Aufnahme schutzsuchender Afghan*innen zu beschleunigen. Tausende von Afghan*innen, die aus dem Land geflohen waren, halten sich in Drittländern auf und leben dort unter katastrophalen Bedingungen. Die Regierungen, die mit Afghanistan zusammenarbeiten, müssen sicherstellen, dass Afghan*innen Zugang zu legalen und sicheren Fluchtwegen haben

An der Verfolgung von afghanischen Mädchen und Frauen qua Geschlecht gibt es keinen Zweifel. Schweden, Dänemark und Finnland haben sie deshalb bereits grundsätzlich als Flüchtlinge anerkannt. Die Bundesregierung darf jetzt keine weitere Zeit mehr verlieren – die versprochenen Aufnahmezusagen müssen endlich erteilt werden