Montag 24.04.23, 16:47 Uhr
ADFC-Fahrradklima-Test 2022 bestätigt Jan Böhmermann

Bochum mit schlechten Noten 1


Beim bundesweiten Fahrradklimatest 2022 des ADFC schneidet Bochum mit schlechten Noten ab. Die Gesamtnote beträgt 4,3. Unter den 26 deutschen Städten mit 200.000 bis 500.000 Einwohner:innen belegt Bochum Rang 20. Kritisiert wird vor allem die katastrophale Erreichbarkeit der Innenstadt. Der ADFC Bochum kommentiert das Ergebnis: »Bei der Jubiläumsausgabe des ADFC-Fahrradklima-Tests verschlechtert sich Bochum zwar nur minimal, landet aber wieder auf den hinteren Plätzen der Städte ihrer Größe. 764 Bochumerinnen und Bochumer haben an der bundesweiten Befragung teilgenommen. 

Lichtblicke gab es bei der Wegweisung für Radfahrer, die Verfügbarkeit von öffentlichen Fahrrädern (Fahrradverleih) und der geringe Fahrraddiebstahl. Unzufrieden sind Bochum Radfahrende vor allem mit der Erreichbarkeit des Stadtzentrums, das Radfahren durch Alt und Jung sowie das (nicht mögliche) zügige Radfahren. Sicherlich hat auch der vorerst juristisch gescheiterte Radentscheid und die Enttäuschung darüber zu diesen Ergebnissen mit beigetragen.

Der ADFC Bochum fordert für die Zukunft einen verstärkten Einsatz beim Ausbau der Radinfrastruktur – gerne mit Unterstützung des Bundes durch eine jährliche Fahrradmilliarde und die Erfüllung der selbstgesetzten Ziele. Eine lange überfällige Modernisierung des Straßenverkehrsrechts wird von der Bundesebene erwartet, damit die Mobilitätswende vorankommt.

ADFC-Co-Vorsitzende Gerlinde Ginzel sagt:

„Der Fahrradboom hält auch nach der Corona-Pandemie an – und wir wollen, dass sich alle Menschen auf dem Rad wohl und sicher fühlen. Leider ist das in Bochum nicht der Fall: 84 Prozent fühlen sich beim Radfahren nicht wohl. Dabei ließe sich schon mit kleineren Maßnahmen die Situation deutlich verbessern, beispielsweise durch konsequente Ahndung von Falschparkern auf Radwegen und fahrradfreundliche Lösungen an Baustellen. Das beste Baustellenmarketing sind dabei die fußgänger- und fahrradfreundlichen Baustellen auf der Straße. Das reicht aber nicht. Die Menschen in Bochum wollen Straßen, die einladend zum Radfahren sind. Dafür brauchen wir ein durchgängiges Radwegenetz innerorts. Daher begrüßen wir grundsätzlich das vorgelegte Radverkehrskonzept, welches der Rat im Mai beschließen soll. Doch auch hier wird entscheidend sein, welche konkreten Beschlüsse folgen, denn es gab ja schon 1999 ein recht schnell nicht mehr weiter verfolgtes Radverkehrskonzept.

Auch benötigen wir sichere und komfortable Radverbindungen in die Nachbarkommunen. Insofern begrüßen wir aktuelle Bestrebungen, die eine verbesserte Anbindung von Wattenscheid nach Essen anstreben. Das ist vermutlich eher realisierbar als der Radschnellweg Ruhr RS1. Wir sehen hier natürlich die kleineren Fortschritte, warten aber wie viele endlich auf umgesetzte Kilometer und nicht Meter. Aber hier ist ja auch noch nicht geklärt, ob die objektiv im Grünen Rahmen nicht eingehaltenen RS1-Kriterien im weiteren Verlauf erfüllt werden. Da werden wir uns jeden weiteren Abschnitt genau anschauen.“

Jens Matheuszik, Co-Vorsitzender des ADFC Bochum, ergänzt dazu:

„Wir haben der RS1-Strecke im Grünen Rahmen nicht umsonst die Note ‚ausreichend‘ (mit Minus?) gegeben. Wir wünschen, dass die Mindestbreite von 4 Metern so eingehalten wird, dass – wo möglich – diese 4 Meter innerhalb der Markierungen bleiben. Dann muss halt etwas breiter asphaltiert werden als geplant, kommt aber dem RS1 Ruhr zugute. Wir können es doch niemanden erklären, dass in Stahlhausen die 4 Meter Regelbreite anders interpretiert werden als in Gelsenkirchen-Ückendorf!“

Damit bezieht Matheuszik sich auf den Abschnitt des RS1 auf Gelsenkirchener Gelände, wo die reine befahrbare Strecke (ohne Bankette, Markierungen) vier Meter Breite entspricht und damit breiter ist als im Grünen Rahmen, was der ADFC Bochum bereits in seiner Stellungnahme 2021 kritisch anmerkte:

„Die Breite der Fahrbahn beträgt [in Bochum; Anm. d. ADFC] – unter Berücksichtigung der Begrenzungslinien (grün-weiß) – eher 3,60 bis 3,70 m als die empfohlenen Mindestbreite von 4 m. Auf Gelsenkirchener Stadtgebiet […] beträgt die Fahrbahnbreite 4,30 bis 4,40 m einschließlich dieser Markierungen.“

Der ADFC-Fahrradklimatest 2022

Bochum beim ADFC-Fahrradklimatest 2022

Bochum liegt bundesweit auf Platz 20 in der Kategorie der Städte über 200.000 Einwohnern, im Landesvergleich auf Platz sieben. Gegenüber dem letzten Test im Jahr 2020 hat sich Bochum geringfügig verschlechtert. Im Durchschnitt geben die Teilnehmenden Bochum die Note ausreichend (4,3) für die Fahrradfreundlichkeit. Für die Mehrzahl der Befragten bedeutet Radfahren in Bochum Stress und sie sind der Auffassung, dass in jüngster Zeit kaum etwas für den Radverkehr getan wurde

Rekord: Rund 245.000 Teilnahmen, 1.114 Städte in der Wertung

Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit der Radfahrenden weltweit. Er wird vom Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt und fand 2022 zum zehnten Mal statt. Rund 245.000 Radfahrerinnen und Radfahrer haben bei diesem Durchgang abgestimmt, davon nur 16 Prozent ADFC-Mitglieder. 1.114 Städte kamen in die Wertung, mehr als jemals zuvor. Bei den 27 Fragen ging es darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und wie viel die eigene Kommune für die Fahrradförderung tut. Fünf Zusatzfragen drehten sich dieses Mal um das Radfahren im ländlichen Raum. Damit fundierte Ergebnisse erzielt werden, müssen pro Stadt mindestens 50, bei größeren Städten mindestens 75 beziehungsweise 100 Abstimmungsergebnisse vorliegen. Die Ergebnisse des Tests haben durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können Kommunen helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern.«


Ein Gedanke zu “Bochum mit schlechten Noten

  • Verärgerter Radfahrer

    Dass der Bochumer ADFC impliziert, dass die Bürger*innen extra schlecht abgestimmt hätten aus Ärger über die politische (nicht juristische) Entscheidung den Radentscheid für unzulässig zu erklären, halte ich für mehr als Fragwürdig. Hiermit liefert der „Fahrrad-Club“ Politik und Verwaltung im vorauseilenden Gehorsam, die Ausrede für das schlechte Abschneiden. Einmal mehr wird deutlich, dass die beiden Ratsmitglieder im ADFC-Vorstand, fehl am Platz sind.

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