Sonntag 02.04.23, 13:11 Uhr
Ostermarsch in Wattenscheid und Bochum:

Ohne Frieden keine Zukunft – Scheitert der homo sapiens? 2


Der Ostermarsch Rhein-Ruhr geht am Sonntag, 9.4. wie in den vergangenen Jahren als Fahrrad-Etappe von Essen über Gelsenkirchen, Wattenscheid und Herne nach Bochum. Er endet vor der Mandragora-Bühne im Bermuda-Dreieck. Der Publizist Peter Bürger hält hier um 16 Uhr eine Rede mit dem Titel „Ohne Frieden keine Zukunft – Scheitert der homo sapiens?“ Von verschiedenen Initiativen und Organisationen wird es kurze Statements zum Thema geben. In Wattenscheid macht der Ostermarsch vor der Friedenskirche am August Bebel Platz halt. Hier spricht um 13.10 Uhr Christoph Nitsch von „Kuratorium Stelen der Erinnerung.“


2 Gedanken zu “Ohne Frieden keine Zukunft – Scheitert der homo sapiens?

  • Klar scheitert der homo sapiens irgendwann

    so wie jede art in der evolutionsgeschichte irgendwann gescheitert ist oder scheitern wird
    es geht um die verlangsamung der entropie.
    der mensch muss die entropie verlangsamen, nicht beschleunigen

  • Andreas

    Ich habe mir mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine den Aufruf für den „Ostermarsch Rhein Ruhr“ (www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2023/aufrufe/rhein-ruhr) angeschaut.
    Darin heißt es unter anderem:

 „Ein sofortiger Waffenstillstand ist notwendig. Die Bundesregierung und die Europäische Union müssen sich ernsthaft um Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen bemühen. Wir sagen Nein zur Lieferung von Panzern und anderen schweren Waffen, die den Krieg weiter eskalieren und verlängern“. 


    Ich wünsche mir von den Verfasser:innen des Aufrufs einfach mal ein wenig mehr konkrete Aussagen und Vorschläge für eine realistische Umsetzung ihrer Forderungen, statt allgemeiner Statements.

    

Was z.B. bedeutet ein „sofortiger Waffenstillstand“?

 Wer soll an den Waffenstillstandsverhandlungen beteiligt sein?


    Wer soll einen Waffenstillstand kontrollieren und gegebenenfalls auch Verstöße sanktionieren? UN-Truppen?

 In der Praxis wird ein Waffenstillstand oft zur Reorganisation der militärischen Strukturen inklusive Auffüllen der Munitionslager zur Fortsetzung des Krieges bedeuten, wenn ein Waffenstillstand endet bzw. eine Seite eine Chance sieht den Krieg durch die Neuorganisation zu „gewinnen“. Wie könnte dies verhindert und ggf. sanktioniert werden?

    

Was bedeutet für die Ostermarschteilnehmenden „Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen“?

    Verhandlungen ohne vorherigen Rückzug der russischen Truppen aus den seit 2014 besetzten bzw. annektierten Gebieten? Oder nur aus den seit 2022 besetzen. Ist das so oder ist etwas Anderes gemeint? Da wünsche ich mir eine eindeutige Aussage. Die Komplexität dazu ist übrigens gut in dem SWP-Dossier „Der Donbas-Konflikt“ von 2019 nachzulesen (www.swp-berlin.org/10.18449/2019S03/)

    

Was bedeutet „Nein zur Lieferung von Panzern und anderen schweren Waffen“?

    Bedeutet dies „Ja“ zur Lieferung von „leichten“ Waffen, wie Panzerabwehrraketen gegen russische Panzer und Minen, um einen Angriff von belarussischem Gebiet zu erschweren? Sind Luftabwehrsysteme zum Schutz vor russischen Drohnen- und Raketenangriffen, die die gesamte Ukraine treffen, schwere Waffen?

 Mit welcher Strategie könnten Friedensverhandlungen geführt werden, wenn die Ukraine militärisch geschwächt ist, weil sie keine (schweren) Waffen mehr bekommt?



    In dem Aufruf heißt es weiter: „Die Sanktionen gegen Russland haben den Charakter eines 
Wirtschaftskrieges angenommen und verstärken weltweit Hunger und soziale Ungleichheit“.

    Warum gibt es dann keine Forderungen nach einer Aufhebung der Sanktionen gegen Russland…oder nur mancher Sanktionen? Ich finde dazu keine Aussage in dem Aufruf.

    Das ist nur ein Teil der Fragen, zu denen die Ostermarschbewegung zumindest Hypothesen, Einschätzungen oder Ideen entwickeln und kommunizieren müsste, um ernst genommen zu werden.

    Es gibt durchaus Organisationen aus dem Bereich der zivilen Konfliktbearbeitung, die dies tun.
    Zum Beispiel die „Berghof Foundation for Conflict Transformation“, das Forum ZFD, das Leibnitz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, das „Institut für Interdisziplinäre Forschung“ der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft etc..

 Diese Institute haben Kompetenzen in der zivilen Konfliktbearbeitung und haben Einschätzungen zur Situation und zu den Perspektiven in der Ukraine und verzichten auf solche Plattitüden wie „Waffenstillstand statt Waffenlieferungen“.



    Ich habe den Eindruck, dass die Verfasser:innen des Aufrufs die Ukraine am liebsten kapitulieren sehen würden (am besten hätte sie direkt im Februar 2022 kapitulieren sollen) um einen Staat nach dem Vorbild Weißrusslands oder direkt russisches Annektionsgebiet zu werden nach dem Motto „So schlimm ist es im Donbas doch auch wieder nicht“. 


    Das kann man alles so sehen, aber ich wundere mich immer wieder, dass man dann darüber nicht mit den Menschen diskutiert, die aus der Ukraine z.B. nach Bochum geflohen sind. 

Das sind doch die Menschen, die aus dem Exil Einfluss auf die ukrainische Regierung nehmen könnten. Wenn man sie überzeugt, könnten diese doch evtl. die ukrainische Regierung zu Friedensverhandlungen zwingen, dazu Gebiete abzutreten oder ihre Männer und Söhne in der Ukraine dazu bringen, die Waffen niederzulegen. Ich verstehe nicht, warum das nicht geschieht, zumal es ja lt. Aufruf „um das Überleben der Menschheit“ geht.



    Aber vielleicht gibt es ja auch die These, dass die ukrainische Regierung gar keine eigenständige Regierung mit Einfluss, sondern nur eine Nato/EU/US-Marionettenregierung ist. Dazu würde die Aussage „In der Ukraine hat sich ein Stellvertreterkrieg entwickelt“ in dem Aufruf passen.
    Dann wäre der Einfluss der ukrainischen Menschen natürlich egal, weil alle Entscheidungen in Washington oder Brüssel getroffen würden. Dann müsste man das aber bitte schön auch so formulieren.

Dazu ein Text der „Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST)“:
ukrainekonflikt.fest-heidelberg.de/nicht-einfach-kalter-krieg-2-0-die-konfliktstruktur-hinter-dem-krieg-in-der-ukraine

    In dem Aufruf heißt es auch: „Für die Unterstützung der Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Russland und der Ukraine!“ 
Wie sieht das bei den Bochumer Ostermarschunterstützer:innen konkret aus?

    

In Bochum ist z.B. gerade ein junger Kriegsdienstverweigerer aus der Ukraine. Die beste Unterstützung für ihn ist derzeit, gemeinsam auf Rockkonzerte zu gehen und in Undergroundlocations abzuhängen. Aufenthalts- und sozialrechtlich ist alles geregelt. Wir suchen noch eine kleine Wohnung oder WG für ihn. Es geht für ihn um die Entwicklung von sozialen und beruflichen Perspektiven.


    Bei Personen aus der russischen Föderation, die sich dem Kriegsdienst entzogen haben (Es werden gerade auch Männer zwischen 40 und 50 eingezogen…zumindest in entlegenen, oft muslimisch geprägten Gegenden der russ. Föderation), gibt es ein juristisches Schutzproblem.

    Da vermisse ich ich in dem Ostermarschaufruf einen klaren Vorschlag, wie ihn z.B. Connection e.V. macht (you.wemove.eu/campaigns/russland-belarus-ukraine-schutz-und-asyl-fur-deserteure-und-verweigerer).

 Der Fluchtweg für „unseren“ KDVler war schwierig. Da könnten die Ostermarschunterstützer:innen etwas aufbauen, wenn sie sich die Unterstützung von Deserteuren auf die Fahne schreiben. Die Organisation von Fluchtrouten z. B. aus der Türkei durch Aktivist:innen gab es ja auch schon in den 90er Jahren.

    Und wie ist das Verhältnis zu den kommerziellen Anbietern, die z. B. in der größten Telegrammgruppe für Ukrainer:innen in Bochum ihre Dienste anbieten, Männer aus der Ukraine nach Deutschland zu bringen. Gibt es da Kontakte bzw. ist da eine Zusammenarbeit erwünscht?

    Versteht mich nicht falsch. Ich bin in vielen Fragen sehr ambivalent und finde es toll, wenn Menschen klare moralische Glaubenssysteme haben. Der Aufruf zum Ostermarsch mit seinen Forderungen ist mir aber viel zu allgemein, zu vereinfachend und an den politischen und militärischen Realitäten vorbei. Unabhängig davon, dass mich viele politische Analysen, auf denen die Forderungen der Ostermarschunterstützer:innen beruhen, nicht überzeugen, fehlt mir bei ihnen die soziale Praxis, die über einige Demoteilnahmen und die Produktion von Papier hinausgeht.



    Wer sich die Plakate auf der rechten „Friedensdemo“ am 26.3. in Hattingen angesehen hat, wird in den meisten Fällen keinen Unterschied zu den Parolen des Ostermarsches entdecken. „Frieden schaffen ohne Waffen“, „Abrüstung statt Aufrüstung“, „Kein Waffenexport in Kriegsgebiete“, „Waffenstillstand statt Waffenlieferungen“, „Aufrüstung stoppen“ etc. waren auch dort massenhaft vertreten.
    Da reichen auch nicht die beiden Sätze in dem Aufruf gegen rechte Ideologien…zumal sich die jetzt als Friedensbewegung gebenden Faschos und Querdenker:innen sich voller eigener Ãœberzeugung nicht als rechts sehen, sondern gegen sie protestierende Menschen als Faschisten und Nazis beschimpfen. Da müssen schon mehr konkrete Inhalte her.

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