Hallo, ich bin Brigitte Giese,
ich stehe hier für das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung.
Es geht uns heute um „Klimagerechtigkeit“ , also darum, dass Menschen endlich mehr zählen als kurzfristige Profite einzelner. Die Frage nach Klimagerechtigkeit stellt sich immer, wenn Investoren auf der grünen Wiese bauen wollen. Welcher Stellenwert wird dem Klima bei Bauvorhaben auf Grün- und Freiflächen in Bochum eingeräumt? Seit 2013 gibt es im Bochumer Rathaus eine Stabsstelle für Klimaschutz. Und 2019 hat der Rat den Klimanotstand für Bochum ausgerufen. Da sollten wir doch annehmen dürfen, dass Klimaschutz und Klimaanpassung bei kommunalen Maßnahmen ganz oben stehen.
Welchen Stellenwert das Klima bei der Abwägung in Bebauungsplanverfahren tatsächlich hat, will ich am Beispiel einer nahe der Ruhr geplanten Bebauung deutlich machen.
„Am Ruhrort“ in Dahlhausen will ein Investor auf einem Grabeland Doppel- und Reihenhäuser bauen.
Die ausgewählte Fläche hat Klimafunktion, weil hier Kaltluft entsteht. Mit der geplanten Bebauung entfällt diese Funktion.
Zudem liegt das Grabeland in einem hochwassergefährdeten Bereich. Bei Versagen von Hochwasserschutzeinrichtungen droht eine Überflutung. Deshalb soll die Fläche um ca. 2,00 m angeschüttet werden. Darauf soll dann gebaut werden.
Aber welche Auswirkungen hätte das auf andere Grundstücke in Dahlhausen?
Um dies festzustellen, haben wir vom Netzwerk gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Grabeland Am Ruhrort“ immer schon ein hydrologisches Gutachtens gefordert. Dies hat die Verwaltung aber abgelehnt – wie auch bereits zuvor ein Klimagutachten, das die Klimastabsstelle vorher empfohlen hatte. Aber deren Bedenken sind im Bebauungsplanverfahren ohnehin nicht behandelt worden – weder im Umweltbericht noch bei der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter. Ja – die Stellungnahme der Stabsstelle war nicht einmal in der Liste der Stellungnahmen aufgeführt. Wir mussten sie erst aus Hunderten von Seiten heraussuchen.
Das Netzwerk sah sich in der Annahme bestätigt, dass Bochum dem Wohnungsbau immer und grundsätzlich Vorrang vor dem Klimaschutz einräumt – und das auch noch, als bereits der Klimanotstand ausgerufen war.
Welche Gefahren für Dahlhausen bestehen, war dann bei dem Hochwasser und
Starkregen im Juli letzten Jahres vor Ort zu sehen. Zahlreiche Grundstücke einschließlich des Grabelandes und die Straße „Am Ruhrort“ selbst standen unter Wasser. Die Kanalisation konnte die anfallenden Abflüsse nicht ableiten. Bei weiter steigendem Hochwasser hätten mehr als 2.000 Menschen evakuiert werden müssen.
Dabei erwies sich das Grabeland noch als natürliches Regenrückhaltebecken, das einen
Teil der Wassermassen aufnehmen konnte. Was geschieht mit dem Wasser, das nach Bebauung dort nicht mehr zurückgehalten werden kann? Wie soll dies vom vorhandenen Kanalnetz noch aufgenommen werden?
Stadt Bochum und Investor halten dennoch weiterhin an ihren Plänen zur Grabeland-Bebauung fest. Angesichts der Überflutungen sah sich die Stadt Bochum dann aber doch veranlasst, eine wasserwirtschaftliche Untersuchung in Auftrag zu geben. Ob schon Ergebnisse vorliegen, wissen wir nicht.
Während im Ahrtal der Wiederaufbau von Häusern in Frage gestellt wird, will die Stadt Bochum einem Investor ein natürliches Regenrückhaltebecken zur Bebauung frei geben.
Wir fragen uns, warum wird eine Klimastabsstelle geschaffen, die Stellungnahmen erarbeitet und Klimagutachten anregt, wenn letztendlich den Bauinteressen der Investoren regelmäßig Vorrang gegenüber dem Klima eingeräumt wird.
Nach
– Ausrufung des Klimanotstands in 2019,
– der Forderung des Bundesverfassungsgerichts Anfang 2021 nach Klimaschutz
für kommende Generationen sowie der
– Hochwasser- und Starkregenerfahrungen im letzten Jahr und der
– Sommerhitze in diesem Jahr
ist es nun auch in Bochum an der Zeit, dem Klima endlich den ihm zustehenden Stellenwert einzuräumen.
Schade dass im Rathaus bereits die Lichter aus sind und dort keiner mehr zuhören konnte.
Lasst uns weiter laut und lästig sein!
Vielen Dank!