Mittwoch 31.08.22, 13:06 Uhr
Sozialberatung Ruhr e.V. :

Kommentar zur geplanten Gasumlage 1


Die Sozialberatung Ruhr stellt wichtige Fragen :
»Wer braucht eigentlich die Gasumlage?

Das Bundeswirtschaftsministerium hat verkündet, vertreten durch den Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne/Bündnis 90), dass es erforderlich sei, eine sog. Gasumlage zu erheben. Dies sei erforderlich, um einen Zusammenbruch der Energieversorgung im Hinblick auf Gas in Deutschland während des Winters sicherzustellen. Die Frage, die sich dann sofort stellt, ist ob eine solche Gasumlage rechtlich, ökonomisch und politisch sinnvoll ist.

Ob eine solche Gasumlage verfassungsrechtlich unangreifbar ist wird in der juristischen Fachdebatte sehr kontrovers diskutiert. Soweit ersichtlich ist im Wesentlichen nur das Wirtschaftsministerium der Auffassung, die Gasumlage sei verfassungsrechtlich akzeptabel. Wir gehen davon aus, dass wie immer bei solchen Projekten diese Frage letztendlich beim Bundesverfassungsgericht landen wird wenn nicht sogar hier EU-Recht betroffen ist.


Die weitere Frage ist, ob die Gasumlage ökonomisch sinnvoll ist. Nach Angaben des Herrn Ministers Habeck ist die Gasumlage erforderlich, um einen Kollaps der Gasversorgung im kommenden Winter zu verhindern. Mit Hilfe dieser Gasumlage soll die Differenz zwischen dem günstigen Preis des russischen Gases und dem Weltmarktpreis abgedeckt werden. Dass diese Argumentation nicht zutreffend sein kann ergibt sich bereits daraus, dass die jeweiligen Gasversorger die Preise ab dem 01.10.2022 völlig unabhängig von irgendwelchen vertraglichen Bindungen an ihre eigenen Kosten anpassen dürfen. Im Klartext heißt das: Die jeweiligen Gasversorger der Endkunden, sei es nun Industrie oder Privatverbraucher, werden ihre Gaspreise deutlich erhöhen und haben das z. T. bereits getan bzw. angekündigt. Warum hier on top noch einmal etwas draufgelegt werden soll ist so erst einmal nicht nachvollziehbar, da es ein völlig normaler Vorgang ist, dass wenn die Lieferantenpreise steigen der Kaufmann seine Preise ebenfalls anhebt. Von denjenigen Gashändlern, die sich angemeldet haben, um in den Genuss dieser Gasumlage zu kommen, sind die meisten gut verdienend bzw. Töchter von gut verdienenden Unternehmen. Hier stechen zwei allerdings heraus, dies ist zum einen Uniper und zum anderen die Nachfolgegesellschaft für Gazprom Germania.

Was die Firma Uniper angeht, so ist sie eine Abspaltung des Konzerns EON, der alle seine schlechten Risiken damals in eine neu gegründete Gesellschaft mit Namen Uniper verlagert hat. Das Bundeskartellamt hatte einer solchen Verlagerung widersprochen und die kartellrechtliche Genehmigung verweigert. Daraufhin wurden unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung die Bedenken des Kartellamts beiseite geschoben und im Wege des Ministererlasses die Genehmigung für die Konstruktion von Uniper erteilt. Insofern muss die jetzige aktuelle Regierung ausbaden was die damalige rot-grüne Regierung verbockt hat. Da sie das aber nicht selber ausbaden will legt sie das im Wege der Gasumlage auf die Kunden um. So kann man eigene Fehler anderen an die Hacken binden. Gesetzt den Fall, man würde die Gasumlage nicht machen und Uniper würde in Konkurs gehen, stellen sich doch ein paar andere Fragen, nämlich z. B. zunächst einmal: Hat Uniper feste Lieferverträge mit Gazprom aus Russland und sollte dies der Fall sein, warum kann Uniper keinen Schadensersatzanspruch gegenüber Gazprom Russland geltend machen, wenn diese ihre Lieferverpflichtungen nicht erfüllen? Sollte Uniper jedoch keine Verträge mit Gazprom abgeschlossen haben in der Hoffnung, dass der Gaspreis sich in Folge des Ukrainekrieges vermindert (Rückgang der Industrieproduktion), ist dies ein Managementfehler, der aber nicht durch öffentliche Gelder korrigiert werden darf. Unabhängig hiervon würde ein Konkursverwalter versuchen, die Geschäfte von Uniper weiter zu führen soweit dies möglich und erforderlich ist. In keinem Fall würde es dazu führen, dass der deutsche Gasmarkt zusammenbricht. Nichts anderes gilt im Kern auch für Germania Deutschland, egal wie man die neue Gesellschaft nun benennt.

Ökonomisch ist diese Gasumlage insofern völlig verfehlt und die seitens des Ministers vorgetragene Begründung ist überhaupt nicht stichhaltig. Es würde keinen Zusammenbruch des Gasmarktes geben.

Letztendlich stellt sich die Frage, ob denn wenigstens politisch eine Gasumlage sinnvoll ist. Die Beantwortung dieser Frage liegt eigentlich auf der Hand, denn natürlich werden viele Gasnutzer sich sehr darüber ärgern, den Empfehlungen der Energieberater gefolgt zu sein und ihre Häuser usw. mit Gasheizungen ausgestattet zu haben. Lange Zeit galt Erdgas als probates Mittel für die Beheizung von Häusern, aber auch in der Industrieproduktion. Gas war vielseitig, preisgünstig zu haben und von hoher Liefersicherheit. Gaskraftwerke emittieren weniger CO2 als z. B. Kohlekraftwerke und auch unter dem Gesichtspunkt, dass Gaskraftwerke in der Lage sind, Spitzenbelastungen abzufedern macht sie sehr universell einsetzbar. Diese Argumente gelten zwar heute noch, aber es ist klar, dass Gaskraftwerke Gas brauchen und wenn kein Gas geliefert wird wird eben auch kein Gaskraftwerk funktionieren können. Dass aktuell mehr elektrischer Strom aus Gaskraftwerken produziert wird als z. B. 2021 und das vor dem Hintergrund, dass alle aufgefordert sind, Gas zu sparen, soll nur am Rande erwähnt werden. Die von einigen Politikern geforderte Weiterbetreibung und Renaissance der Kernenergie ist gerade der Grund, warum auf dem europäischen Gesamtmarkt diese Gaskraftwerke laufen sollen, denn Frankreich mit seinen vielen Kernkraftwerken benötigt diesen Strom aus den Gaskraftwerken. Es ist politisch nur sehr schwer zu vermitteln, dass hier in Deutschland die Menschen und die Industrie Gas sparen sollen und zugleich mehr Gas aus den Gasspeichern entnommen wird als z. B. 2021, wo es keine Einschränkungen gab. Das Ganze dann noch mit einem Aufschlag für die Gaskunden zu belasten, die der Käufer des aus Gas gewonnenen Stroms nicht zahlen muss, ist politisch nicht mehr zu vermitteln.

Im Ergebnis zeigt sich: Die Gasumlage ist eine der vielen politischen Fehler, die die Ampelregierung in nur einem Jahr hinbekommen hat. Dass sie dabei die Folgen ihrer rot-grünen Vorgängerregierung mit ausbügeln muss, passt ins Gesamtbild. Die Politik ist aufgefordert, die Gasumlage ersatzlos zu streichen. «

Sozialberatung Ruhr e. V. , Am Bergbaumuseum 37 44791 Bochum ,

www.sb-ruhr.jimdo.com

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Ein Gedanke zu “Kommentar zur geplanten Gasumlage

  • wms

    Zusatz: Wenn überhaupt aus „nationalem Interesse“ Uniper etc. mit Milliarden Unterstützung „gerettet“ werden müssen, dann sollte das auch „national“ also aus Steuergeldern erfolgen und nicht mit einer weiteren Belastung der Gaskunden, die auf die Art der Energieversorgung ihrer Mietwohnung keinen Einfluß haben und eh schon schwer belastet werden.
    Hypo Real Estate und konsorten wurden auch mit Staatsknete „gerettet“.

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