Freitag 01.04.22, 21:00 Uhr
Jürgen Dassow vom Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung auf der Raddemo vor der Ratssitzung am 1.4.2022

Rede am 1. April


Liebe Kinder,

ich erzähle euch jetzt eine Geschichte. Stellt Euch bitte einmal vor, ein Bochumer Mensch ist der folgenden Ansicht: „In Bochum gibt es zu wenig Wohnungen und ich habe das Gefühl der Rat macht da nix. Ich starte mal ein Bürgerbegehren!“

Der Mensch guckt sich den §26 der Gemeindeordnung an und beantragt ein Bürgerbegehren, teilt dieses in Textform der Verwaltung mit, formuliert eine Frage, die eindeutig entweder mit ja oder nein zu beantworten ist, reicht diese mit Begründung in Textform ein und findet zwei weitere mitunterzeichnende Menschen. Die Verwaltung macht gewissenhaft eine Kostenschätzung und der Mensch druckt das auf die Seite mit den zu sammelnden Unterschriften. Und auf dieser Seite steht die Frage:

„Sollen in Bochum jährlich 800 Wohnungen gebaut werden – ja oder nein?“

Der Mensch präzisiert die Frage „es sollten Sozialwohnungen und Eigenheime sein, aber jeweils mit nur einem Stellplatz.“

Und tatsächlich! Es gelingt: 17000 unterzeichnen mit „Ja“! Die Unterschriften werden unserem Chef übergeben, der guckt sich das an und grübelt.

„Sag mal, Markus, kriegen wir das hin?“ „Überleg doch mal, Thomas, so viele vorgenutzte Flächen haben wir gar nicht dafür. Da müssten wir ja aus Ackerland Wohnbauland machen und vielleicht sogar Bäume fällen! Da lassen wir mal lieber einen Gutachter ran, bevor wir uns inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzen.“ „Gute Idee, Markus! So machen wir das! Ich glaube, einer meiner Leute kennt sogar einen guten Gutachter!“

Gesagt getan, der gute Gutachter gutachtet und stellt fest: Der Bürgerentscheid ist unzulässig! Die Frage sei viel zu unpräzise, denn es wird ja gar nicht angegeben, wie groß der prozentuale Anteil der Eigenheime und wie groß der prozentuale Anteil der Sozialwohnungen sein soll. Die Bürger/-innen können ja gar nicht erkennen was sie da genau unterschreiben. Und die Sache mit den Stellplätzen – das ist ja ein ganz anderes Thema!

Da freuen sich Thomas und Markus, dass sie sich inhaltlich nicht mit dem Thema befassen müssen, sie lassen den Rat den Bürgerentscheid für unzulässig erklären und haben somit einen wichtigen Beitrag zur Rettung des Klimas in Bochum geleistet!

… und wenn sie nicht gestorben sind, dann retten sie noch heute. Und jetzt liebe Kinder schlaft schön ein und träumt weiter! Gute Nacht!

…und die Moral von der Geschicht‘?
Bekommt ein Bürger, was er will?
Denkt mal scharf nach! April, April!