Freitag 01.04.22, 20:39 Uhr
Pe Sturm vom Bochumer Radentscheid auf der Raddemo vor der Ratssitzung am 1.4.2022

Die Bochumer Politik bewegt sich weiterhin nicht freiwillig


Umweltzone Bochum und deren Kontrolle

Insgesamt wurden laut Umweltbundesamt im Jahr 2016 die gesetzlichen Grenzwerte für NO2 (Stickstoffdioxid) in 90 Städten überschritten. Gegen Bochum wurde eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) eingeleitet: Bochum (50 μg/m3). Mikrogramm

2019
Das oberste Verwaltungsgericht in NRW hatte deutlich gemacht, dass der Grenzwert von 40 µg NO2/m3 (Stickstoffdioxid) als geltendes Recht zu beachten ist. Es soll dem Gesundheitsschutz dienen.

2020
Deutschen Umwelthilfe schließt gerichtliche Vergleiche, setzt saubere Luft u.a. in Bochum durch und bringt Verkehrswende voran –


Umfassende Maßnahmenpakete für die Zurückdrängung von Pkws aus den Städten und den Ausbau und die Vergünstigung von Bahn, Bus und Tram, erhebliche Verbesserungen für den Radverkehr und Nachrüstung schmutziger Diesel-Busse und Kommunalfahrzeuge.
Laut WAZ Zitat vom 28.2.2020 würde die Stadt Bochum aufgrund des Vergleiches mit der Deutschen Umwelthilfe 37km zusätzliche Radwege bis 2022 auf den Weg bringen.
Über diese Aussage stolperte ich und fragte bei der Deutschen Umwelthilfe nach. Die Antworten kamen prompt: „Für eine Kontrolle der Maßnahmenumsetzung sind wir tatsächlich auf Hinweise aus der Zivilgesellschaft angewiesen, vor allem bzgl. der Frage welche Maßnahmen NICHT oder nicht in der entsprechenden Zeit oder Qualität umgesetzt werden.“ […]
„In Bochum waren die Verhandlungen besonders zäh und die Stadt hat wie kaum eine andere in NRW jegliche Maßnahme abgelehnt, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausging.“

Die Stadt Bochum reagiert sehr unterschiedlich auf die Aufgaben, die durch den Vergleich an sie herangetragen worden sind. Zur Erinnerung: 1999 gab es bereits ein Radwegekonzept, das sogar vom Rat der Stadt Bochum beschlossen wurde. Darin enthalten war der Umbau der Alleestraße, die bis 2004 fertig gestellt werden sollte. Nun gibt es eine Neuauflage und angeblich rollt dort der Radverkehr bis 2024 auf eigenen Wegen.

Die wegweisende Beschilderung für den Radverkehr im gesamten Stadtgebiet mit etwa 2000 Schildern war keine freiwillige Leistung von Politik oder Verwaltung. Es war Teil des Vergleiches.
In letzter Zeit wurden 100 Anlehnbügel und 185 neue Fahrradboxen aufgestellt. Haben wir auch der Deutschen Umwelthilfe zu verdanken.

Von den 37 km neuer Fahrradinfrastruktur (Straßenkilometer) sind wir weit entfernt. Stückwerk bestimmt das Bild weiterhin: der sogenannte Grüne Rahmen, der als erstes Teilstück des RS1 umgewidmet und dann gefeiert wurde, hat eine Länge von 600 m, drei Fahrradstraßen wurden installiert, die überwiegend dem Freizeitverkehr dienen (3,7km), Markstraße gestückelt (2,4km), Bahnhofstraße (350 m), Hattingerstraße im Bau (angeblich 970 m nach Fertigstellung), Königsallee in Planung, Universitätsstraße vom Südring bis zu Oskar Hoffmann Straße ca. 500 m und dann eine geschützte Bikelane für ein paar 100 m, die teilweise katastrophal endet, Auf der Heide und Engelsburgerstraße ergänzen das Bild mit 2-3 km extra.
Was auffällt ist die Tatsache, dass bislang nur dort gebaut wird, wo so gut wie keine Parkplätze weichen müssen.

Je nach Sichtweise sind in den letzten zwei Jahren etwa 12,5 km neue Radwege gebaut worden bzw. befinden sich noch im Bau (Beispiel Hattingerstraße).

Es fehlen somit noch mindestens 25 Straßenkilometer, die nach der neuen Sprachweise von SPD, Die Grünen, FDP und der CDU mit 50 km gleichgesetzt werden.

Heute gibt es einen Dringlichkeitsantrag dieser vier Parteien in dem 20 Radwege Kilometer geplant bzw. ausgebaut werden.
Um es auf den Punkt zu bringen: aus meiner Sicht wird nur das umgesetzt, was die Deutsche Umwelthilfe auf dem Klageweg mit dem Vergleich erreicht hat.
In dem Dringlichkeitsantrag gibt es keinen Zeitrahmen.
Wenn da von jährlich gesprochen wird, dann kann dies nur bis zur nächsten Kommunalwahl gelten und der Dringlichkeitsantrag wäre erfüllt.

Die Bochumer Politik bewegt sich weiterhin nicht freiwillig. Macht nur das, wozu sie juristisch gezwungen wird und verkauft es nach außen völlig anders.

Noch ein Nachtrag zum Kuschelkurs der Grünen in den letzten Tagen. Habe mir gestern auf YouTube das Interview mit ihrem Mobilitätshäuptling Dittert angeschaut. Er lobt den grandiosen Radentscheid, der mit seiner Hilfe kastriert wurde.
Die Verhandlungsgruppe des Radentscheids war mutig und hat nein gesagt zu den faulen Vorschlägen, den sogenannten Kompromissen der SPD. Die Grünen verstecken sich seit 23 Jahren hinter ihrem Koalitionspartner und sind nicht zu sehen.

Vor Jahren schrieb der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Jürgen Resch: „Dass die Durchsetzung geltenden Rechts auf dem Klageweg erst durch einen gemeinnützigen Umweltschutzverband passieren muss, ist ein Institutionen- und Demokratieversagen erster Güte.
Die Politik hat bisher vor der Automobilindustrie kapituliert und opfert ihr den Umwelt- und Verbraucherschutz sowie die Gesundheit der Bürger. Es ist hochnotpeinlich, dass deutsche Regierungspolitiker von Verwaltungsrichtern daran erinnert werden müssen, dass der Schutz der Gesundheit höchsten Verfassungsrang genießt.“ 

Zur Erinnerung!

Seit 1999 sind diese Grünen in der politischen Verantwortung in der Stadt Bochum. Zwei Fragen habe ich an Euch:

  1. Warum kooperierte die Stadt Bochum 2019 nicht mit der Deutschen Umwelthilfe, sondern stellte sich quer? Zitat: „akzeptierte nur gesetzliche Mindestanforderungen“
  2. Warum wurde das Radverkehrskonzept von 1999 nicht umgesetzt?

Erfüllt endlich Euren Wahlauftrag.
Wir wollen nicht Euer Lob hören.
Wir messen Euch in Zukunft nur noch an Euren Taten, an den Ergebnissen, die befahrbar sind.

Glück auf