Mittwoch 30.03.22, 13:24 Uhr
Linksfraktion fordert Aufklärung zu Berichten

Leistungskürzungen des Jobcenters bei Betriebskostenabrechnungen 7


Die Linksfraktion im Rat hat Meldungen über Leistungskürzungen des Jobcenters aufgrund fehlender Betriebskostenabrechnung zum Anlass für eine Anfrage genommen: »Dass es zu solchen Minderungen des leistungsrechtlichen Bedarfs gekommen ist, kann das Jobcenter auf Anfrage weder bestätigen, noch ausschließen. Zur Kürzung dürfte es bei Befolgung der selbst gesteckten Verfahrensabläufe eigentlich nicht kommen. Das ist das Ergebnis einer Anfrage der Bochumer Linksfraktion im Rat.

„Sozialdezernentin Britta Anger muss zeitnah für Aufklärung sorgen, ob es beim Jobcenter zu unrechtmäßigen Leistungskürzungen aufgrund von angeblich fehlenden Betriebskostenabrechnungen gekommen ist“, erklärt Gültaze Aksevi, Fraktionsvorsitzende der Bochumer LINKEN im Rat. „Wenn eine Prüfung das bestätigt, müssen die Kürzungen sofort zurückgenommen werden. Es muss sichergestellt werden, dass die selbst gesteckten Verfahrensabläufe des Jobcenters bei der Vorlage von Betriebskostenabrechnungen jederzeit eingehalten werden. Dann kann es auch zu keinen Fehlern kommen.“

So orientiert sich das Jobcenter bei der Vorlage der aktuellen Jahresabrechnung der Betriebskosten an dem Zeitpunkt der Vorjahre, da viele Vermieter in „festen und wiederkehrenden Rhythmen“ abrechnen. Das Jobcenter gibt in der Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion zudem an, dass es „regelmäßig“ die Bitte gibt, das Fehlen der Betriebskostenabrechnungen bei vorheriger Aufforderung zur Vorlage anzuzeigen. „Es kann nicht sein, dass die Leistungsbeziehenden aktiv auf eine viel zu früh erfolgte Bitte um Vorlage von Betriebskostenabrechnungen reagieren müssen. Dass in Wattenscheid Berichten zufolge sogar Briefe des Vermieters nicht ausgereicht haben sollen, um das Fehlen der Betriebskostenabrechnungen zu belegen, gilt es aufzuarbeiten. Es ist zu überprüfen, ob nicht besser über die Notwendigkeit eines Einspruchs gegen die verfrühte Vorlage von Betriebskostenabrechnungen informiert werden muss und dieser generell zu erleichtern ist“, so Aksevi weiter.«

Die Antwort der Verwaltung


7 Gedanken zu “Leistungskürzungen des Jobcenters bei Betriebskostenabrechnungen

  • Der letzte Hippie

    Das Jobcenter zahlt z.B. keine Betriebskostennachzahlungen wenn der Abrechnungszeitraum länger als ein Jahr vergangen ist. Das bedeutet, erstellt und verschickt der Vermieter die Abrechnung zu spät, verweigert das Jobcenter mit der Begründung die Zahlung: Der Abrechnungszeitraum ist zu lange her. Auch das ist eine merkwürdige Abrechnungspraxis und führt dazu das der Jobcenterkunde*in versucht die Betriebskostenabrechnung schnellst möglich vom Vermieter*in anzufordern und an das Jobcenter weiterzureichen. Ziel erreicht, schnelle Berechnung des Jobcenters möglich. Das Jobcenter muss dadurch nicht mehr so häufig „alte“ Akten in die Hand nehmen. Es geht also auch um das wirtschaftliche Arbeiten des Jobcenters. Was aber ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten am Jobcenter sinnvoll. Das Jobcenter kann keinen Profit erwirtschaften und letztlich nur Geld über Kürzungen einsparen.

    • artur, du fragst mich, wie soll ich leben? lebe wild und gefährlch

      ich arbeite ca. 1 jahr für einen privaten bildungsträger der maßnahmen für hartz4-bezieher*innen durchführte. häufig sahen wir uns als mitarbeiter*innen zusammen mit den betroffenen die bescheide über leistungen an. oft stimmten die berechnungen der betriebskosten durch die behörde nicht, es gab mathematische fehler in den bescheiden. deswegen ist es wichtig sich die mühe zu geben und die berechnung genau unter die lupe zu nehmen, dazu sind sichere kenntnisse der grundrechnenarten und der prozentrechnung eine basisvoraussetzung, ebenso wie das auslesen aller relevanten daten aus der jeweiligen abrechnung und dem dazu erfolgten bescheid der behörde. nicht nur menschen mit beeinträchtigungen wie z.B. dyskalkulie (nach schätzungen möglicherw. 8% d. bevölkerung) oder strukturelle analphabet*innen (ähnl. hohe schätzungen) oder behinderungen können an dieser aufgabenstellung scheitern. die kostenlosen oder günstigen beratungsmöglichkeiten für transferleistungsbeziehende sind in den vergangenen jahren deutlich ausgedünnt worden.
      warum gibt sich unsere gesellschaft die mühe das ökonomische elend der anderen zu verwalten (?), über 70.000 mitarbeitende in der brd in jobcentern und bundesarbeitsargenturen, x-sozialgerichte die sich mit widersprüchen beschäftigen. diese verwaltung und sozialgerichtsbarkeit könnte ganz stark eingedampft werden wenn das sog. würgergeld eingeführt werden würde. und das ganze in angemessener höhe. die derzeitige bundesregierung schiebt diese veränderung vor sich her, später dann … . die erste große tat nach amtsantritt des aktuellen wirtschaftsministers war die ankündigung von 30 milliarden steuererleichterungen für die „leistungstragenden“ in der gesellschaft, ein geschenk an die wohlhabenden und reichen. im grunde sind von der bundeseregierung nur initiativen zu erwarten wenn damit profit und teilhabe der wohlstandsschichten generiert werden kann.

    • Aichard Hoffmann, Mieterverein Bochum

      Vermieter sind verpflichtet, Betriebskostenabrechnungen spätestens ein Jahr nach Ende der Abrechnungsperiode vorzulegen. Entspricht die Abrechnungsperiode dem Kalenderjahr, endet die Frist also am 31. 12. um 23:59 Uhr. Kommt die Abrechnung auch nur eine Minute später, müssen Mieter:innen keine Nachzahlungen mehr leisten (haben aber noch Anrecht auf Auszahlung eines evt. Guthabens). Wenn aber die Kund:innen keine Nachzahlung mehr leisten müssen, ist es logisch, dass das Jobcenter auch keine mehr übernimmt, oder? Oder möchten wir, das Steuergelder in Vermietertaschen fließen, auf die diese gar kein Anrecht mehr haben?
      Bei komplizierteren mietrechtlichen Streitigkeiten übernimmt das Jobcenter übrigens den Mitgliedsbeitrag für den Mieterverein.

      • Mörderisch, das Leben in der "Fristengesellschaft" ;-)

        Danke für die Info zur Übernahme der Mitgliedschaftskosten im Mietverein durch das Jobcenter.
        Muss ich zu Beginn einer Mietstreitigkeit bereits Mitglied im gen. Verein sein um eine Beratung zu beanspruchen,
        oder ist ein Eintritt auch nach Beginn der Streitigkeit möglich ?
        Na ja, im Zweifel wahrscheinlich die Vereinstatuten vor Eintritt lesen.

        • Aichard Hoffmann

          Der Mieterverein tritt auch in bereits laufende Fälle ein. Die Rechtschutzversicherung, die optional angeboten wird, hat allerdings – wie alle anderen RSV auch – drei Monate Wartefrist. Will man auf Job-Center-Ticket Mitglied werden, muss man eine entsprechende Bescheinigung des JC haben.

          • Nichts neues im Westen

            Hallo Aichard Hoffmann, Danke f. d. weiteren Infos.
            Nun wäre es mir fast schon peinlich nach dem Mitgliedsbeitrag zu fragen, kann jede*r nachlesen.
            Sie merken es, ich bin genauso wie alle Anderen ein Kind des Kapitalismus, alles auch in kapitalistischer Manier durchdacht.
            Im Grunde wäre es schön wenn die Beziehenden von staatl. Transferleistungen sich als Gruppe organisieren und versuchen politisch Einfluss zu nehmen, damit sich die ökonomische Situation für alle Beziehenden verbessert. Beim derzeitigen „Selbstorganisierungsgrad“ dieser Menschengruppe ein irgendwie fromm naiv anmutender Wunsch.
            Momentanes Kernstück der ökonomischen Normalisierung ist das „Bürgergeld“, viele teilen die Vorstellung einer Einführung. Aufgrund zahlreicher anderer wirkungsmächtiger Geschehnisse, Krieg, Pandemie und Klima, ist die Forderung jedoch in den alleruntersten Schubkasten gerutscht, später dann … .
            Statt dessen wird ja nicht nur dieser Teil der Bevölkerung, Leistungsbeziehende, z.B. mit massiv steigenden Energiepreisen gequält. Trotz des Ukrainekrieges ist kein m3 Erdgas weniger durch die Transferleitung Russland via Ukraine nach Westeuropa geflossen. Das Gas wird weiterhin geliefert, die Bundeserepublik „schuldet“ dem Russ. Versorger jetzt Anfang April22 etwa 300 Mill. Euro für Gaslieferungen. Dieses Geld befindet sich auf Europäischen Konten. Ganz schlichte Menschen behaupten docht tatsächlich, die stark gestiegenen Energiepreise sind eine Folge von Spekulationen und Banken- u. Konzerngewinnen dadurch. In der Öffentlichkeit wird uns suggeriert, dass sei ja auch alles für einen guten Zweck, ökologischer und nachhaltiger Wandel des Energiesektors und so, dafür braucht es jede Menge Göld. In der Praxis ist aber kaum eine Veränderung erkennbar, viel Greenwashing – wenig Taten, das Geld wandert in die Rendite der Banken und Konzerne, diese Renditen steigen aktuell.

  • Geringste Ankündungen werden zurück genommen

    Die Ampelkoalition besteht weiterhin auf Sanktionen im Hartz-IV-Armutsregime
    Die stillen Sanktionen
    Die Bundesregierung nimmt noch die geringsten Ankündigungen aus dem eigenen Koalitionsvertrag zurück, die Lebensbedingungen von Hartz-IV-Empfängern zu verbessern.
    jungle world – 31.03.2022
    https://jungle.world/artikel/2022/13/die-stillen-sanktionen

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