Samstag 05.06.21, 17:35 Uhr

Inside PopUpRadweg


Pe Sturm

Pe Sturm, der Versammlungsleiter der beiden PopUpRadweg-Demonstrationen auf der Alleestraße im Mai und in dieser Woche hat einen Bericht – „fast ein Erlebnisaufsatz“ – über die Organisation der beiden Aktionen verfasst: »PopUpRadwege sind in Bochum eine ganz spezielle Philosophie, die von den Protagonist:innen verstanden werden muss, damit sie von den Ahnungslosen als das genutzt werden können, was sie sind: Abgesperrte Wege für Radfahrende, um sich dort sicher zu fühlen.
Klingt einfach. Ist jedoch von der Theorie in die Praxis nicht von allen Mitspieler:innen leicht umzusetzen.

In der Umsetzung haben wir als Randwende mittlerweile Routine. Zehn Helfer:innen sind vonnöten, um zwei Kundgebungsplätze einzurichten und etwa 1100 m PopUpRadwege innerhalb von 20 Minuten mit Pylonen auszustatten.

Aber die Theorie hat es in sich.

Zur Organisation des ersten PopUpRadweges benötigte ich drei Anläufe, um mithilfe der Bochumer Polizei den Antrag im Sinne des Versammlungsrechtes so zu stellen, dass er für einen PopUpRadweg stimmig war.
Für Uneingeweihte ist der Unterschied zwischen einem PopUpRadweg und einer Demonstration nicht erkennbar.
Bei der Anmeldung zum 16. Mai reagierte die zuständige Mitarbeiterin der Polizei als Fahrradfahrerin. Sie schaute sich mit dem Rad die Wegstrecke vor Ort an, machte sich schlau zum Thema PopupRadweg und schaffte es, Formulierungen für diese neue Form der Demonstration zu finden, die im Einklang mit dem Versammlungsrecht stehen.so dass wir als Radwende einen solchen Weg installieren konnten.
Weil dies meine erste offiziell angemeldete Demo war, und ich den Hang zum Perfektionismus habe, schaute ich mir die Straße an drei Sonntagen an, und kontrollierte die letzten vier Tage vor der Demo, ob die Verwaltung die absoluten Parkverbotsschilder auch aufgestellt hatte.
Im Vorfeld lief alles prima und die Polizei sorgte am 16. Mai dafür, dass ab 20 Minuten vor Veranstaltungsbeginn die rechte Fahrspur für uns komplett frei geparkt war.

Zur Organisation des zweiten PopUpRadweges lief auf der Verwaltungsebene einiges schief. Meine Ansprechperson bei der Polizei wechselte. Und die Bochumer Verwaltung war, mit der Order, Parkverbotsschilder aufzustellen, überfordert. Am 27. Mai 2021 ging das Schreiben an das betreffende Amt raus, aber niemand fühlte sich zuständig.
Ich nehme es auf meine Kappe, dass ich dies im Vorhinein nicht kontrolliert habe. Eine Stunde vor dem Start der Aktion rief ich die Polizei an und ab 13:24 Uhr konnten wir das Problem vor Ort diskutieren.

Der Kompromiss, der mit Hilfe der Polizei gefunden wurde, war für die Autofahrerinnen lehrreich. Sie wurden von einem Polizeifahrzeug ausgebremst und verhielten sich sehr korrekt auf der Strecke.

Zurück zur Philosophie. Ein Popup Radweg ist keine Demonstration im klassischen Sinne. Es ist kein Aufzug (Demo), keine Kundgebung, keine Mahnwache und auch kein Korso. Der Einsatzleiter der Polizei vor Ort ging davon aus, dass ausschließlich die Teilnehmer:innen der Kundgebung vom Rathausplatz zum Jahrhunderthaus fahren würden, um dann dort den Wendehammer zu benutzen, um dann an der Ampel links abzubiegen und wieder die Alleestr. in die Innenstadt zu radeln. Seine Frage lautete: „Was machen die Radfahrer, wenn sie unten am Jahrhunderthaus angelangt sind?“
„Keine Ahnung. Entweder sie fahren geradeaus Richtung Wattenscheid, oder sie biegen nach links ab, weil sie ins Ehrenfeld wollen oder sie fahren nach rechts in den Jahrhundert Park, um auf der Erzbahntrasse vielleicht bis zum Gelsenkirchener Zoo zu fahren“, war meine Auskunft.
Der gewissenhafte Einsatzleiter konkretisierte seinen Vorschlag: „Sie machen ihre Kundgebung und wir fahren mit einem Polizeiauto vorne weg, dann folgen sie mit ihren Fahrrädern und am Ende des Zuges setzt sich wieder ein Streifenwagen dahinter. Sie fahren vor, biegen rechts am Jahrhunderthaus ab, nutzen den Wendehammer und an der Ampel fahren sie wieder stadteinwärts.“
„Können wir so machen, erwiderte ich, das hat aber nichts mit dem zu tun, was in der Realität passieren wird.“
Er blieb skeptisch, ließ sich aber darauf ein, uns nicht wie bei einer Demonstration üblich, zu begleiten. Nach einer halben Stunde war er ein PopUpRadweg-Fan. Er versprach mir, einen 5-Zeiler zu schreiben, der den zukünftigen Einsatzleiter:innen auf polizei-deutsch erklärt, was ein PopUpRadweg eigentlich ist.

Ein großes Lob an die teilnehmenden Radfahrenden! Ich habe noch nie so eine vorbildliche Gruppe gesehen, die absolut vorschriftsmäßig vom Rathausplatz zur Alleestraße fuhr. Auch die Querungen über die Ampeln erfolgte auch noch nach Stunden schiebend. Danke dafür.

Warum PopUpRadwege immer nur so 2-3 Stunden?
Wir könnten Sondernutzungsrecht bei der Stadt Bochum beantragen, was ich auch bereits schon durchgeführt habe. Das Ergebnis: zum einen müssten wir 2.500 € an Kosten tragen und zum anderen hat uns der Krisenstab der Bochumer Verwaltung dieses Sondernutzungsrecht verwehrt, weil es in Corona-Zeiten zu gefährlich ist.
Wer hierzu mehr wissen will, was ich darüber denke, darf sich gerne noch meine Reden durchlesen.«

Rede vom 3. Juni 2021
Rede vom 16. Mai 2021