Der Flüchtlingsrat NRW schreibt anläßlich der Wiederaufnahme von Sammelabschiebungen nach Afghanistan in seiner heutigen Pressemitteilung: „Seit Dezember 2020 sind die monatlichen Sammelabschiebungen nach Afghanistan, die aufgrund der COVID-19-Pandemie seit März 2020 ausgesetzt gewesen waren, wieder aufgenommen worden. Mit Urteil vom 17.12.2020 hat der VGH Baden-Württemberg, wie zuvor bereits am 22.09.2020 das OVG Bremen, entschieden, dass angesichts der gravierenden Verschlechterung der humanitären Lage in Afghanistan durch die COVID-19-Pandemie Abschiebungen selbst von erwachsenen, gesunden Männern nicht vertretbar sind.
Auch gesunde Männer seien dort voraussichtlich nicht in der Lage, auf legale Weise ihre elementarsten Grundbedürfnisse befriedigen zu können. Abschiebungen könnten nach Auffassung des Gerichts allenfalls vertretbar sein, wenn Betroffene über ein „tragfähiges und erreichbares familiäres oder soziales Netzwerk“ oder „über ausreichendes Vermögen“ verfügten bzw. „nachhaltige finanzielle oder materielle Unterstützung durch Dritte“ erfahren würden.
Am 31. Januar 2021 hat das Auswärtige Amt Afghanistan als Gebiet mit besonders hohem Infektionsrisiko (Hochinzidenzgebiet) ausgewiesen und als Konsequenz seine Reise- und Sicherheitswarnungen noch weiter verschärft, da Afghanistan von COVID-19 besonders stark betroffen sei und das Gesundheitssystem den Belastungen nicht standhalte.
Laut Informationen aus einer Pressemitteilung von Ulla Jelpke vom 03.02.2021 soll dennoch am Dienstag, 09.02.2021, der nächste Sammelcharter vom Münchener Flughafen aus starten. Auch NRW will sich weiterhin an den Abschiebungen von „Straftätern und Gefährdern“ nach Afghanistan beteiligen. Unter anderem soll morgen ein junger Afghane abgeschoben werden, der nie in Afghanistan gelebt hat, dessen Familie seit langem in Deutschland lebt und der entsprechend kein familiäres Netzwerk in Afghanistan vorfinden wird.
„Jegliche Abschiebungen nach Afghanistan sind angesichts der desaströsen humanitären und nach wie vor höchst volatilen Sicherheitslage nicht zu verantworten“, sagt Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW. „Wir fordern die Landesregierung dazu auf, sich nicht an der nächsten Sammelabschiebung zu beteiligen und einen generellen Abschiebungsstopp nach Afghanistan anzuordnen!“