Donnerstag 10.09.20, 15:01 Uhr

DGB-Forderungen zur Kommunalwahl 2


Der DGB Bochum erklärt: »Bochum steht vor großen Herausforderungen: die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise, der Fachkräftemangel und zunehmende Digitalisierung haben bereits deutliche Auswirkungen auf unsere Lebens- und Arbeitswelt. Die Herausforderungen müssen wir sozial, ökologisch und fair gestalten und gleichzeitig das friedliche und respektvolle Miteinander der Menschen nicht vergessen. Für uns steht bei allen Veränderungsprozessen der Mensch im Mittelpunkt. Solidarität und Zusammenhalt muss unser Motor für den Wandel sein.

Wir fordern: Stärkung der Demokratie

Demokratie braucht Zusammenhalt. Er entsteht durch Teilhabe und Mitbestimmung, auch jenseits von Wahlen. Deshalb sind alle Einwohnerinnen und Einwohner an kommunalen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, auch nicht wahlberechtigte Ausländer, Kinder und Jugendliche. Nicht-EU-Ausländerinnen und -Ausländer sollten das kommunale Wahlrecht erhalten, wenn sie länger als zwei Jahre hier leben. Ein demokratisches Gemeinwesen benötigt ein starkes soziales Netz. Ausgaben für soziale Leistungen, Dienstleistungen und soziale Infrastruktur müssen gesteigert werden. Dazu gehört die dauerhafte Finanzierung von Notunterkünften, wie Frauenhäusern und Beratungsstellen. Unsere Kommunen sind, bei allen Problemen und Aufgaben, offen, bunt und lebensfroh. In unseren Städten und Gemeinden stellen wir gemeinsam die Weichen für Chancengleichheit und das Funktionieren unserer Demokratie. Damit das funktioniert, ist es wichtig, die Kommunen am 13. September zu stärken: Zur Wahl gehen, demokratische Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten wählen und mit einer hohen Wahlbeteiligung bei der Kommunal- und Integrationsratswahl unsere Demokratie stärken.

Wir fordern: Bezahlbarer Wohnraum

Es braucht eine Offensive beim sozialen Wohnungsbau, beim Ausbau von Azubi-Wohnheimen und bei der Schaffung von bezahlbaren Wohnungen für kleinere und mittlere Einkommen. Die energetische Sanierung ist voran zu treiben. Ebenso müssen Mieterinnen und Mieter besser geschützt werden. Kommunalen Wohnungsbaugesellschaften kommt bei der Schaffung von Wohnraum eine besondere Bedeutung zu. Öffentliche Liegenschaften oder Baugrund sollten nicht verkauft, sondern vorrangig in Erbpacht vergeben werden. Sollte es dennoch zum Verkauf kommen, muss die Gemeinwohlorientierung entscheidend sein. Ein Verkauf an private Investoren darf nur unter Anwendung sozialer Kriterien, wie bspw. einem Mindestanteil von Wohneinheiten zu einer bestimmten Miethöhe, zu Stande kommen.

Wir fordern: Gute Arbeit

Die öffentliche Hand und ihre Betriebe müssen sich zu Guter Arbeit und Ausbildung verpflichten und eine Vorbildfunktion übernehmen. Ausschreibungen sind so zu gestalten, dass neben der Wirtschaftlichkeit auch soziale Kriterien wie Tariftreue, fairer Handel und Mitbestimmung gewährleistet sind. Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen muss sich positiv auswirken. Wir fordern ein kommunales Arbeitsmarktprogramm, das alle Zielgruppen in den Blick nimmt. Dazu zählen auch ein sozialer Arbeitsmarkt und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist unter Einbeziehung der Personalräte so zu entwickeln, dass Arbeitsschutz, Qualifizierung und gute Entwicklungsmöglichkeiten für die Beschäftigten ebenso gewährleistet sind wie Bürgernähe und die Optimierung von Abläufen.

Wir fordern: Mobilität für Alle

Mobilität für alle erfordert nachhaltige, sichere, effiziente und finanzierbare Lösungen in ländlichen und urbanen Räumen. Ziel muss es sein, den Verkehr bis 2050 CO²-neutral zu gestalten und gleichzeitig bezahlbare Mobilität in guter Qualität zu ermöglichen. Dabei müssen Fragen der Stadtentwicklung, Raumplanung und des Wohnungsbaus mit beachtet werden. Der tägliche Weg zur Arbeit darf nicht zur unlösbaren Herausforderung werden. Der öffentliche Personennahverkehr ist strategisch auszubauen. Die Taktzeiten und die Preisgestaltung sind so zu reformieren, dass der Umstieg auf ökologisch sinnvolle Verkehrsmittel sowohl in Ballungszentren als auch im ländlichen Raum gelingt.

Wir fordern: Chancengleichheit in der Bildung

Noch immer hängen Bildungschancen von der sozialen Herkunft ab. Es braucht eine gebührenfreie, qualitativ hochwertige und für alle zugängliche Bildung von der KiTa bis zur Weiterbildung. Eine verantwortliche Schul- und Bildungspolitik stärkt die öffentliche Verantwortung und widersetzt sich Privatisierungstendenzen. Kommunen, die Chancengleichheit wollen, setzen auf integrative Schulformen, auf Inklusion, und fördern das längere gemeinsame Lernen. Investitionen sollten den Ansatz, Ungleiches auch ungleich zu behandeln, unterstützen.

Gute Bildung braucht gute Räumlichkeiten: Die Investitionen in das Bildungswesen müssen deutlich erhöht werden. Das bedeutet auch den Ausbau der digitalen Infrastruktur an städtischen Schulen. Chancengleichheit für alle benötigt eine regional abgestimmte Bildungsplanung. Um fehlendes Personal zu gewinnen, braucht es bessere Arbeitsbedingungen. Kommunale Strategien zur Fachkräftegewinnung vor Ort können beim Wettstreit um bessere Bildung ausschlaggebend sein.

Aktive und regionale Struktur- und Wirtschaftspolitik

Die Wirtschaftsförderung in den Kommunen muss mit einer aktiven Strukturpolitik und Beschäftigungsförderung verbunden werden. Sie muss sich am Erhalt und der Schaffung neuer Wertschöpfung mit guter Arbeit in Industrie- und Dienstleistungsbranchen und für alle Qualifikationsstufen orientieren. Dabei sind die Stärkung der industriellen Basis und der Ausbau erneuerbarer Energien von elementarer Bedeutung. Wirtschaftsförderung muss sich dem Ziel verpflichten, Arbeitsplätze zu fördern, die tarifgebunden sind, in Unternehmen, in denen Sozialpartnerschaft gelebt wird und Betriebs- und Personalräte die Arbeitswelt mitgestalten. Kommunale Akteure, Beschäftigte und ihre Interessenvertretungen, Unternehmen, Wissenschaft, Weiterbildner und die Agentur für Arbeit müssen sinnvoll vernetzt werden.

Güter der öffentlichen Daseinsvorsorge müssen allen Menschen und zu tragbaren Preisen zugänglich sein. Gemeinwohlorientierung muss Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben. Dazu gehört auch die Rekommunalisierung von bereits privatisierten Unternehmen.«

Die Dokumentation der DGB-Veranstaltung „Speed-Dating“


2 Gedanken zu “DGB-Forderungen zur Kommunalwahl

  • Azzoncao, ein Polit-Cafè

    Max Horkheimer schrieb1939 aus seinem Exil: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“
    Wie Recht er hatte und hat.
    Wir lesen hier ein Gemisch aus neo-liberalen Aussagen und grün-kapitalistischen Positionen, die mit antikapitalistischen und emanzipatorischen Denken nur in soweit zu tun haben, als dass sie vorgeben an den schlimmsten Auswüchsen des Kapitalismus Kritik zu üben. Ansonsten sieht man hier die politischen Umsetzer+innen des kapitalistischen Mainstreams und die „Kriegsgewinnler“, die an den antagonistischen Widersprüchen ihren persönlichen und gruppen-egoistischen Profit machen. Kein Wunder, dass dann diese Vertreter*innen sich mit antifaschistischen PR schmücken, reicht es doch heute als progressiv zu gelten, wenn man vorgibt die rechten Schlagetods nicht zu mögen.
    Hier noch mal die Empfehlung aus der Schule der „kritischen Theorie“: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“

    p.s.: Das die Herr- und Frauschaften auf der lokalen Ebene in den letzten 5 Jahren aber so gar nichts praktisch und faktisch gegen NPD und AfD unternommen haben, scheint auch so gut wie niemanden zu interessieren. Antifaschismus ist für das Gro dieses politischen Milieus halt Lippenbekenntnis für die Wahlurne und der Aufreger bei der wöchentlichen Politsendung im TV.
    p.s.s.: Das Leon Beck von der FDP, der in seinem Wahlkampf medienwirksam durch Bochum zieht und demonstrativ Antifa-Aufkleber abreißt, hier ein Täschchen gegen Nazis halten darf, sagt alles über die Kohärenz des Ensembles.

  • Wolfgang vom Ubu

    Immerhin hat die abwehrende rote Hand 5 Finger ! Fünf, die zumindest auch ich auf keinen Fall wähle : Ich wähle weder Christen , noch Grüne, noch Liberale, noch Nazis , noch Sozialdemokraten .
    Nicht eine dieser Parteien erfüllt das Programm aus dem ersten einleitenden Absatz des DGB . Und ob die Linken noch zukünftig für friedlich stehen, werden sie mir beweisen müssen. Sonst können sie demnächst unter Sozialdemokraten subsumiert werden. Doch steht hier in Bochum wenigstens noch die Soziale Liste zur Wahl …

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