Mittwoch 18.12.19, 17:21 Uhr

Bag4Good Lesvos


Foto: Judith Buethe

Mitte Oktober haben Jens Feddersen und Freund*innen den Aufruf „Bag4Good Lesvos“ gestartet, Schlafsäcke und Decken für die Menschen in den Flüchtlingslagern auf Lesvos zu spenden. Er hat einen Bericht über die Aktion geschrieben. Judith Buethe hat dies in einer beeindruckenden Fotoreportage visualisiert: »Mit eurer Hilfe und den Spenden zahlreicher Menschen aus ganz NRW, haben wir etwa 1.500 Schlafsäcke und etliche hundert Decken auf die ägäische Insel gebracht!

900 Schlafsäcke haben wir mit einem Transporter direkt heruntergefahren, die restlichen Sachspenden haben wir auf insgesamt elf Paletten mit einer Spedition gesendet. Vor Ort haben wir die Verteilung der Spenden mit verschiedenen Menschen und Organisationen abgesprochen. Zu einigen gab es vorher bereits Kontakt, andere haben wir erst auf der Insel kennen und schätzen gelernt. Einige davon würden wir euch gerne im Nachgang näher vorstellen.

Nach unserer 3-tägigen Reise haben uns Mitglieder von SINIPARXIS im Hafen von Mytilini herzlich in Empfang genommen und begrüßt. Eigentlich vor 20 Jahren gegründet um die Beziehungen zwischen Griechen und Türken zu stärken, kümmern sich die 20-40 Mitglieder*innen heute hauptsächlich um die Verständigung zwischen Geflüchteten und der lokalen Bevölkerung auf Lesvos.

Unser erster Halt sollte das ATTIKA WAREHOUSE sein. Aris, der das Warenhaus 2015 ins Leben gerufen hat, arbeitet ausschließlich mit Freiwilligen aus der ganzen Welt. Attika Human Support ist ein wesentlicher Bestandteil des Netzwerks für Geflüchteteauf der Insel. Das Verteil-Zentrum versorgt Asylbewerber, NGOs und die lokale Bevölkerung. Just in den der Minute, in der wir die Einfahrt hereinfahren, wurden die ersten vier unserer Paletten aus dem Laster der Spedition geladen, die etwa eine Woche vor uns Bochum verlassen hatte. Ein schöner Zufall und vor allem ein gutes Gefühl, die Sachspenden angekommen zu wissen.

„Spotting“ ist eine der Aufgaben, der CAMPFIRE im Bereich der Südküste von Lesvos nachkommt. Rund um die Uhr suchen freiwillige Helferinnen das Meer zwischen der Türkei und Lesvos nach Booten ab. Wird ein Boot gesichtet, sichern sie die Anlandung und versorgen die Menschen, bis diese mit Bussen der öffentlichen Stellen zunächst in Registrierzentren, später nach Moria gebracht werden. CAMPFIRE ist kein Verein und arbeitet seit Jahren ausschließlich mit freiwilligen Helferinnen. 80 Schlafsäcke haben wir in die Hände der uns bekannten Gesichter, zur Weitervergabe an Neuankünfte, übergeben.

Eine weitere NGO im Norden der Insel ist Lighthouse Relief. Gegründet 2015, als täglich tausende Flüchtlinge auf die Insel Lesvos kamen, leistet das Team auch heute noch immer humanitäre Hilfe für diejenigen, die die Nordküste der Insel mit dem Schlauchboot erreichen. Sie sorgen für sichere Anlandungen, Erstversorgung und den Transport der Geflüchteten in das Erstaufnahme-Lager „Stage2“.

Erwähnenswert sei an dieser Stelle, dass die jungen, freiwilligen Helfer*innen die Container-Unterkunft selbstständig organisieren und alles damit verbundene entsprechende koordinieren. Bis vor drei Jahren etwa war die Leitung noch in der Hand des UNHCRs, die dann aufgegeben haben. 200 der von euch gespendeten Schlafsäcke haben wir Karla und ihrem Team der NGO überlassen.

Ebenfalls im Norden der Insel ansässig ist die Organisation REFUGEE RESCUE, als einzige verbleibende NGO, die der Such- und Rettungsarbeit (SAR) auf Lesvos nachkommen. Die internationale Crew ist ebenfalls seit 2015 auf der Insel im Einsatz und fährt Rettungseinsätze, übernimmt zusätzlich auch den Part „Spotting“ an Land. Das Team in Skala Sikamineas, dem Hafenstädtchen im Norden, haben aktuell mehr Einsätze/Notfälle, als in den gesamten Vorjahren – ausgenommen dem Jahr 2015.

„Fahrt nicht selbst nach Moria!“, „Keine eigene Übergabe der Sachspenden im oder am Lager!“, lauteten die gut gemeinten Ratschläge von erfahrenen lokalen Kontakten, besser gesagt Freund*innen. Doch manchmal nehmen Dingen ihren Lauf. Dank der guten Vorarbeit von Farzad und Mrs. Parwana konnten wir etwa 200 Schlafsäcke durch die „Hintertür“ von Moria – besser gesagt, den angrenzenden „Olive Groves“ – direkt an Familien übergeben.

Einen Tag später durften wir die Beiden abseits der Schlafsack-Aktion wiedersehen und uns einen Eindruck von ihrem ehrenamtlichen Einsatz mit WAVE OF HOPE FOR THE FUTURE verschaffen.

Diese Gemeinschaft von Flüchtlingen für Flüchtlinge hat mitten im Camp aus dem Nichts die „größte Schule Lesvos“ geschaffen. In drei Klassenräumen, die aus Paletten, Holzresten und Planen gebaut wurden, finden von 07:00 Uhr morgens bis 22:00 Uhr Nachts bis zu 1.500 Schüler*innen die Möglichkeit sich weiterzubilden und für einen Moment dem Alltag in Moria zu entgehen. Das Angebot reicht von Sprachkursen und Alphabetisierung bis hin zu Kunstunterricht, Handwerk und kulturellem Austausch.

Uns hat immens beeindruckt, wie motiviert die Menschen Tag für Tag die widrigen Umstände und die arg begrenzten Ressourcen hinnehmen und dabei so unglaubliches leisten!

Abgesehen vom „Fest“… Während wir gesammelt und organisiert haben ist die Anzahl der Schutzsuchenden auf Lesvos auf etwa 19.000 Menschen angestiegen. Jede Woche – mitunter täglich -kommen mehr Menschen an, als die griechische Regierung im Monat auf das Festland bringen lässt.

Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Lage in Moria auf Lesvos und den Lagern der anderen ägäischen Inseln, wie zum Beispiel Samos und Chios,in naher Zukunft verbessert. Uns werden die Situation und Zustände in Moria und auch die Menschen, die wir kennenlernen durften so schnell nicht loslassen und wir werden weiter nach Wegen suchen, die Situation für die Menschen auf der Insel und im Camp positiv zu beeinflussen.

Wie und in welchem Rahmen dies geschehen wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

Für den Moment möchten wir uns ganz herzlich bei allen Beteiligten, Helferinnen und Spenderinnen bedanken.

Unser ganz besonderer Dank geht an Marily, ohne die diese Aktion gar nicht erst begonnen hätte. Sie hat uns in den vergangenen Wochen Tag und Nacht mit gutem Rat zur Seite gestanden hat.

Dass in so kurzer Zeit so viele Sach- und Geldspenden zusammenkommen und zu den Menschen in Not gebracht werden können, hat unsere kühnsten Erwartungen übertroffen!!!

Wir danken euch für euer Vertrauen und hoffen, dass wir eure guten Absichten in eurem Sinne umsetzen konnten!«
Zur Fotoreportage von Judith Buethe