Die medizinische Flüchtlingshilfe (MFH) Bochum fordert die Aussetzung des Dublin Verfahrens: »Laut einer Meldung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sollen syrische Flüchtlinge von dem sogenannten Dublin-Verfahren befreit werden. So twittert das BAMF: „Dublin-Verfahren syrischer Staatsangehöriger werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt von uns weitestgehend faktisch nicht weiter verfolgt.“ Die sozialmedizinische Menschenrechtsorganisation MFH-Bochum begrüßt, dass syrische Flüchtlinge von nun an die Möglichkeit erhalten in Deutschland zu bleiben, statt in jenes Land der EU abgeschoben zu werden, in das sie bei ihrer Flucht als erstes einreisten.
Seit Freitag, dem 21. August 2015, scheint das sogenannte Dublin-Verfahren für syrische Flüchtlinge ausgesetzt – ein notwendiger und überfälliger Schritt. Es wird also nicht weiter geprüft, in welches europäische Land die syrischen Flüchtlinge eingereist sind und es werden keine Abschiebungen mehr in diese Länder vorgenommen. „Dies ist eine große Erleichterung. So wird es einfacher syrischen Flüchtlingen ein Bleiberecht zu verschaffen, damit sie nach ihren traumatisierenden Kriegserlebnissen hier endlich ein neues Leben beginnen können“ erklärt Hanif Hidarnejat, Sozialarbeiter und psychosozialer Berater der MFH-Bochum. Die bisher praktizierte Regelung nach Dublin III, die im Übrigen für Flüchtlinge aus anderen Herkunftsländern wie dem Irak oder Afghanistan immer noch gilt, hat sowohl das Leben der Flüchtlinge als auch die Situation an den EU Außengrenzen erschwert. Ungeachtet der Tatsache, dass viele der Flüchtlinge in Deutschland Familie haben, wurden sie abgeschoben, nur weil sie in ein anderes europäisches Land eingereist waren und ihre Fingerabdrücke abgeben mussten. Darüber hinaus sind die Staaten an den EU Außengrenzen u.a. durch diese Regelung massiv überlastet.
Das Dublin Verfahren scheint nun zumindest für syrische Flüchtlinge nicht mehr zu gelten, obwohl uns vorliegende Informationen des BAMF deutlich machen, dass es sich hierbei nur um eine Leitlinie und keine verbindliche Vorgabe handelt. Die MFH Bochum fordert allerdings die komplette Abschaffung des Dublin Verfahrens für alle Flüchtlinge und die Neuregelung des EU Aufnahmeverfahrens für Flüchtlinge. Das ganze System zeigt sich immer mehr als ineffektiv und überholt. So berichtet z.B. der Tagesspiegel am 25.08.2015, dass Deutschland im Jahr 2014 fast 35.000 Übernahmeersuche an EU Partnerländer stellte, dass jedoch „nur“ 4.800 Flüchtlinge aufgrund der Dublin Regelungen abgeschoben wurden. Der weitere Umgang mit den Flüchtlingen kann jedoch nicht nur den Ländern an den Außengrenzen der EU überlassen werden. Vor diesem Hintergrund unterminieren bereits Spanien, Italien und Griechenland seit einiger Zeit die Dublin Bestimmungen, um Flüchtlingen die Weiterreise, z.B. nach Deutschland, zu ermöglichen. Und auch Ungarn hat Polizeirazzien in Zügen Richtung Deutschland und Österreich ausgesetzt und damit die Weiterreise für Hunderte Flüchtlinge ermöglicht.
Statt Angst zu schüren in Bezug auf die erwarteten Flüchtlingszahlen sollten die Menschen und ihre Fluchtgeschichten selbst wieder mehr in den Vordergrund politischer Überlegungen rücken und Solidarität und Mitmenschlichkeit das Handeln der Politik bestimmen. Menschen, die vor Kriegen und Diktaturen fliehen, müssen geschützt werden! Die rassistisch motivierte Hetze gegen sie muss aufhören!«
Mittwoch 09.09.15, 18:47 Uhr