Als gestern Vormittag Mitglieder des Bochumer Friedensplenums auf den Springerplatz kamen, um Plakate gegen die Namensgebung des Feierabendmarktes nach dem preußischen Militaristen Moltke aufzuhängen, hingen an jedem Laternenmast bereits SPD-Wahlkampf-Plakate. Die Protest-Plakate wurden also unter die SPD-Werbung gehängt. Damit wird sehr augenfällig an eine der größeren Peinlichkeiten der SPD in der jüngeren Vergangenheit erinnert.
Kein namhafter Mensch in der SPD hat sich getraut, gegen die Geschäftsleute um Herwig Niggemann aufzumucken, als sie ihren Markt nach dem preußischen Generalfeldmarschall Moltke benannten. Der Name Moltkemarkt missachtet einen Beschluss des Bochumer Stadtrates aus dem Jahr 1947, mit dem ein Zeichen gegen Militarismus und Faschismus gesetzt wurde. Vor dem Hintergrund zweier Weltkriege sollte der Name dieses Platzes nicht länger den preußischen Militaristen Moltke würdigen, sondern an den Bochumer Widerstandskämpfer Karl Springer erinnern, der von den Nazis ermordet worden ist.
Bezeichnend für den Zustand der SPD ist, dass selbst Leute wie Hans Hanke oder Bernd Faulenbach, die sich seit Jahrzehnten mit dem Thema befassen, zum Moltkemarkt-Skandal schweigen.
Mit ihrer Plakat-Aktion nutzt das Bochumer Friedensplenum das Angebot des Linken Oberbürgermeisterkandidaten, Horst Hohmeier ,an Initiativen, eigene Plakate als Wahlkampfplakate aufzuhängen.
Sonntag 02.08.15, 08:56 Uhr
Nicht zu vergessen der neue Vorsitzende der Bochumer SPD, der Historiker Prof.Dr. Karsten Rudolph. Er forscht und lehrt am Institut für die Geschichte der Sozialen Bewegungen der RUB. Ich frage mich, ob sein Schweigen der wissenschaftlichen Einsicht folgt, dass der ältere Moltke ganz prima zum Widerstandskämpfer Karl Springer passt. Dass dies eine vergangenheitspolitische Positionierung der Sozialen Bewegungen sein könnte, wäre mir neu. Sehr wohl ist das aber ein Stück marktkonformer Vergangenheitspoltik zur Förderung eines Altherrenbedürfnisses des führenden Bochumer Feinkostgrosshändlers,dem sich Sozialdemokraten auf der Suche nach wirtschaftlicher Kompetenz gerne anschließen. Auch der Kandidat, der jetzt darüber hängt?
Ralf Feldmann
Wenn in dem Artikel von einer der größeren Peinlichkeiten der SPD gesprochen wird, möchte ich dies durch eine Beobachtung ergänzen, die ich gemacht habe, als im letzten Jahr der Bochumer Historikerpreis im Haus der Geschichte des Ruhrgebietes verliehen wurde. Mitglieder der örtlichen Friedensinitiative verteilten vor dem Veranstaltungssaal der Preisverleihung ein Flugblatt, mit dem sie auf den Skandal der Moltke-Benennung des Marktes aufmerksam machten.
Da tauchte Prof. Jürgen Mittag auf und forderte die Flugblattverteiler auf, das Haus zu verlassen. Mittag gehört dem Vorstand der Stiftung Bibliothek des Ruhrgebietes an. Die Friedensinitiative ließ sich nicht beeindrucken. Sie wusste offenbar (was mir damals nicht bekannt war), dass Mittag Aktivist der SPD ist und für die Bochumer SPD vergeblich zur Europawahl angetreten war. Er ärgerte sich offensichtlich, dass das Schweigen der SPD in dem Flyer angegriffen wurde. Ich habe nicht alles mitbekommen, aber ich hatte den Eindruck, dass die Friedensbewegten Mittag völlig abblitzen ließen und ihn aufforderten, doch die Polizei zu rufen. Dann kam auch noch der Preisträger Marcel van der Linden zu den Flugblattverteilern und sprach ihnen offensichtlich Mut zu und lud sie ein, an der Preisverleihung teilzunehmen.
Mehrere andere prominente Gäste der Preisverleihung machten ebenfalls deutlich, dass sie kein Verständnis für die Intoleranz von Mittag hatten. Schließlich zog sich Mittag zurück.
Nach einigen Minuten kam dann der Stiftungsvorsitzende Prof. Berger zu den Flugblattverteilern und versicherte ihnen, dass sie selbstverständlich weiter im Haus auf ihr Anliegen aufmerksam machen dürfen und lud sie zum Dialog ein.
Noch nie habe ich im akademischen Bereich einen derart peinlichen Auftritt wie den von Jürgen Mittag, SPD erlebt.
Dazu , liebe SPD:
“Wer das Böse ohne
Widerspruch hinnimmt,
arbeitet in Wirklichkeit
mit ihm zusammen!”
(Martin Luther King)
Hier der Bericht von der Seite des Friedensplenums aus dem April 2014.
http://www.bo-alternativ.de/friedensplenum/2014/04/08/spd-und-cdu-fur-moltkemarkt/#more-2185
Da ich als Sprecher des Friedensplenums wie im Bericht erwähnt unsere Argumente vorgetragen habe, hat eine “Genossin” von der SPD mich sogar gefragt, ob wir denn nun allen -zig hundert Moltkestraßen, -plätze, -denkmäler, -türme an den Kragen wollten. Weil das nicht ginge, ginge es in Bochum auch nicht.
Das noch kurz zur Ergänzung. Diese dumme Äußerung an sich war nicht so schlimm, dass aber die gesamte Große Koalition verständnisvoll und zustimmend nickte, war deprimierend.
Vielen Dank an Horst Hohmeier, dass er solche Protestaktionen durch die “Spende” seiner OB-Wahlkampf-Plakatier-Plätze möglich macht!