Freitag 14.06.13, 13:58 Uhr
Im „Tal der Tränen“:

Politikverdrossenheit im Sozialausschuss


von Norbert Hermann für Bochum Prekär
Bochum hat keine sozialen Probleme. Hatte es nie und wird es auch nie haben. Trotzdem gibt es einen „Ausschuss für … und Soziales“. Der tagt entsprechend selten – etwa sechs mal im Jahr. Wenn er tagt. Im Mai ist die anberaumte Sitzung ausgefallen. Gestern nicht. Aber Ausfall war trotzdem: Nach gut einer Stunde war der Spuk vorbei.
Anstehende Probleme wurden nicht einmal erwähnt: Was geschieht mit den Menschen bei Opel, von denen ein nicht geringer Teil in absehbarer Zeit vor dem Nichts stehen wird (und vor den Hartz IV-Beratungsstellen, wie jetzt schon etliche aus früheren „Freisetzungsschüben“) oder die Schlecker-Frauen, für die jetzt Hartz IV ansteht, oder die Ablehnung von Hartz IV-Sanktionen durch die Linksfraktion, oder die schon seit Jahren desolate Situation auf beiden Seiten der Schreibtische im Jobcenter, es wird täglich schlimmer. Oder die unzureichende Umsetzung des schlechten „Bildungs- und Teilhabepäckchens Hartz IV“, insbesondere für Kinder in der Sozialhilfe oder im Rechtskreis Asylrecht. Oder die drohende Verschlechterung der Lage auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere für kleinere Wohnungen, Hauptbedarf im Hartz IV-Rechtskreis. Geschweige denn die entwürdigende Wohnsituation für Flüchtlinge, ab dem kommenden Jahr ist vermehrt mit Armutswanderung aus Rumänien und Bulgarien zu rechnen. Einzig die CDU mit der in sozialen Fragen engagierten und erfahrenen Erika Stahl hatte im März dazu angefragt. In der Antwort der Verwaltung steht: „Eigene Bemühungen für ein Konzept sind noch nicht beabsichtigt.“ Die Sozialdezernentin Frau Anger  korrigierte sinngemäß: das würde zwar da stehen, sei aber so nicht gemeint.
Interessant und gut sind immer wieder die Berichte von (Selbst-) Hilfegruppen zu Themen wie Krebs, Aids, Demenzerkrankung. Als ehemals selbst Betroffener weiß ich das zu schätzen. Allerdings handelt es sich hier in aller Regel um Themen, von denen alle Schichten betroffen sei können, die Mittelschicht aber den besten Zugang zu Hilfestellungen hat. Die Menschen, für die Katastrophen das Alltägliche sind, fallen unter den Tisch. Als „bekennender Unterschichtler“ qua Geburt kann ich das nicht akzeptieren.
Die Linksfraktion ist regelmäßig vertreten, aber wenig aktiv. Die „Soziale Liste“ ist nur sehr, sehr selten zu sehen. Vielleicht haben sie Recht: im Sozialausschuss passiert nichts, wenn überhaupt werden die Dinge hinter den Kulissen besprochen.Transparent ist das nicht. Die Folge ist auch hier: Politikverdrossenheit.
Einblicke in angesprochene Dokumente gibt es hier:
https://session.bochum.de/bi/to0040.php?__ksinr=4986