Freitag 19.04.13, 14:15 Uhr

Wattenscheid bekommt einen
Betti-Hartmann-Platz 2


Hannes Bienert (Foto), Sprecher der Antifa Wattenscheid ist ein ungewöhnlicher Erfolg gelungen: Die Bezirksvertretung Wattenscheid hat auf seinen Antrag hin und gegen die Empfehlung der Stadtverwaltung einstimmig beschlossen, dass der Wattenscheider Rathausplatz zukünftig Betti-Hartmann-Platz heißt. Betti Hartmann war das jüngste Wattenscheider Holocaust-Opfer. Die Schülerin wurde am 31. August 1942 als 15-Jährige im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Anlässlich ihres 70. Todestages hatte Hannes Bienert im vergangenen Jahr die Platzbenennung in einem Schreiben an die Bezirksvertretung angeregt. Die Stadtverwaltung reagierte wie erwartet: Sie empfahl eine Ablehnung des Vorschlages. Zur Begründung grub sie einen 17 Jahre alten Vorschlag aus, Straßen und Plätze nach ehemaligen Wattenscheider Bürgermeistern und Oberbürgermeistern zu benennen.
Annemarie Grajetzky und Hella Eberhardt unterstützten  den Vorschlag mit einer Stellungnahme.. Als Mitglieder des Frauenbeirates des Stadtrates machten sie außerdem darauf aufmerksam, dass die Empfehlung der Verwaltung bedeutet, dass auf absehbare Zeit nur Männer als Namensgeber für Straßen und Plätze vorgesehen sind.
Mit dem einstimmigen Beschluss der Bezirksvertretung zur Umbennung des Platzes hat Hannes Bienert ein weiteres Mal Stadtgeschichte in Wattenscheid geschrieben. Bereits die von ihm initiierte Errichtung der drei Steelen zur Erinnerung an die Wattenscheider Opfer des Holocaust, die er ohne öffentliche Förderung bewerkstelligte, war ein beispielloser Erfolg der lokalen Gedenkarbeit.
Die jüdische Gemeinde würdig sein Engagement und verleiht ihm in diesem Jahr die Dr.-Ruer-Medaille. „Mit Ihrem unermüdlichen Einsatz um das Gedenken an die jüdischen Bürger aus Wattenscheid, die Opfer des faschistischen Greuelregimes wurden, haben Sie Ihre Solidarität und Verbundenheit mit der jüdischen Gemeinschaft bewiesen. Sie haben aufgezeigt, dass jüdisches Leben ein Teil unserer Gesellschaft war und ist,“ schreibt die jüdische Gemeinde in ihrem Schreiben an Hannes Bienert, in dem die Ehrung angekündigt wird.


2 Gedanken zu “Wattenscheid bekommt einen
Betti-Hartmann-Platz

  • Holger Rüsberg

    Ich finde es sehr begrüßenswert, dass die Anregung von Hannes Bienert trotz gegenteiliger Verwaltungsempfehlung zu einem Beschluss über die Umbenennung geführt hat. Auch wenn der eine oder andere (Ober-)Bürgermeister Wattenscheids vergessen werden mag, wichtig ist, dass mit Betti Hartmann eines der Millionen Opfer nicht vergessen wird. So wird ein Name und eine Geschichte stellvertretend für alle jüdischen und nichtjüdischen Opfer Wattenscheids an prominentem Ort „nachdenkenswert“ bleiben, so wie es selbst die trockene Verwaltungsvorlage anregt.

  • Günter Nierstenhöfer

    Die einstimmige Entscheidung der Bezirksvertretung Wattenscheid, den Rathausvorplatz in „Betti-Hartmann-Platz“ – gegen die „Beschlussvorlage der Verwaltung“ zu benennen, verdient große Anerkennung. Damit setzen die Mitglieder der Bezirksvertretung nicht nur ein wichtiges Zeichen der Erinnerung an die menschenverachtendste Zeit in Deutschland, in der so viele Millionen Menschen ermordet wurden, sondern sie anerkennen auch das Engagement von Hannes Bienert, der Antifa und junger Wattenscheider SchülerInnen, die das Leben eines im KZ ermordeten Wattenscheider Mädchens wieder in die heutige Zeit zurückgeholt haben ! Danke !

    Erschütternd hingegen ist das Denken der Verwaltung, das in der „Beschlussvorlage“ deutlich wird ! Allein der „ Hintergrund der … der Beschlusslage … (auf der der) Anregung des Herrn Bienert aus Sicht der Verwaltung leider nicht entsprochen werden kann“, ist unerträglich !

    Den Höhepunkt unsensiblen Eingehens auf BürgerInnen-Engagement erreicht die „Beschlussvorlage der Verwaltung“ durch die belehrende Erläuterung des angeblich falsch benutzten Begriffes „Bürgerantrag“ Das wird gerade bei jungen engagierten Menschen, die dies lesen, deren Demokratieverständnis heftig fördern !

    Der Begriff „Bürgerantrag“ wird nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch sondern auch von Politik und Verwaltung heute noch benutzt, auch wenn die (neue) Gemeindeordnung NRW eine andere Bezeichnung verwendet. Gibt man im Internet die Begriffe „GO NW Bürgerantrag“ ein, so er-scheinen dort allein auf der ersten Seite ca. 6 – 8 Kommunen, die auf ihren Homepages den Begriff „Bürgerantrag“ noch führen, selbst in der Verwaltungsvorlage, z. B. Stadt Dülmen: „Öffentliche Beschlussvorlage – Tagesordnungspunkt: Bürgerantrag gem. § 24 GO NRW; Bebauungsplan „Hof Schröer““ oder: Homepage der Stadt Wuppertal: „Bürgerantrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW“ oder der Stadt Monheim „Anregungen und Beschwerden nach § 24 GO NRW – Bürgerantrag von Anwohnern der Straße …“ oder der Stadt Bonn: „Bürgerantrag – Anregungen und Beschwerden gemäß § 24 Gemeindeordnung NW“ …

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