Dienstag 14.08.12, 21:12 Uhr
Ein neues Bündnis möchte den gesellschaftlichen Reichtum umverteilen

Von oben nach unten 1


In der am morgigen Mittwoch erscheinenden Ausgabe der Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung (BSZ) stellt Kartsten Finke das Bündnis UMfairTEILEN vor: »In Deutschland geht es ungerecht zu. Diese Ansicht scheinen immer mehr Menschen und Organisationen zu teilen. Wenn es nach den Unterstützer*innen des Bündnisses UMfairTEILEN geht, muss damit endlich Schluss sein. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Situation in der Bundesrepublik noch weiter verschlechtert. Die Steuern für Reiche wurden gesenkt und die Abgaben für die Allgemeinheit erhöht. Ob Griechenland oder Spanien, ob Oberhausen oder Bochum, in ganz Europa steht die öffentliche Hand vor einem großen Schuldenberg. Gleichzeitig werden private Vermögen immer größer – irgendwie passt da etwas nicht zusammen. In den USA entstand aus dieser finanziellen Ungleichverteilung die Occupy-Bewegung. Auch in Deutschland wuchs Occupy schnell an. Diese aktionistische Form des Protests wurde jedoch nicht von großen Organisationen getragen. Nun ziehen diese nach. Das Bündnis nennt sich UMfairTEILEN. Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, attac, Grüne, Linke und Jusos haben sich zusammengetan, um für mehr soziale Gerechtigkeit und eine damit verbundene Umverteilung des Reichtums von oben nach unten zu streiten. In enger Abstimmung mit der Bundeskoordination hat es das Bochumer Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit  übernommen, am 29. September eine ruhrgebietsweite Demo in Bochum zu organisieren.
Der Sprecher*innenkreis des Bündnisses arbeitet nun auch als Träger*innenkreis der regionalen Initiative unter dem Motto „pott-umfairteilen“. „Die Demonstrationen sollen deutlich machen, dass es einen Ausweg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise gibt: Umverteilung!“, sagt Gudrun Müller, die Sprecherin des Bochumer Bündnises. Dazu fordert es sowohl eine Vermögenssteuer als auch eine einmalige Vermögensabgabe, insbesondere um die hohe Verschuldung abzubauen. Darüber hinaus soll der Staat konsequent gegen Steuerflucht und -oasen vorgehen sowie sich für eine Finanzmarktsteuer einsetzen. Unternehmer*innenverbände, die schwarz-gelbe Bundesregierung und konservative Medien sind bisher erstaunlich ruhig. Neben den üblichen Warnungen vor Kapitalflucht gab es kaum Kritik. Rolf Stein, ebenfalls vom regionalen Bündnis, meint: „Die Bevölkerung soll nicht länger auf die neoliberale Propaganda reinfallen, die besagt, dass kein Geld da sei und wir eine Verschuldungskrise haben. Die Menschen sollen wahrnehmen, dass es in unserer Gesellschaft einen gigantischen Reichtum gibt, der nur falsch verteilt ist.“ Etwa 60 Prozent des gesamten Reichtums in Deutschland ist im Besitz von gerade einmal zehn Prozent der Bevölkerung. Reichtum und auch Armut werden sehr oft einfach vererbt. Die Erbschaftssteuer kann zwar formal bis 50 Prozent gehen, jedoch ist dieser Satz nur erreichbar, wenn man entfernt verwandt ist und mehr als 13 Millionen Euro erben soll. Es können sogar ganze Konzerne praktisch steuerfrei vererbt werden. Gudrun Müller möchte diese Situation deutlich verändern: „Die öffentlichen und sozialen Leistungen sollen nicht länger verschlechtert und die große Mehrheit der Bevölkerung höher belastet werden. Stattdessen müssen übergroßer Reichtum und Finanzspekulation endlich besteuert werden. Es geht nicht nur um Geld, sondern auch um gelebte Solidarität in unserer Gesellschaft.“
Jedoch gibt es auch von linker Seite Kritik daran, dass Grüne und teilweise auch Sozialdemokrat*innen das Bündnis unterstützen. War es doch die erste rot-grüne Bundesregierung, die den Spitzensteuersatz und die Kapitalertragssteuer massiv gesenkt haben. Ohne SPD und Grüne dürfte jedoch eine gesellschaftliche Mehrheit für die Anliegen von UMfairTEILEN nicht möglich sein. Eine große Portion Skepsis besteht jedoch weiter. Das nächste Treffen des Bündnisses für das Ruhrgebiet findet am Dienstag, den 28. August statt. Es beginnt um 18 Uhr in den Räumlichkeiten von ver.di an der Universitätsstraße 76. Hier soll insbesondere die Demonstration am 29. September in Bochum vorbereitet werden.«
www.pott-umfairteilen.de


Ein Gedanke zu “Von oben nach unten

  • Norbert Hermann

    Von ganz oben auch in die Mitte!
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    Das Vermögen der privaten Haushalte stieg zwischen 1991 und 2009 um 186% auf 3.140 Mrd. Euro. Im gleichen Zeitraum stieg die öffentliche Armut in Form von Staatsverschuldung (noch vor der „Bankenrettung“) um 183% auf 1.690 Mrd.

    Der Anteil der Arbeitendenentgelte („Bruttolohnquote“) betrug 2010 66% des gesamten „Volkseinkommens“. 1980 waren das noch 75%.

    Die geraubte Kohle ist genau so zügig und „fair“ zurückzuholen – mindestens!

    Michael Sommer vom DGB möchte allerdings (neben einer Vermögenssteuer) nur eine „Zwangsabgabe“ für Hochvermögende, die verzinst wieder zurückgezahlt werden soll. So geht‘ s nicht!

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    Zahlen von Bontrup und Massarat aus: „Manifest zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit im Mai 2011“ aus dem sehr empfehlenswerten Buch: „Wir sind empört“, Hrsg. Achim Rogoss, Pahl-Rugenstein 2012, S. 137f.

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