Sonntag 07.11.10, 13:33 Uhr
Der Verfassungsschutz an der Ruhr-Uni:

Geheimdienstler und Wissenschaftler? 3


Ein Kommentar von Benno Battler
An der Ruhr-Uni läuft seit mehr als acht Jahren ein äußerst erfolgreiches Akzeptanz-Beschaffungs-Experiment des Verfassungsschutzes NRW. Thomas Pfeiffer, ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes arbeitet völlig unbehelligt in der Fakultät für Sozialwissenschaften.
Ausgangslage war, dass der westdeutsche Staatssicherheitsapparat ähnlich beliebt war wie die Stasi in der DDR. Insbesondere in links intellektuellen Kreisen waren die Schlapphüte des Inlandsgeheimdienstes wenig gelitten. Wie konnte dieses Akzeptanzproblem angegangen werden? Die zuständigen rot-grünen ExpertInnen in der Landesregierung orientierten sich dabei an der Bundeswehr.
Sowohl Auslandseinsätze als auch Bundeswehreinsätze im Inneren waren vor 20 Jahren gesellschaftlich noch nicht durchsetzbar. Um die grundgesetzlich verankerte Beschränkung der Bundeswehr auf Verteidigungsaufgaben auszuhöhlen und öffentliche Akzeptanz für das weltweite Führen von Kriegen herzustellen, ließen sich die Militärstrategen einiges einfallen. Sie begannen 1991 mit einer Minenräumaktion der Deutschen Marine nach dem Zweiten Golfkrieg im Persischen Golf. 1993 folgte die Entsendung eines Feldlazaretts nach Phnom Penh im Rahmen einer UN-Mission. Beides war nur schwer kritisierbar. Das Tabu war gebrochen. Die nächsten Einsätze in Somalia und auf dem Balkan wurden immer militärischer, bis die Schröder/Fischer-Regierung dann 1999 gegen Jugoslawien wieder richtig Krieg führte.
Die Akzeptanzbeschaffung für das Eingreifen der Bundeswehr im Inland begann im großen Stil beim Oderhochwasser, setzte sich dann fort mit einem Konzept zur Einbindung von Reservisten im Katastrophenschutz, erlitt mit dem Militärgehabe beim G-8-Gipfel in Heiligendamm einen Rückschlag und wird nun mit einer enormen Propaganda neu ausgerichtet.
Übertragen auf den Verfassungsschutz bedeutete dies also, etwas zu suchen, was für den Geheimdienst ähnlich in der Öffentlichkeit akzeptiert ist, wie ein Sanitätseinsatz in Kambodscha oder Sandsäcke schleppen an der Oder. Da bot es sich an, Kompetenz im Bereich „Rechtsextremismus“ zur Schau zu stellen. Mit Pfeiffer wurde ein junger Wissenschaftler, der sich als Journalist versuchte und gerade eine Dissertation über „Medien einer neuen sozialen Bewegung von rechts“ veröffentlicht hatte, angeheuert. Gleichzeitig behielt er seine Lehrtätigkeit an der Ruhr-Uni. Damit hatte der Verfassungsschutz erstmals ganz offen an einer Uni in NRW Fuß gefasst. Es gab keine nennenswerte Proteste. Lediglich einige wenige WissenschaftlerInnen fragten z. T. auch öffentlich: „Mit welchem Wissenschaftsanspruch tritt Pfeiffer eigentlich an, wenn ihm dienstlich verboten ist, über relevante Erkenntnisse seiner Arbeit zu reden?“
Die mit Pfeiffer geplante öffentliche Akzeptanz-Kampagne geriet bereits nach einem Jahr in die Krise. Das Bundesverfassungsgericht hatte einen Verbotsantrag gegen die NPD abgelehnt, weil die Führungskader der NPD derartig stark mit Verfassungsschutz-Spitzeln durchsetzt waren, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht möglich war. In der Öffentlichkeit kam der Verdacht auf, dass die NPD nur durch die massive Spitzeltätigkeit des Verfassungsschutzes überhaupt am Leben erhalten wurde. Dies war kein guter Zeitpunkt, sich als Mitarbeiter des Dienstes öffentlich zu präsentieren. Inzwischen gibt er auf seiner Webseite an der Ruhr-Uni zu, dass er Verfassungsschutzmitarbeiter ist.
Dies stört bis heute niemanden an der Uni. Der linke AStA der Ruhr-Uni macht auf seiner Webseite sogar Werbung für ein Seminar mit Pfeiffer am kommenden Mittwoch. Hier wird er etwas beschönigend als Vertreter des Innenministerium angekündigt. Sicherlich wird Pfeiffer bald offensiver als Geheimdienstler auftreten. Es bleibt abzuwarten, welche nächsten Schritte zur Akzeptanzbeschaffung seiner Behörde folgen.


3 Gedanken zu “Geheimdienstler und Wissenschaftler?

  • Fred

    Was für ein Quatsch. Thomas Pfeiffer hat immer sehr offen gesagt, dass er als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim NRW-Verfassunungsschutz arbeitet. Es ist sicher kritikwürdig, dass der Inlandsgeheimdienst versucht, sich als Bildungsträger zu profilieren – aber das macht die Arbeit von Pfeiffer aber nicht schlechter. Der Mann ist in erster Linie Wissenschaftler und macht das in seinen Seminaren und Publikationen auch recht deutlich. Von einem unkritischen Hochjubeln der Extremismustheorie mit der damit einhergehenden Gleichsetzung linker und rechter Politik findet sich dort jedenfalls nichts. Das immer wieder ein paar verbohrte Linke daherkommen und „Böse böse böse“-rufen, weil jemand auch (nicht schlechte) Infobroschüren für eine unsympathische Behörde schreibt ist wirklich nur stumpfer Reflex.

  • Bert

    Es ist schon erstaunlich, dass Menschen Kommentare zu einem Beitrag schreiben, den sie offensichtlich nicht gelesen haben.
    Der Beitrag beschreibt, wie sich der Verfassungsschutz Pfeiffer eingekauft hat, um an der Uni Akzeptanz zu gewinnen. Damit unterstellt Benno Battler, dass Pfeiffer einigermaßen kompetent sein muss, sonst wäre er für eine solche Strategie ungeeignet. Mit keiner Silbe wird Pfeiffer in irgendeine Ecke der Extremismus-Ideologen gestellt.
    Die Linke an der Uni muss sich fragen, ob sie mit jemanden zusammen arbeiten will, der kieine Probleme damit hat, auf der Gehaltsliste des Verfassungsschutzes zu stehen. Selbiger ist sicherlich eines der widerwärtigsten Instrumente zur Diffamierung linker Politik.
    Es geht aber nicht um die Käuflichkeit von Pfeiffer. Es geht darum, wie dumm Leute sein müssen, dass sie die Akzeptanzbeschaffungsmaßnahme des Staatssicherheitsdienstes nicht durchschauen.

  • Otto

    Danke für den Artikel. Dieser Pfeiffer geistert schon länger an der Uni rum und das ist echt kein tragbarer Zustand.
    @Fred Das ist ja mal ein Polterton. Ich denke, dass der VS mehr ist als eine unsympathische Behörde und dass es deshalb angebracht ist, genau zu schauen, WER etwas sagt. Vergessen werden sollte auch nicht, dass der VS ganz dicke in der Neo-Nazi-Szene steckt (siehe NPD-Verbotsverfahren). Da hört doch der Spaß auf: Immerhin ist der VS nicht nur der Arbeitgeber vom Pfeiffer, sondern auch von etlichen Neo-Nazis.

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