Dienstag 23.03.10, 11:00 Uhr
Die Arbeitsgemeinschaft Bochumer Moscheen klagt an:

„Das zurzeit angesagte Schweigen ist von unserer Seite aus nicht nachvollziehbar“ 2


Unter dem Slogan „Abendland in Christenhand“ startet die ultrarechte Gruppierung „Pro-NRW“ am kommenden Wochenende ihren Landtagswahlkampf. Im Mittelpunkt ihrer Hetzkampagne stehen eine Konferenz für ein Minarett-Verbot und einen Sternmarsch auf die Moschee in Duisburg Marxloh. Am Freitag veranstaltet „Pro-NRW“ zwei Bustouren durchs Ruhrgebiet, um dabei vor verschiedenen Moscheen mit „Mahnwachen“ zu provozieren.  Um  14.00 Uhr soll dies vor der Bochumer Islamischen Gemeinde in der Diebergstr. stattfinden. In einer Pressemeldung der Arbeitsgemeinschaft Bochumer Moscheen wurde in der letzten Woche beklagt: „Bedauerlicherweise erhalten die Muslime nur sehr wenig Unterstützung gegen das rechtspopulistische Vorhaben. Das zurzeit angesagte Schweigen ist von unserer Seite aus nicht nachvollziehbar.“ In der Nachbarstadt Essen sieht es völlig anders aus. Hier stellt sich die Stadtspitze mit viel Prominenz schützend vor die Muslime.
Die WAZ berichtet, dass SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, Rockmusiker Peter Maffay,  SPD-Landtagsfraktionschefin Hannelore Kraft und OB Reinhard Paß an einem Friedensgebet in der Moschee teilnehmen. Auch in Bochum hatte zunächst ein von der Oberbürgermeisterin eingeladener Runder Tisch beschlossen, gegen die Provokation von Pro-NRW Stellung zu beziehen. Dann stufte allerdings der Verfassungsschutz NRW die Islamische Gemeinde in Bochum als bedenklich ein und die offiziellen Bochumer Stellen sagten jegliche Solidarität mit den MuslimInnen ab.
Wer erwartetet hatte, dass sich die Bochumer ChristInnen durch das Motto von Pro-NRW „Abendland in Christenhand“ motivieren lassen, sich schützend vor die Moschee zu stellen, war bisher enttäuscht. Während der Gottesdienst der ChristInnen durch ein umfangreiches Feiertagsgesetz geschützt ist, stellen die Bochumer Moscheen in ihrer Erklärung fest: „Wir, die ‚Arbeitsgemeinschaft Bochumer Moscheen‘ (AG.BoMo), ein Zusammschluss aller Bochumer Moscheevereine und somit ein Vertreter der meisten Muslime in Bochum, sehen diesen Tag als eine Gefährdung und eine Respektlosigkeit gegenüber allen Muslimen und der ca. 400 kommenden Moscheebesucher, darunter viele Kinder, an. Es ist inakzeptabel, dass die Veranstaltung der Pro NRW genau zu dem Zeitpunkt stattfindet, an dem die Muslime das, für sie heilige, Freitagsgebet praktizieren.“
Heute Vormittag gab es dann allerdings eine klare Stellungnahme von Superintendent Fred Sobiech und Stadtdechant Dietmar Schmidt, in der es u.a. heißt: „In diesen Tagen versucht die Gruppierung ‚Pro NRW‘ erneut, eine Kampagne gegen unsere muslimischen Nachbarn zu starten. Die intendierte Vereinnahmung der Christen durch ‚Pro NRW‘, die in dem Motto „Abendland in Christenhand“ zum Ausdruck kommt, weisen wir auf das Entschiedenste zurück.
Daher bitten wir die Gläubigen unserer Gemeinden, unsere Pfarrerinnen und Pfarrer sowie die Mitglieder der Presbyterien und Pfarrgemeinderäte, sich an den von unseren Kirchen vor Ort mitgetragenen Veranstaltungen für ein nachbarschaftliches Zusammenleben mit Muslimen und gegen die Aktionen von ‚Pro NRW‘ zu beteiligen.“
Sobald etwas von konkreten Aktionen der ChristInnen bekannt wird, wird an dieser Stelle darüber berichtet.
Die Antifaschistische Jugend Bochum ruft für Freitag, 26.3., 13.00 Uhr zu einer Demonstration „Gegen Pro NRW und andere RassistInnen“ auf. Treffpunkt ist auf der Bessemer Straße zwischen Ehrenfeldstraße und Hattinger Straße. Näheres. Das Bochumer Bündnis gegen Rechts unterstützt diese Demonstration.


2 Gedanken zu “„Das zurzeit angesagte Schweigen ist von unserer Seite aus nicht nachvollziehbar“

  • Fred

    Dass sich eine emanzipatorische Linke gegen rassistische Agitation stellt, wie sie von „pro Köln“ und anderen Organisationen betreiben wird, ist wohl eine Selbstverständlichkeit.
    Ebenso selbstverständlich sollte es aber auch sein, sich deswegen nicht mit islamisch-theokratisch bis islamistischen Organisationen zu verbrüdern. In der „AG.BoMo“ ist unter anderen auch die „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs“ organisiert, die von Menschenrechten und Demokratie nur so lange etwas hält, wie sie mit ihrer Islaminterpretation konform gehen und die deswegen kritisiert und nicht noch hofiert gehört.
    Emanzipatorische Politik hat die Freiheit des Individuums zu verteidigen und Menschen von Diskriminierung zu schützen. Dazu ist es notwendig, die Vereinnahmungsversuche irgendwelcher Kulturkrieger zurückzuweisen – ganz egal ob sie nun als christliche Rassisten oder islamische Theokraten daherkommen.

    Die Feststellung, dass die“AG.BoMo“, weil sie die meisten Moscheevereine unter ihrem Dach vereint hat, auch die meisten Muslime in Bochum vertritt, ist übrigens erstmal nicht mehr als eine Behauptung. Die vielen säkularen Muslime, für die Religion eine Privatsache ist, werden wohl kaum in den Moscheevereinen organisiert sein und es ist eine Anmaßung, dass diese hier in dreister Weise vereinnahmt werden.

  • Martin Budich

    Ich denke, es ist keine Verbrüderung, wenn in einer solchen Situation die Position der betroffenen Moschee und des Zusammenschlusses der Moscheevereine dokumentiert wird.
    Es ist eine schwierige Position, aus der wir argumentieren. Das ganze erinnert mich an die Kriege gegen Jugoslawien und gegen den Iran. Auch hier waren wir nicht SymphatisantInnen der Angegriffenen aber klare GegnerInnen der Angreifenden. So etwas ist aber immer schwer zu vermitteln.
    Es wäre schön, wenn es viele differenzierte Erklärungen von Bochumer Organisationen, Initiativen oder Persönlichkeiten gäbe, über die bo-alternativ.de berichten könnte. Leider herrscht Schweigen.

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