Stellungnahmen

Anne Wiegers, DVSG NRW (Deutsche Vereinigung für soziale Arbeit im Gesundheitswesen), Diplom Sozialarbeiterin:
In der Sozialberatung im Krankenhaus sind wir täglich mit den Fehlanreizen des jetzigen Systems konfrontiert. Die verkürzten Verweildauern sind häufig eine große Belastung insbesondere für Menschen ohne Ressourcen. Die nachstationäre Versorgung kann den Bedarf kaum noch decken und funktioniert nur dort, wo die Refinanzierung besonders attraktiv ist. Viele Menschen fallen durchs Raster und bleiben sich selbst überlassen, viele pflegende Angehörige werden überfordert.
Die Arbeit im Krankenhaus ist geprägt von einem viel zu hohen „Durchlauf“ an Patienten*innen, der Focus richtet sich auf das zwingend Nötige, die abrechenbare Leistung und verliert oftmals den eigentlichen Menschen aus dem Blick. Diese Abläufe machen unzufrieden und die Arbeit unattraktiv für die viele dringend benötigten, motivierten und engagierten Kräfte im Krankenhaus.

Prof. Dr. med. Jens Eyding, Neurologe:
Als Arzt im Krankenhaus geht es mir gehörig gegen den Strich, dass wir in dem aktuellen System der Fallpauschalen einen völlig falschen, weil un-medizinischen Schwerpunkt unseres Handelns setzen müssen. Wir werden immer weiter gezwungen, Profit-orientiert zu denken und zu planen, verlieren dabei aber den Menschen immer mehr aus dem Blick. Anstatt individuelle Bedürfnisse zu erfahren, fokussieren wir uns auf Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung. In den Visiten bringen wir unseren jungen Kolleg*innen immer öfter die Fallstricke des DRG Systems bei anstatt fachbezogen auszubilden. Das kann nicht richtig sein, und hier muss sich etwas ändern! Krankenhaus darf nicht alleine Profit-orientiert sein und gehört in die Hände der Gesellschaft und nicht einzelner Aktiengesellschaften!

Niko Köbbe, Gewerkschaftssekretär ver.di Bezirk Mittleres Ruhrgebiet, Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen
Die Unterstützung der Volksinitiative „Gesunde Krankenhäuser NRW“ sollte allen Menschen ein Anliegen sein. Entweder sind wir auf die Versorgung im Krankenhaus angewiesen, wir kennen Menschen, die dort arbeiten, oder arbeiten selbst dort. Krankenhäuser sind Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge und dürfen nicht dem Wettbewerb ausgesetzt werden.

András Kirchgässler, Medizinstudent und Mitglied der Studierendeninitiative sozMed Ruhr:
Als zukünftige Ärzt*innen möchten wir im Krankenhaus im Sinne unserer Patient*innen handeln ohne gewinnorientierte Entscheidungen treffen zu müssen! Allerdings erleben wir schon im Studium, dass die Frage nach dem Ressourcenverbrauch und der Rentabilität einer Diagnose im Mittelpunkt der Versorgung steht. Das darf so in der Ausbildung nicht vermittelt werden! Wir haben uns aufgrund des starken sozialen Charakters, den die ärztliche Tätigkeit mit sich bringt, für ein Medizinstudium entschieden. Wenn aber die persönliche Betreuung und der zwischenmenschliche Kontakt schablonenhaftem effizienzgesteigertem Durchschleusen von Patient*innen weicht, verliert die ärztliche Aufgabe ihr Herzstück: zum Wohl des Hilfesuchenden zu handeln. Dieses System wollen wir nicht länger unterstützen!

Törk Hansen, Rentner und Ex-Geschäftsführer eines Softwareunternehmens:
Ich bin Mitglied in der attac-Gruppe Bochum. Dort haben wir intensiv über die Situation im Gesundheitswesen diskutiert, denn hier sind die Auswirkungen des neoliberalen Mainstreams deutlich zu spüren. Gesundheit ist längst zu einer für Spekulanten interessanten Ware geworden und entsprechend schreitet die Privatisierung voran. Es ist ein unglaublicher Skandal, dass auch jetzt in und trotz der Pandemie Krankenhausbereinigungspläne vorangetrieben werden – immer mit dem Argument von Effizienz und Kostensenkung. Welche schlimmen Auswirkungen das hat, kann man in den „Versuchslaboren“ der Neoliberalen – z.B. in  Griechenland und Portugal – beobachten.
Wir halten die Volksinitiative für einen guten Ansatz, den Widerstand gegen diese Entwicklung zu stärken. Im Moment gibt es eine erhöhte Aufmerksamkeit für dieses Thema angesichts der immer neuen Nachrichten von überlasteten Pflegekräften und Ärzt*innen in der Krankenhäusern. Und es gibt eine breite Unterstützung für den Anspruch, dass Gesundheit nicht als Ware gehandelt werden darf. Wir wollen uns deshalb nach Kräften dafür einsetzen, dass die Kampagne ein Erfolg wird.

Kommentare sind geschlossen.