Mittwoch 28.05.25, 21:08 Uhr
Wohnraumschutzsatzung für Bochum beschlossen

Schritt in die richtige Richtung


Der Rat der Stadt Bochum hat heute eine Wohnraumschutzsatzung verabschiedet. Der Mieterverein und das Netzwerk „Stadt für Alle“ begrüßen die Entscheidung als ersten Schritt in die richtige Richtung. Die Satzung legt fest, dass Wohnraum nicht länger als sechs Monate ohne „Zweckentfremdungsgenehmigung“ leerstehen gelassen oder gar abgerissen werden darf. Kritisiert wird, dass in der Verordnung Ein- und Zweifamilienhäuser und die Umwandlung in Ferienhäuser oder Gewerbeflächen ausgeklammert wird. Gefordert wird, dass nun auch genügend Personal eingestellt werden muss, das die Einhaltung der Wohnraumschutzsatzung überwacht.

Netzwerk „Stadt für Alle“
Bochum schützt Wohnraum
Das Netzwerk „Stadt für Alle“ begrüßt den heutigen Beschluss des Rates, eine Wohnraumschutzsatzung für Bochum zu erlassen, als ersten Schritt in die richtige Richtung. Die Satzung legt fest, dass Jeder, der Wohnraum mehr als sechs Monate leerstehen lassen oder abreißen will, eine „Zweckentfremdungsgenehmigung“ bei der Stadt beantragen muss.

Für das Netzwerk kommentiert Aichard Hoffmann: „Eigentlich ist es nur eine halbe Wohnraumschutzsatzung, denn das Thema Zweckentfremdung erfasst auch Umnutzung von Wohnraum in Gewerbe oder als Ferienwohnung. Das aber hat man bewusst außen vor gelassen. Zusätzlich sind Ein- und Zweifamilienhäuser ausgeklammert worden.“

Ursache dafür ist wohl, dass im Bereich Wohnraumschutz nur eine einzige Planstelle bei der Stadtverwaltung vorgesehen ist. Hoffmann: „Damit kann man natürlich nicht viel erreichen. Die Nachbarstadt Dortmund hat in diesem Bereich sechs Planstellen. Immerhin sind mit Leerstand und Abriss die richtigen Prioritäten gesetzt. Selbst nach offiziellen Zahlen – also ohne Dunkelziffer – stehen in Bochum 7.000 Wohnungen leer. Unerträglich für eine Stadt, in der ebenfalls ganz offiziell Wohnungsmangel besteht, und in der die Mieten ständig steigen.“

Hoffmann erinnert daran, dass das Thema Zweckentfremdung lange Zeit ein Tabuthema in Bochum war. „Die Bekämpfung von Leerständen war 2016 sozusagen das Gründungsthema unseres Netzwerks. Damals waren hunderte von Flüchtlingen in Turnhallen untergebracht, und gleichzeitig standen tausende Wohnungen leer. Wir haben eine langanhaltende Kampagne gestartet, und 2017 hat dann tatsächlich schon einmal eine Wohnraumschutzsatzung auf der Tagesordnung einer Ratssitzung gestanden. Sie wurde aber damals mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP abgelehnt.“

Das Netzwerk „Stadt für Alle“ hofft, dass die Stadt mit der neuen Satzung gute Erfahrungen sammelt. Denn die Versuche, die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt allein durch Neubau zu schließen, sind ganz offensichtlich gescheitert – trotz all der vielen Neubauprojekte auf der grünen Wiese, die zu zahllosen Konflikten mit Bürgerinitiativen geführt haben. Hoffmann: „Wir haben immer schon gefordert, sich mehr um den Bestand zu kümmern. Jetzt gibt es einen Einstieg. Der muss fortgesetzt werden. Es ist schade, dass die Ergänzungsanträge der Linken und der UWG, die Satzung zu erweitern um das Thema Umnutzung in Gewerbe und Ferienwohnungen, nicht angenommen wurde. Aber so eine Satzung gilt maximal für 5 Jahre. Wenn die Erfahrungen positiv sind, kann man vielleicht schon bald über eine Erweiterung reden.“

Mieterverein Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.
Wohnraumschutzsatzung für Bochum beschlossen: Mieterverein sieht Licht und Schatten
Der Rat der Stadt Bochum hat heute eine Wohnraumschutzsatzung verabschiedet. Der Mieterverein begrüßt den Beschluss als ersten Schritt, um Wohnen in Bochum wieder bezahlbarer zu machen. Der Verein hatte seit vielen Jahren die Einführung einer solchen Satzung gefordert. Die jetzt beschlossene Wohnraumschutzsatzung gilt für alle vermieteten Mehrfamilienhäuser. Vermieter sind damit verpflichtet, sich Abriss oder Leerstand genehmigen zu lassen. Wird dies unterlassen, drohen Ordnungsgelder. Gleichzeitig besteht die Chance, Gründe für Leerstände in Zusammenarbeit mit den Eigentümern zu überwinden.

Leider sind laut Beschlussvorlage der Verwaltung Ein- und Zweifamilienhäuser, von denen ebenfalls eine steigende Zahl leersteht, ausgenommen. Der Mieterverein ist zudem enttäuscht, dass die Satzung nicht, wie in anderen Städten, für die Umwandlung in Ferienwohnungen, Handwerkerwohnungen sowie Gewerbe gelten soll.

Sabine Mosler-Kühr, Geschäftsführerin des Mietervereins, sagt: „Wir erwarten von der Politik, dass sie die personelle Ausstattung zur Überwachung der Wohnraumschutzsatzung so schnell wie möglich erweitert. Ohne eine gute personelle Ausstattung droht die Satzung in der Praxis ins Leere zu laufen.“ Bisher ist in der Stadtverwaltung nur eine Personalstelle eingeplant, die eine unbekannte Zahl von Abrissen und mehrere Tausend Leerstände begutachten muss. Allein 4.000 dieser Wohnungen stehen bereits heute längerfristig leer. Zum Vergleich: In Dortmund kümmern sich sechs Fachkräfte um die Einhaltung entsprechender Regelungen.

Durch die Abschaffung der Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Wohnraum in Ferien- oder Handwerkerwohnungen sowie in gewerbliche Nutzung bleibt das Ausmaß dieser Umwandlungen weiterhin unbekannt. Der Mieterverein sieht hier dringend Handlungsbedarf, um eine adäquate Markteinschätzung zu ermöglichen. Gerade durch den Verlust von regulärem Wohnraum durch Kurzzeitvermietungen wird der ohnehin sehr enge Wohnungsmarkt noch weiter belastet. Schon heute finden Bochumer Mieterinnen und Mieter kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Immer häufiger sind sie gezwungen, Wohnungen mit Mieten, die 20 Prozent über dem Mietspiegel liegen, oder gar Wuchermieten, die 50 Prozent über dem Mietspiegel liegen, zu zahlen. Der Mieterverein fordert daher, schnellstmöglich eine unabhängige Studie durchzuführen, um Zahlen zur Anzahl der regelmäßig genutzten Ferien- und Handwerkerwohnungen zu erheben.

Als Schritt in die richtige Richtung sieht der Mieterverein in den Änderungsanträgen der Ratsfraktion „UWG:Freie Bürger“ und der „Linken im Rat“, die die bisherigen Schwächen der Wohnraumschutzsatzung in die Debatte gebracht hatten.

Für die Weiterentwicklung der Wohnraumschutzsatzung erwartet der Mieterverein eine jährliche Evaluation.