Freitag 04.04.25, 21:36 Uhr
Bochumer Wohnungsmarkt:

Noch enger, noch teurer 7


Vor Kurzem erschien der neue Bochumer Wohnungsmarktbericht, der schwerpunktmäßig die Daten des Jahres 2023 zusammenfasst. Diese zweijährlich erscheinende Broschüre der Stadt gibt einen sehr guten Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen auf dem Bochumer Wohnungsmarkt. Der Mieterverein Bochum fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.

»Unverändert zum letzten Bericht stellen die Autor:innen des Amtes für Stadtplanung und Wohnen der Stadt fest, die Situation auf dem Bochumer Wohnungsmarkt sei „in nahezu allen Teilsegmenten sogar noch angespannter als im Vorjahr“. Die demografische Entwicklung erfordere höhere Bedarfe an barrierefreiem Wohnraum für eine alternde Gesellschaft.

Dies wird auch durch die Einschätzungen der Marktakteur*innen im Rahmen des parallel erhobenen Wohnungsmarktbarometers bestätigt. Als aktuell größtes Problem auf dem Mietwohnungs- und Eigentumsmarkt sehen die Expert:innen die hohen Kosten für Planung und Neubau. Sie erwarten eine anhaltend angespannte bis sehr angespannte Marktlage für die nächsten zwei bis fünf Jahre.

Zusammenfassend stellen die Autor:innen des Wohnungsmarktberichts fest:

„Vor dem Hintergrund stark steigender Mieten und eines zurückgehenden geförderten Wohnungsbestandes bleibt die Schaffung bezahlbarer Wohnungsangebote sowie die Anpassung und Schaffung von seniorengerechtem Wohnraum eine zentrale Aufgabe der Bochumer Sozial- und Wohnungspolitik.“

Resumee des Mietervereins

Die Einschätzungen decken sich genau mit den Erfahrungen in der alltäglichen Beratung des Mietervereins. Besonders ältere und einkommensschwache Menschen kommen in die Beratung. Dies erfordert ein verstärktes Engagement in der kommunalen Wohnungspolitik für diese Nachfragegruppen.

Die hohe Anteil an älteren Gebäuden birgt sowohl das Risiko von Leerständen und Abrissen als auch das Potenzial, den Bestand wieder vermietbar zu machen. Bezahlbare Modernisierungsmaßnahmen im Wohnungsbestand wären also wichtig, um nicht nur den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, sondern die vielen lange unsanierten Häuser wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Dafür steht die Modernisierungsförderung der Landes als ein gutes Mittel bereit.
Interessante Zahlen aus dem Bericht

Im Untersuchungszeitraum (Juli 2023 bis Juni 2024) lag die Nettokaltmiete in Bochum im Mittel bei 8,31 EUR/qm. Das sind 47 Prozent mehr als 2014.

Die Dynamik der Umzüge innerhalb Bochums ist ein wichtiger Indikator für die Wohnungsmarktsituation. Ein knappes Wohnungsangebot führt in der Regel zu einer geringeren Anzahl von Umzügen innerhalb der Stadt, die Fluktuation nimmt ab. Im Jahr 2023 wurden rund 20.700 Umzüge innerhalb Bochums erfasst. Mit einer innerstädtischen Umzugshäufigkeit von nur 55 Umzügen pro 1.000 Einwohnern liegt die Fluktuation seit einigen Jahren auf einem äußerst niedrigen Niveau und deutet auf einen angespannten Wohnungsmarkt hin.

Zwar waren 2023 in Bochum, ähnlich wie auf Landesebene, Anstiege der Neubaufertigstellungen zu verzeichnen (auf 949). Allerdings deuteten gesunkene Genehmigungszahlen seit 2023 auf eine mögliche Abnahme künftiger Fertigstellungen hin. Die befragten Expert:innen prognostizieren eine zunehmende Anspannung auf dem Wohnungsmarkt. Die Gründe sehen sie in zu hohen Kosten für Bauland, Planung und Bau sowie die aktuelle Kapitalmarktlage.

Die Autor:innen des Wohnungsmarktberichtes schreiben, die Zahl der Sozialwohnungen sei in zehn Jahren um 2.000 gesunken. 2023 stieg zwar die Zahl der Sozialwohnungen erstmals wieder. Grund waren einmalige Bindungsankäufe von 478 Wohnungen durch das Land NRW. Allein die Ergebnisse durch Zusagen bei der Wohnraumförderung für Neubau und Modernisierung seit 2019 reichen weiterhin nicht aus, die Zahl auslaufender Bindungen (rund 450 im Jahr) zu ersetzen. Bis zum Jahr 2033 werde die Zahl des geförderten Wohnungsbestandes auf rund 9.000 Wohnungen sinken, was einem Rückgang von rund 27 Prozent entspricht.

Hinweise zum Wohnungsleerstand lieferten im letzten Jahr die Ergebnisse des Zensus 2022. Dieser gibt für das Stadtgebiet 7.150 leer stehende Wohnungen bzw. eine Leerstandsquote von 3,6 Prozent an. Als wichtigsten Grund für Leerstand auf dem Bochumer Wohnungsmarkt wird von den Expert:innen aus der Wohnungswirtschaft die fehlende Instandsetzung bzw. Modernisierung von Wohnraum genannt, besonders oft in Mietwohnungen im Privateigentum. Viele der Leerstände dürften daher unvermietbar sein. Interessanterweise ist das preisgebundene Marktsegment davon am geringsten betroffen.

Auch im Jahre 2023 sind die Preise für Haushaltsenergie stark gestiegen, um 14,2 Prozent. Immerhin zeigten die Verbraucherpreise für Haushaltsenergie im September 2024 einen Rückgang um vier Prozent. Auch nach dem Rückgang liegen die Preise weit über dem Niveau vor dem Ukraine-Krieg. Dies belastet weiterhin besonders ärmere Haushalte, die meist in Häusern mit nicht mehr zeitgemäßen energetischen Zustand leben.

Dieser schlechte energetische Zustand betrifft in Bochum eine besonders hohe Anzahl an Wohnungen. Über 70 Prozent der Wohnungen sind älter als 50 Jahre. Der energetische Zustand der Gebäude ist eine besondere Herausforderung, bestätigte im November 2024 eine Studie von Purpose Green. Danach gehörten 80,6 Prozent aller untersuchten Gebäude in Bochum zu den besonders schlechten Energieeffizienzklassen E bis H. Nur Kiel schnitt in der Studie noch schlechter ab als Bochum (dürfte VfL Fans bekannt vorkommen…).

Einige dieser Gebäude sind bereits als Problemimmobilien erfasst. Deren Zahl wird mit 181 in unterschiedlichen Abstufungen angegeben. Allerdings fehlt in Bochum eine systematische Erhebung. Gegenüber dem Mieterverein gibt es immer wieder Rückmeldungen über Problemimmobilien, die der Stadt anscheinend nicht bekannt sind.«


7 Gedanken zu “Noch enger, noch teurer

  • Norbert Hermann

    Der Wohnungsmarktbericht ist hier zu finden:

    https://www.bochum.de/C125830C0042AB74/vwContentByKey/W2DE9E8S356BOCMDE/$File/Wohnungsmarktbericht_2024.pdf

    Tatsächlich gibt es demnach in 2023 in Bochum 192.082 Wohnungen (lt. NRW-Bank sogar 201.939 – s.u.). Davon etwa 7.000 leerstehend, wovon etwa 5.000 „marktaktiv“der normalen Fluktuation geschuldet sind. Der Rest ist wohl derzeit nicht vermietbar, kann aber möglicherweise mit gutem Willen hergerichtet werden.

    Der Bericht gibt die Zahlen von 2023 wieder. Seitdem ist die Wohnungsnot weiter explodiert. Menschen mit wenig Geld haben kaum Chancen, eine Wohnung zu finden. Wenn dann sind die Angebote häufig unterste Sohle.

    Marginalisierte, besonders vulnerable Menschen wie gesundheitlich Beeinträchtigte, Alleinerziehende, ehedem Geflüchtete, Vorbestrafte … haben gar keine Chance und werden von der Stadt in einer der Notunterkünfte (insgesamt etwa 900 Plätze) untergebracht. 580 weitere Plätze an 3 Standorten (Auf der Heide 32, Bövinghauser Hellweg 94, Kemnaderstr. 437) sollen demnächst bereit stehen. Dazu gibt es noch etliche Wohnungen in städtischem Besitz/Verwaltung/Belegungsrecht. Solche Unterbringungen sollten nur vorübergehend sein.

    Wohl mehrere tausend Menschen sind in Bochum ohne Wohnung. Nur ein Teil davon erfasst, die Dunkelziffer ist gross: https://www.bo-alternativ.de/2017/10/22/im-untergrund/. Manche müssen trotz Trennung in der Ex- „Partnerwohnung“ oder bei Eltern wohnen bleiben, oder in Wohnungen die nicht der Familiengröße entsprechen – relative „Wohnungslosigkeit“.

    Jegliches „Handlungskonzept Wohnen“ der Stadt Bochum scheint in dieser Hinsicht nicht zu funktionieren. Das Wohnungsnotfallhilfekonzept funktioniert kaum, weil keine (Ersatz-) Wohnungen verfügbar sind.

    Dieser absolute Notstand wird nicht angemessen gewürdigt. Es muss dringend der Wohnungsnotstand ausgerufen werden. Der Krisenstab muss dazu aktiviert werden. Alle angedachten Maßnahmen wie z.B. Sanieren und Erweitern im Bestand reichen nicht und dauern lange. Es muss unbedingt und schnell gebaut werden, und zwar durch die Stadt selbst (bzw. VBW), auf durchaus vorhandenem städtischem Bauland, in einfachster Bauweise (die alten „Schlichtwohnungen“, aber heutzutage mit Bad).

    **********************

    Quellen:

    Schlichtwohnungen: https://hug-bau.de/projekt/neubau-von-schlichtwohnungen/

    https://www.shz.de/lokales/husum/artikel/schlichtwohnungen-in-husum-werden-2024-gebaut-45969503

    Handlungskonzept Wohnen Bochum 2024

    https://www.bochum.de/C125830C0042AB74/vwContentByKey/W2D7QD8W494BOCMDE/$File/Handlungskonzept_Wohnen_Bochum_2024.pdf

    Wohnungsnotfallhilfekonzept 2022

    https://bochum.ratsinfomanagement.net/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZXOSsCAuH7EViFeznQltmyV58JTBREiiHFqRLtY9Qmjv/Wohnungsnotfallhilfekonzept_2022.pdf

    Auflistung vorhandener Unterbringungseinrichtungen in Bochum (Stand 03/2022)

    https://bochum.ratsinfomanagement.net/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZdavGRv08y8QFCq-QyywIJ29JFcP97Z-4vmJ2xAA88Qv/Anlage_VI_Auflistung_vorhandener_Unterbringungseinrichtungen_in_Bochum.pdf

    Wohnungsmarktbeobachtung

    https://www.nrwbank.de/de/die-nrw-bank/research/wohnungsmarktbeobachtung/wohnungsmarktprofile/ > Bochum

    Unten auf der Seite lässt sich ein Bestellformular finden.

    https://www.nrwbank.de/de/die-nrw-bank/research/wohnungsmarktbeobachtung/wohnungsmarktprofile/

    Newsletter Wohnungsmarktbeobachtung (bestellen unten auf der Seite):

    Dazu alle Wohnungsmarktberichte:

    https://www.nrwbank.de/de/die-nrw-bank/research/wohnungsmarktbeobachtung/wohnungsmarktbericht/

    Auch hier: Newsletter Wohnungsmarktbeobachtung (bestellen unten auf der Seite):

    Es war einmal …: Stadt will Neubauten massiv ankurbeln (2016 – „Bis zu 4000 neue Wohnungen benötigt Bochum mittelfristig“)

    https://www.waz.de/staedte/bochum/article11560567/stadt-will-neubauten-massiv-ankurbeln.html

    Wohnungsnotfallhilfen vorausschauend planen und präventiv handeln. Eine Praxishilfe für Kommunen und freie Träger der Wohlfahrtspflege.

    https://www.mags.nrw/system/files/media/document/file/mags_praxishilfe._web.pdf

  • h.vonthorn

    Wieso hat Bochum obendrein die teurste Abfallentsorgung von ganz Deutschland? An die 2000 Euro jährlich mehr als alle anderen Kommunen -zusätzlich kommt die Abwasserversorgung dazu, die auch alles sprengt – warum hört und sieht man dazu nix? Und: Warum werden die jedes Jahr steigenden Index- und Staffelmieten nicht statsitisch erhoben? Auch hier: Mietpreise, die alte und auch junge Bochumer mittlerweile dazu zwingen in Nachbarstädte auszuweichen – interessiert das alles nicht mehr?

  • Andreas

    Allein in unserem engeren Wohnumfeld stehen zwei komplette Mehrfamilienhäuser seit langer Zeit leer.
    Die Vermieter*innen haben in zwei Fällen, die ich kenne, nicht das Geld, die ziemlich heruntergekommenen Wohnungen incl. z.B.Heizung zu renovieren. Verkaufen möchten Sie auch nicht, da sie in den Häusern geboren bzw. groß geworden sind. In zwei Fällen wohnen sie jeweils selber in der letzten bewohnten bzw. bewohnbaren Wohnungen.

    Das sind kein Arschlochvermieter, sondern sie haben so ihre persönlichen Probleme.

    Die Kommune könnte anregen, dass VBW, GWG, Bochumer Wohnstätten o.ä. diesen Vermietern ein Angebot machen, dass diese in ihren Wohnungen weiter wohnen können und sie die Wohnungen renovieren und vermieten.

    Da wäre in den mir bekannten Fällen eher psychologisches Geschick gefragt, diese Wohnungen wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen. Ich sehe da die Stadt in der Pflicht.

    • Trapezkünstler

      „Ich sehe da die Stadt in der Pflicht“
      Ich nicht!
      Etwas weniger Protest und Aufgeregtheit bei Neubaumaßnahmen könnten auch helfen schneller Wohnungen fertigzustellen.

      • Andreas

        Ich habe nicht über neu zu bauenden Wohnungen, sondern von schon gebauten Wohnungen, die leer stehen. geschrieben.
        Diese Wohnungen könnten preiswerter und schneller vermietet werden, als Neubauten, aber das eine schließt das andere ja nicht aus. Mach mal einen Vorschlag, wer, wenn nicht die Stadt und z.B. die VBW, das Problem mit dem leerstehenden Wohnungsbestand angehen könnte.

      • Martin Krämer / Mieterverein Bochum

        Es braucht weiterhin Neubau, der möglichst schnell erstellt wird. Leider ist das aktuell nicht so einfach. Das Problem bei Neubaumaßnahmen liegt nicht bei Protesten, als vielmehr in der Baukrise. Die sorgt nicht nur für ungeheure Kostensteigerungen mit Mietpreise zwischen 11 und 16 €/m² im Neubau. Viele Bauprojekte mussten wegen Problemen bei der Finanzierung ganz gestoppt werden. Der Fachkräftemangel sorgt für weitere Herausforderungen. Diese Lage wird nach Einschätzung aller Expert:innen noch einige Jahre anhalten.

        Daher ist derzeit zentral Bestandspolitik zu betreiben, damit nicht noch mehr Wohnungen unbewohnbar werden oder gleich abgerissen. Zielgerichtete Wohnungspolitik muss daher leere Wohnungen vor dem Verfall retten, Baumängel in bewohnten Gebäude beseitigen und die Wärmewende in überalterten Wohnungen (Dämmung und neue bezahlbare Heizungen) vorantreiben. Gegen Mängel hilft die Wohnungsaufsicht, gegen Leerstand die Wohnraumschutzsatzung, die Bochum bald bekommt. An der Wärmewende arbeiten die Stadt, Wohnungsunternehmen und Stadtwerke bereits. Der Aspekt der Bezahlbarkeit benötigt dafür nach Ansicht des Mietervereins noch mehr Beachtung.

        • Norbert Hermann

          Richtig: „Es braucht weiterhin Neubau, der möglichst schnell erstellt wird.“ Aber warum dann wieder relativieren und die Ausflüchte der Verantwortlichen nachplappern? Wo es schwierig wird, muss die Stadt (bzw. VBW) selbst bauen. Koste es was es wolle. Wohnen ist ein Menschenrecht, und das darf nicht abhängig gemacht werden von fiskalischen Erwägungen. Was im Übrigen für das gesamte Sozialrecht Grundsatz ist.

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