Für das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung war die zentrale Veranstaltung im Kunstmuseum Bochum und die danach in den Bochumer Bezirken geplanten Veranstaltungen zum 50-jährigen Jubiläum der Ruhrgebietsreform kein Grund zum Feiern.
Das Netzwerk schreibt: »Am 01.01.2025 jährte sich die Gebietsreform NRW zum fünfzigsten Male. Für Wattenscheid bedeutete die von oben angeordnete Eingemeindung nach Bochum der Verlust der Selbständigkeit – im westlichsten Stadtbezirk Bochums also kein Grund zum Feiern!
Deshalb gibt es statt Feierlichkeiten nun mehrere Veranstaltungen unter dem Motto „Sechs Bezirke, eine Stadt. 50 Jahre Gemeindereform“, in denen die Entwicklung der einzelnen Bochumer Bezirke gewürdigt werden soll. Nach einer zentralen Auftaktveranstaltung am 05.02.2025 im Kunstmuseum folgen in den sechs Bezirken jeweils eigene Veranstaltungen. Die Bedeutung der Bezirke für die Demokratie in der Kommune soll hervorgehoben werden.
Schließlich wurde mit dem Gesetz zur Gebietsneugliederung zum 01.01.1975 zeitgleich in die Gemeindeordnung NRW die Pflicht aufgenommen, große kreisfreie Städte in Stadtbezirke einzuteilen und dort jeweils Bezirksvertretungen sowie Bezirksverwaltungsstellen einzurichten. Nach der Gesetzesbegründung sollten in erster Linie Bürgernähe und mehr Teilhabe an politischen Entscheidungen geschaffen werden, um so mehr Identifikation mit den Entscheidungen in den gewählten Vertretungen zu erzielen. Damit sollten die damals verstärkt auftretenden Bürgerinitiativen sowie freien Wählergemeinschaften überflüssig gemacht werden (siehe angehängte NRW-Landtagsdrucksache 07/3799, S.11).
Zivilgesellschaftliche Organisationen sind seit damals in Bochum keineswegs verschwunden. In den letzten Jahren ist ihre Zahl eher noch gestiegen. Und bei der Kommunalwahl Ende diesen Jahres ist mit dem Einzug weiterer Parteien in den Bochumer Rat zu rechnen. Das mit der Verpflichtung zur Einteilung des Stadtgebiets verfolgte Ziel ist offensichtlich verfehlt worden.
An den Bezirksvertretungen liegt das nicht. Dort wird tatsächlich Bürgernähe gezeigt, was die Unterstützung von Protesten vor Ort und der Umgang mit Eingaben und Fragen aus der Bürgerschaft zeigen. Es reicht aber eben nicht, nur in den Bezirken Bürgernähe zu zeigen. Bürgernähe muss auch in das Bochumer Rathaus einziehen! Und damit tun sich die dortigen Verantwortlichen nun aber einmal schwer.
In den letzten Jahren entfernt sich der Blick aus dem Rathaus auf die Probleme in den Stadtteilen immer mehr von der Sicht in den Bezirksvertretungen. Beispiele hierfür sind u.a. gegensätzliche Sichtweisen im Rat und den Bezirken Ost bzw. Wattenscheid zur Schließung der Freibäder in Langendreer und Höntrop, das Schweigen der Gremien im Rathaus zu der von der Verwaltung ausgebremsten Anregung aus dem Bezirk Nord gegen die Ecosoil-Ansiedlung in Gerthe sowie die seit Jahren durchgehaltene Untätigkeit im Rathaus auf Anregungen aus dem Bezirk Süd zum LKW-Problem in Steinkuhl. Deutlich wurden die unterschiedlichen Sichtweisen zuletzt im Dezember 2024 beim Umbau der Graf-Adolf-Straße in Wattenscheid. Die dortige Bezirksvertretung wollte aufgrund der Proteste vor Ort hierzu eine Bürgerversammlung für alle Interessierte. Dem Umweltausschuss hingegen reichte die vorher online erfolgte Befragung der anliegenden Grundeigentümer*innen.
Die Bezirke mögen noch soviel Bürgernähe zeigen. Solange eine solche nicht auch in den Entscheidungen im Rat und in den Ausschüssen erkennbar ist, wird es weiterhin an einer Identifikation mit den Entscheidungen in Rathaus fehlen. Die Menschen vor Ort fühlen sich unverstanden, in den Stadtteilen nimmt die Akzeptanz politischer Entscheidungen immer mehr ab.
Die Umsetzung der mit der Gebietsreform verfolgten Ziele ist in Bochum gescheitert. Also im Kommunalwahljahr kein Grund zum Feiern!«
Der damalige Gesetzentwurf zur Reform der Gemeindeordnung im Wortlaut