Das Hattinger Forum für Demokratie lädt am Sonntag, den 20. Oktober um 16 Uhr im Bürgerzentrum Holschentor zu einerr Lesung. Tobi Dahmen präsentiert „Columbusstraße“: »Ausgehend von Zeitzeugnissen seiner Familie zeichnet Tobi Dahmen in dieser Graphic Novel eine bewegende Chronik der deutschen Kriegsjahre, die weit über das Private hinausgeht. Im Spiegel seiner Familiengeschichte reflektiert er eindrücklich die deutsche Vergangenheit und Fragen nach politischer und persönlicher Verantwortung. Mit Feingefühl und akribischer Recherche gestaltet Dahmen ein Werk von emotionaler Tiefe und historischer Relevanz.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Umgang mit der Vergangenheit in Deutschland erstmal von Schweigen geprägt. Wie war das in deiner Familie? Was hast du über diese Zeit von deinem Vater und seinen Geschwistern, was von deinem Großvater erfahren? Inwiefern haben die Berichte aus dem Nachlass deines Vaters deinen Blick auf deine Familie verändert?
Tobi: Im Grunde wurde in unserer Familie geschwiegen, wie in den meisten anderen deutschen Familien, die den Krieg miterlebt haben auch. Aber vor allem von den Verantwortlichen, den Mitläufern und Tätern. Meine beiden Eltern haben den Krieg allerdings als Kinder erlebt, beide waren nicht besonders traumatisiert, wenn ich mir das Urteil überhaupt erlauben darf, auch wenn sie beide auch Schreckliches erlebt haben. Sie haben uns schon als Kinder viel erzählt, von dem vermissten Onkel, von Opa im „Zuchthaus“, von der Pflegefamilie im Schwarzwald, deren Vater von den Nazis erschossen wurde. Es ist komisch, wenn ich jetzt die Bilder, die ich davon als Kind hatte, mit meinen Recherchen abgleiche.
Ich musste aber auch tatsächlich einige Familienerzählungen an die Wirklichkeit angleichen, es ist nicht schön, was man in den Briefen liest, abgesehen von der Liebe für die Familie. War mein Großvater zwar ein Regimegegner, was vor allem mit seinem katholischen Glauben zu tun hatte, so war er aber auch wie so viele andere Nationalist und hatte Ressentiments gegenüber der jüdischen Bevölkerung. Es schmerzt natürlich, sowas zu lesen. Er ist damit aber eben leider auch ein typischer Vertreter des katholischen Milieus dieser Zeit. Es ist nicht so schwarzweiß, wie wir uns das immer gerne vorstellen wollen. Diese Zeit besteht aus sehr vielen, meist sehr dunklen Grautönen. Die Briefe meiner Onkels sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache. Sie haben Schreckliches erlebt und sie hätten sicherlich lieber was anderes mit ihrem Leben angefangen, aber gleichzeitig sind sie beide nach Jahren der Indoktrination freiwillig in einen Vernichtungskrieg gezogen, in dem Millionen Menschen umgebracht wurden. Und daran haben sie mitgewirkt, genauso wie die Menschen, die dieses System zuhause unterstützt haben, einem System, dem es immer nur um den Krieg und Vernichtung ging.
Bürgerzentrum Holschentor, Talstr. 8, 45525 Hattingen
Sonntag, den 20. Oktober 2024
ab 15:00 Uhr, Essen und Trinken,Kennenlernen und Klönen
ab 16:00 Uhr, Tobi Dahmen präsentiert „Columbusstraße“