Montag 16.09.24, 15:01 Uhr
Offener Brief der Initiative Langendreer/ Werne gegen Nazis

Rücknahme der Drohung mit Fördermittelkürzung! 4


Zur Intervention der Stadt Bochum gegen die Guernica-Gaza Ausstellung im Bahnhof Langendreer hat die Initiative Langendreer und Werne gegen Nazis einen offenen Brief an den Oberbürgermeister und den Kulturdezernenten der Stadt gerichtet: »Die Initiative „Langendreer und Werne gegen Nazis“ ist seit ihrer Gründung 2011 eng mit dem Bahnhof Langendreer verbunden. Der Bahnhof hat uns in all diesen Jahren in unserem Engagement gegen rechte Ideologien und rechte Gewalt begleitet und unterstützt. Deshalb liegt es uns am Herzen, dem aktuellen Konflikt zwischen der Stadt Bochum und dem Bahnhof Langendreer Stellung zu nehmen. Wir halten es für zwingend, dass die finanzielle Förderung des Kulturzentrums Bahnhof Langendreer in vollem Umfang und ohne Zensur fortgesetzt wird und weisen die jüngsten Überlegungen der Stadt Bochum (s. Pressemitteilung vom 05.09.24) entschieden zurück.

Anlass dieser Diskussion ist eine mittlerweile abgesagte Ausstellung des palästinensischen Künstlers Mohammed Al Hawajri, die im Vorfeld für heftige Debatten sorgte.
Der Bahnhof Langendreer ist seit vielen Jahren ein unverzichtbarer Ort der Begegnung, der sich klar gegen Antisemitismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit und andere Formen von Diskriminierung positioniert. Dies zeigt nicht zuletzt das weithin sichtbare übergroße Banner über dem Eingang, das den entschiedenen Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus betont. Es ist bekannt, dass sich alle Veranstaltungen des Bahnhofs in diesem Rahmen bewegen. Zwar ist es ein richtiger Grundsatz, dass das Kulturbüro keine Veranstaltungen fördert, durch die Bevölkerungsgruppen diskriminiert und herabgesetzt werden. Aber was ist die Kunst- und Meinungsfreiheit in Bochum noch wert, wenn notwendige Fördermittel davon abhängen, dass jeder einzelne Programmpunkt von der Stadt Bochum inhaltlich für richtig bzw. politisch für opportun gehalten wird? Eine solche Zensur stellt die Existenz jeder Kulturinstitution in Frage, die sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft einsetzt. Dazu gehört es nämlich auch, Kontroversen nicht totzuschweigen, sondern zur Diskussion zu stellen.
Was den konkreten Inhalt des Konflikts betrifft, schließt sich die Initiative „Langendreer und Werne gegen Nazis“ all denen an, die es ablehnen, dass der Begriff „Israelbezogener Antisemitismus“ dazu benutzt wird, jede Kritik an der Politik der israelischen Regierung zu unterbinden. Es geht nicht an, dass die Menschenrechtsverletzungen, die Israel in Gaza begeht, nicht einmal diskutiert werden dürfen. Denn diesen Diskussionsraum zu öffnen, war ja die Absicht des Bahnhofs mit der Ausstellung.
Wir werden weiterhin alles daransetzen, dass der Bahnhof Langendreer als wichtiger Akteur im Kampf gegen Diskriminierung und für die Stärkung demokratischer Werte erhalten bleibt. Statt Mittelkürzungen anzudenken, fordert die Initiative eine fortlaufende finanzielle Unterstützung durch die Stadt Bochum, um sicherzustellen, dass der Bahnhof Langendreer auch weiterhin ein Ort des Austauschs und der kulturellen Vielfalt bleibt.«


4 Gedanken zu “Rücknahme der Drohung mit Fördermittelkürzung!

  • Karsten Finke

    Natürlich war die Drohung der Mittelkürzung falsch, denn man sollte nicht Druck aufbauen, indem man Existenz bedroht. Sich gegen diese Ausstellung zu stellen, ist jedoch antifaschistische Pflicht!
    Was für eine schreckliche Stellungnahme! Diese Passage „Was den konkreten Inhalt des Konflikts betrifft, schließt sich die Initiative „Langendreer und Werne gegen Nazis“ all denen an, die es ablehnen, dass der Begriff „Israelbezogener Antisemitismus“ dazu benutzt wird, jede Kritik an der Politik der israelischen Regierung zu unterbinden.“ ist besonders widerlich! Denn sie impliziert, dass Kritik an der israelischen Regierung immer als antisemitisch gebrandmarkt würde. Diese Aussage selbst ist jedoch antisemitisch, denn sie sagt eigentlich, dass man nichts gegen Jüd*innen sagen dürfte. Dieses rechtsextreme Verhaltensmuster (Man wird ja wohl noch sagen dürfen) ist für Antifaschist*innen unmöglich. Antifaschist*innen müssten diese offen rechtsextreme Ausstellung bekämpfen anstatt sich vor sie zu stellen. Es ist gut, dass der Bahnhof Langendreer diese Ausstellung nicht zeigt und damit seinen antifaschistischen Charakter nicht aufgibt.

    • Annette

      Vielen Dank, lieber Karsten. Als Mitglied einer Initiative, die seit Jahrzehnten antifaschistische Arbeit macht, freut mensch sich ja besonders, endlich mal auf unsere „antifaschistische Pflichten“ hingewiesen zu werden. Der von dir zitierte, aber offensichtlich nicht verstandene Satz bedeutet übrigens: Es gibt Kritik an Israel, die antisemitisch ist (Israelbezogener Antisemitismus), aber es gibt auch berechtigte Kritik an der israelischen Regierung, die nicht antisemitisch ist. Das ist auch die Aussage der „Jerusalemer Erklärung“, deren gut begründete und ausführlich diskutierte Antisemitismus -Definition ich teile.
      Wenn du meinst, noch etwas sagen zu müssen, tu das. Ich werde auf weitere Ausfälle von dir nicht mehr antworten.

      • Karsten Finke

        Das ist kein Ausfall meinerseits! Ich bin nur langsam wütend des ständigen Antisemitismus in einem Großteil der deutschen Gesellschaft. Kein Staat auf dieser Welt wird häufiger kritisiert als Israel (aber man darf es ja nicht). Nicht der Iran, nicht Saudi-Arabien, nicht Afghanistan, nicht Frankreich, nicht Deutschland. Das einzige Land auf diesem Planeten mit einer mehrheitlich jüdischen Bevölkerung wird ununterbrochen verteufelt. In den bürgerlichen Medien, in den linken Medien und natürlich noch extremer von Nazis. (Fast) Jedes Künstler*innenkollektiv hat eine Meinung zu Israel und sie ist fast immer negativ. Ein Staat in dem nicht einmal 10 Mio. Menschen leben ist der größte Feind der Welt. Und dann kommen vermeintlich Linke und setzen auch noch ein deutsches Kriegsverbrechen mit der Situation in Gaza gleich. Dabei ist die Situation eigentlich mit Dresden vergleichbar. Die Hamas hat versucht so viele Jüd*innen wie möglich zu vernichten, es war das größte Massaker an Jüd*innen seit der Shoa. Aber nur ein paar Tage später war Israel wieder die böse. Und dann spricht eine vermeintlich linke Initiative davon, dass der arme Bahnhof Langendreer zensiert würde, weil er keine Nazi-Ausstellung zeigen darf! Die palästinensische Führung wurde von den Nazis mit aufgebaut, es gab eine SS-Division Freies Arabien. Der Großmufti von Jerusalem war ein Freund Hitlers und hat versucht ihn zu überzeugen, nach den europäischen Jüd*innen alle Jüd*innen im Nahen Osten zu vernichten. In Gaza gibt es Geschäfte, die „Hitler“ heißen, Hitler wird in Gaza verehrt, ihm wird „nur“ vorgeworfen, nicht alle Jüd*innen vernichtet zu haben. Das Hakenkreuz wird in Gaza gerne genutzt. Der Iran, der auch alle Jüd*innen auslöschen möchte, finanziert die Hamas und die Hisbollah und den Islamischen Jihad. Die Hisbollah hat den Hitlergruß als offiziellen Gruß. Aber gegen alle diese Organisationen machen vermeintlich Linke nichts. Wo ist eine Ausstellung gegen die Hamas? Wo ist eine Ausstellung gegen die Hisbollah? Wo ist eine Ausstellung gegen die Houthi? Wo ist eine Ausstellung gegen das iranische Regime? Wo ist eine Ausstellung gegen Assad? Wo ist eine Ausstellung gegen Putin? Wo ist eine Ausstellung gegen China? Wo ist eine Ausstellung gegen Saudi Arabien? Alle diese Staaten und Personen sind gefährlicher, bedeutender und tödlicher als es Israel jemals sein könnte. Aber nein, der Bahnhof Langendreer muss eine Ausstellung gegen Israel planen. Was ist das denn anderes als Antisemitismus? Sorry, dass ich echt sauer bin. Aber die deutsche Linke interessiert sich mittlerweile einen Dreck für lebende Jüd*innen und das werde ich niemals akzeptieren! Die wichtigste ist und bleibt, dass Auschwitz nie wieder sei!

  • Andreas

    Jenseits der Pole von angeblicher oder tatsächlicher Verteufelung Israels und dem Versuch aus der Tatsache, dass es in Gaza Stadt ein Geschäft gibt mit dem Namen „Hitler2“ (und der entsprechenden Gesinnung des Besitzes) einen realistischen Blick auf die Menschen in Gaza und ihre Positionen abzuleiten, empfehle ich hier den Podcast von Shai Hoffmann „Ãœber Israel und Palästins sprechen“: https://open.spotify.com/show/6ELf1xivmWUwMvTSoZUhCv

    Ich weiß, die einen werden entweder mich oder Shai Hoffmann jetzt als Antisemiten beschimpfen und die anderen werden entweder mich oder Shai Hoffmann jetzt als Unterstützer eines genozidelen Kolonialsystems abstempeln…..es geht mir am A…vorbei.

    Bilder von Mohammed Al Hawajri kann man hier sehen und sich ein eigenes Bild machen, allerdings kann man dort natürlich nicht darüber diskutieren: https://www.instagram.com/hawajriart/

    Ãœbrigens gibt es hier Bilder unserer Bekannten Shima Farhadieh, die vor drei Jahren wegen eben dieser Bilder den Iran verlassen musste: https://www.instagram.com/shimafarhadieh/

    Und hier Fotos von Maksim Babenko, der vor einem Jahr als international bekannter Fotojournalist Russland verlassen musste und jetzt in Bochum lebt: https://www.instagram.com/maksimbabenko/

    Ich rede mittlerweile lieber mit solchen Menschen über die Situation in ihren Herkunftsländern, als mir von WEISSEN Linken die Welt erklären zu lassen. Aus vielen dieser Gespräche mit Menschen aus den Herkunftsländern komme ich oftmals mit mehr Fragen und Uneindeutigkeiten heraus und meine Erkenntnisse bestehen in der Regel eher aus dem Erkennen von Spannungsfeldern.

    Bezüglich der Ausstellung hätte ich übrigens gut eine Kombination aus Ausstellung und Workshops durch die „KIGA – Keuzberger Iinitiative gegen Antisemitismus“ (https://www.kiga-berlin.org/) vorstellen können. Anfang des Jahres habe ich dort einen Workshop, bei dem es u.a. um Bildanalyse ging, besucht und fand das sehr hilfreich.

    Schade, eine verpasste Chance sich jenseits von „Du Antisemit*in vs. „Du Antideutsche*r“ mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Kommentare sind geschlossen.