Liebe Mitmenschen,
heute versammeln wir uns nicht nur, um an vergangene Kriege zu erinnern, sondern auch, um gegen die Schrecken anzugehen, die uns immer noch umgeben. Der 1. September, der Antikriegstag, erinnert uns daran, dass Kriege nie eine Lösung sind, sondern stets Leid und Zerstörung bringen.
In diesen Tagen müssen wir besonders laut und deutlich unsere Stimmen erheben gegen den Krieg in der Ukraine, der seit Jahren unschuldige Menschenleben kostet und ganze Gemeinschaften zerstört. Wir dürfen nicht schweigen, wenn Menschen auf beiden Seiten dieser sinnlosen Auseinandersetzung Leid erfahren. Wir müssen klarstellen: Krieg ist keine Option!
Die russische Regierung trägt eine besondere Verantwortung für die Eskalation in der Ukraine. Ihr aggressives Vorgehen und ihre undurchsichtigen geopolitischen Ambitionen haben zu einem Konflikt geführt, der unzählige Menschenleben gefordert hat und weiterhin fordert.
Als Pazifistinnen und Pazifisten müssen wir die russische Führung kritisieren für ihre Handlungen, die nicht im Einklang mit den Werten des Friedens und der Menschenrechte stehen.
Doch lassen Sie uns auch klarstellen, dass Kritik an einer Regierung nicht gleichbedeutend ist mit Feindseligkeit gegenüber dem russischen Volk. Viele Menschen in Russland leiden unter den Auswirkungen dieses Konflikts genauso wie die Menschen in der Ukraine. Wir dürfen nicht zulassen, dass nationalistische Rhetorik und Feindbilder uns voneinander trennen. Unsere Solidarität gilt den Opfern auf allen Seiten.
In diesen Zeiten ist es besonders wichtig, für diejenigen einzustehen, die den Mut haben, sich dem Krieg zu widersetzen. Wir fordern Asyl und Schutz für Deserteure und Deserteurinnen, Kriegsdienstverweigerer und Kriegsdienstverweigerinnen, Kriegsdienstentzieher und Kriegsdienstentzieherinnen, Kriegsgegner und Kriegsgegnerinnen! Diese Menschen leisten einen unvergleichlichen Beitrag zum Frieden, indem sie sich dem Krieg widersetzen und dem Druck ihrer Regierungen trotzen. Sie sind keine Verräter, sondern Heldinnen und Helden des Friedens. Kriegsverrat ist eine Friedenstat!
Aber lassen Sie uns auch auf eine andere besorgniserregende Entwicklung eingehen. Nach der Messerattacke in Solingen hat sich die politische Rhetorik gegenüber Geflüchteten weiter verschärft. Statt die Ursachen von Gewalt und Radikalisierung zu bekämpfen, wird der Druck auf die bereits verletzlichen Geflüchteten weiter erhöht. Diese Verschärfung der Politik, die sich oft in repressiven Maßnahmen und einem Anstieg der Diskriminierung niederschlägt, ist nicht nur unethisch, sondern auch kontraproduktiv. Sie schürt Ängste und Vorurteile, anstatt die tatsächlichen Probleme anzugehen.
Wir müssen uns klar gegen diese politischen Instrumentalisierungen stellen, die in Krisenzeiten auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden. Es ist unsere Pflicht, für eine humane Flüchtlingspolitik einzutreten, die auf Solidarität und Menschlichkeit basiert. Jeder Mensch, der vor Krieg und Verfolgung flieht, verdient Schutz und Unterstützung, nicht zusätzliche Belastungen und Diskriminierung.
Als Herbert Grönemeyer in seinem Lied „Kinder an die Macht“ sang, forderte er eine neue Art der Politik, die von Empathie und Gerechtigkeit geprägt ist. Diese Vision ist aktueller denn je: Wir müssen die Verantwortung für eine friedliche Zukunft übernehmen und uns dafür einsetzen, dass unsere politischen Entscheidungen von diesen Werten geleitet werden. Wir fordern den Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag!
Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass die Bürgerinnen und Bürger am Sonntag in Ostdeutschland aus Protest und Überzeugung demokratische Parteien wählen, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und eine starke demokratische Gesellschaft einsetzen. Ihre Stimmen sind entscheidend für eine positive Zeitenwende und für die Stärkung der Demokratie in diesem Land.
Wir müssen uns fragen, was wir hier und heute tun können, um einen positiven Wandel herbeizuführen.
Der Weg zum Frieden liegt nicht in der Eskalation, sondern im Dialog, in der Diplomatie und in der Achtung der Souveränität und der Menschenrechte aller Nationen. Wir müssen uns für internationale Institutionen stark machen, die den Dialog fördern und Konflikte auf friedliche Weise lösen können. Keine Waffenexporte! Und schon gar nicht in die Kriegsgebiete!
Wir stehen für soziale Gerechtigkeit ein. Kriege und militärische Konflikte lenken Ressourcen ab, die dringend benötigt werden, um Armut zu bekämpfen, Bildung zu fördern und die Umwelt zu schützen. Die Kosten des Krieges sind nicht nur in Geld zu messen, sondern auch in zerstörten Gemeinschaften und verlorenen Leben.
Und ich erinnere uns alle an den Gedanken: „Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.“ Das ist die Essenz des Pazifismus – den Mut und die Entschlossenheit zu haben, sich dem Krieg zu widersetzen und eine andere, friedliche Zukunft zu gestalten. Deswegen bin ich gerne Pazifist und friedenstüchtig. Eure Kriege – ohne uns!
Hiermit schließen wir unseren Friedensvertrag! Frieden heißt „mir“ auf Russisch und Ukrainisch, was auch „Welt“ bedeutet. Frieden der Welt! (Händedruck mit Andrii Konovalov)
Vielen Dank.