Samstag 20.07.24, 14:27 Uhr
Kundgebung am 18.7.24 in Bochum Gegen Gewalt an wohnungslosen Menschen

Redebeitrag der Initiative Todesfälle bei Polizeieinsätzen aufklären (topa)


Die Straße ist nicht sicher, immer wieder werden Personen, die temporär oder langfristig obdachlos sind, auf der Straße angegriffen, verletzt oder sogar getötet. Besonders auffällig sind die Tode, die auf einen Polizeieinsatz folgen. In diesem Jahr ist das bereits mindestens ein Mal in NRW geschehen. Am 3. April wurde Andrzey von der Dortmunder Polizei erschossen. Er sei mit einer Eisenstange auf die Beamt:innen losgegangen, heißt es. Aber warum haben die Polizist:innen, die in der Überzahl und bewaffnet waren, nicht geschafft den Mann ohne größere Verletzungen zu überwältigen? Warum musste Andrzey sterben?

Diese Fragen stellen sich auch bei den mindestens zwei wohnungslosen Menschen, die im letzten Jahr bei oder nach Polizeieinsätzen gestorben sind. Und ebenso bei den drei wohnungslosen Menschen im Jahr davor. Diese Tode sind keine Einzelfälle! Die Polizeigewalt gegen Wohnungslose ist kein Zufall!

Wir sind vom Rechercheteam „Tode bei Polizeieinsätzen aufklären“ (kurz topa). Wir recherchieren und dokumentieren seit 2022, wie viele Menschen bei Polizeieinsätzen ums Leben kommen. Wir zeigen auch, wie viele Fälle unaufgeklärt bleiben. In den vergangenen zwei Jahren Recherche sind uns mehrere Muster aufgefallen. Besonders häufig sterben im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen Menschen, die mutmaßlich von Rassismus/ Diskriminierung betroffen sind, arme Menschen, Menschen in psychischen Krisensituationen und Menschen, die als wohnungslos wahrgenommen werden. Die Polizei stellt Menschen dieser Gruppen in ihren Berichten als gefährlich dar. Das rechtfertigt dann den übermäßigen Einsatz von Gewalt. Statt Schutz für alle, funktioniert die Polizei als Schutz für wenige, reiche, „weiße“ und gesunde Personen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?

Wir sind davon überzeugt, dass die Gewalt gegen wohnungslose Menschen System hat. Sie ist staatlich geduldet, sogar gewollt. Und die Aufklärung der Todesfälle? – Fehlanzeige!

In der Öffentlichkeit leugnet die Polizei konsequent ihre Verantwortung dafür. Dies geschieht sogar oft schon vor den Ermittlungen und mit der Rückendeckung von Justiz und Politik.

Gerade Angehörige von Verstorbenen, die über wenig finanzielle und/oder soziale Ressourcen verfügen, bekommen kaum Informationen über den wahren Ablauf der Einsätze mit Todesfolge – das sehen wir auch daran, dass fast immer Gegendarstellungen der Ereignisse bekannt werden, wenn sich Angehörige oder Solikreise, wie in Dortmund beim Fall von Mouhamed, zusammenschließen und Druck von unten aufbauen.
Dass die Polizei Tatabläufe verzerrt, dürfen wir nicht länger hinnehmen! Wir müssen hinschauen, wir müssen solidarisch sein und uns organisieren! Lasst uns besonders die Menschen schützen, die am wenigsten Schutz haben und am meisten der staatlichen oder nicht-staatlichen Gewalt ausgesetzt sind! Die Straße kann tödlich werden und das geht uns alle an!