Montag 01.07.24, 12:06 Uhr
Eindrücke von den Protesten gegen den Bundesparteitag der AfD in Essen

Gelungene Aktionen in Essen


Was machen wir hier?

Das war eine Frage, die sich vermutlich die meinsten von uns stellten, als wir morgens um kurz nach sechs nördlich des Essener Hauptbahnhofs durch menschenleere Straßen zogen. Eine Demo, die weit ab von der Grugahalle stattfindet, – das kann doch mit „Widersetzen“ nicht gemeint sein. Und dann kam dieser Zug mitten in einer Wohnsiedlung zum Stehen – unvermittelt und erst einmal ohne ersichtlichen Grund. Die Polizeibegleitung war zu diesem Zeitpunkt noch eher unauffällig.

Und auch die Durchsage „Genau hier sind wir richtig“ löste erst einmal Stirnrunzeln aus, aber dann klärte es sich auf: Wir standen vor einem Hotel und bei der Menge der Anwesenden war es uns ein leichtes, beide Zufahrten zu blockieren. Hier waren AfD-Delegierte untergekommen – unter anderem Frau von Storch, die schon am Tag zuvor beim Verlassen des ICE aus Berlin gebührend empfangen worden war – und ahnten vermutlich noch nicht, dass dieser Tag nicht normal verlaufen würde.

Vor dem Hotel – die kommen hier nicht weg

Unsere Blockade war eine von vielen, die zu diesem Zeitpunkt in Essen an verschiedenen Stellen stattfanden und tatsächlich gelang es, der AfD den Raum zu nehmen, und zwar – gemäß der Losung von „Widersetzen“ – friedlich und bunt und entschlossen. Die Delegierten aus diesem Hotel konnten sich jedenfalls nicht auf normalem Wege zur Grugahalle begeben, Frau von Storch und andere mussten über Zäune klettern und sich – von der Polizei eskortiert – im wahrsten Sinne des Wortes durch die Büsche schlagen.

Wir haben an dieser Blockade keine Eskalation durch die Polizei erlebt – gerade als sie begann einen Kessel aufzubauen kam ein weiterer Demo-Zug dazu und verstärkte unsere Präsenz. An anderen Blockade-Punkten aber verlief die Auseinandersetzung weit weniger friedlich – nicht wegen der Demonstrant*innen sondern wegen brutalem und unverhältnismäßigem Polizeieinsatz. Teilnehmer*innen in Bussen aus Leipzig und Frankfurt wurden schon beim Aussteigen aus den Bussen aggressiv von der Polizei empfangen mit Pfefferspray und Schlagstockeinsatz. Gerade aus dieser Gruppe war die Anzahl der in Gewahrsam genommenen besonders groß und sie wurden zum Teil 24 Stunden festgehalten. Die letzten wurden erst gestern abend gegen acht Uhr wieder freigelassen.

Überhaupt hat die Polizei schikaniert, wo sie konnte. Schon der Aufbau der angemeldeten (!) Bühne musste gerichtlich durchgesetzt werden, die LKWs mit Material und Dixie-Klos wurden erst mal nicht durchgelassen, das Camp wurde einen Tag vor dem geplanten Aufbau verboten und auf einen 10 km entfernten Platz verlegt.

Bei den Aktionen selbst gab es viel Gewalt und erhebliche Rechtsbrüche durch die Polizei. Es gibt schon mehr als 60 Berichte von Teilnehmer*innen am Protest, die durch Polizeigewalt verletzt worden sind und z.T. ins Krankenhaus mussten. Das kommt aber in den Medien überhaupt nicht vor, im Gegenteil: medial findet aktuell eine Täter-Opfer-Umkehr statt, durch die das Vorgehen der Polizei legitimiert werden soll.

Eine mit 50.000 Teilnehmer*innen beeindruckende Großdemonstration zeigte zusätzlich den Nazis, dass sie hier nicht willkommen sind. Beim Blick auf die Schilder und Transparente wurde aber auch deutlich, dass hier Menschen auf der Straße sind, die der Rechtsentwicklung insgesamt entgegentreten wollen. Es gab klare und heftige Kritik an der Politik der Parteien in Bund und Land, die mit ihrer Migrationspolitik ins gleiche menschenverachtende Horn blasen wie die AfD. Die Stimmung war klar: Wir müssen die AfD stoppen und wir brauchen eine andere, solidarische Politik im Lande!

Eure Erfahrungen und Eindrücke? Gern in den Kommentaren!