Sonntag 18.02.24, 10:09 Uhr
Kundgebung „Bochum Solidarisch – Hand in Hand gegen Rechts“ am 17. 2. 24 

Redebeitrag von Stadt für Alle und Fridays for Future Bochum


Wir sind Rebecca und Lina vom Netzwerk Stadt für Alle. Stadt für Alle setzt sich für eine solidarische und ökologische Stadtentwicklung ein. 2016 haben wir uns gegründet, als es vor dem Rathaus das Camp von Refugee Strike gegeben hat. Damals ging es um die unsäglichen Unterbringungen der Geflüchteten in den Turnhallen. Und das, wo es gleichzeitig eine beachtliche Zahl an Leerstand in Bochum gab.

Leider hat sich dieser Zustand in Bochum nur teilweise verändert, noch immer werden Menschen in Sammelunterkünften untergebracht, erfahren rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt oder finden immer schwerer in Bochum eine bezahlbare Wohnung, die auch noch gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. Und das während auch heute noch immer Wohnungen hier bei uns in Bochum bewusst leerstehen oder neuerdings auch in schicke Airbnbs umgenutzt werden. Diesen Wohnraum gilt es zu schützen, anstatt noch weiter Flächen zu verbauen. Denn gleichzeitig fehlt es hier in Bochum an günstigem Wohnraum, vor allem an Sozialwohnungen oder auch mittlerweile bezahlbaren Studi-Apartments.

Doch heute wollen wir uns diesem Protest anschließen, weil wir gemerkt haben, dass es in dieser Zeit und auch innerhalb unseres Aktivismus schon lange nicht mehr nur um Wohnraum gehen kann.

Denn nicht nur bei der Wohnungssuche werden gesellschaftliche Gruppen gegeneinander ausgespielt. Diese widerwärtige Methode können wir nicht nur von der AfD und anderen Rechten Gruppen beobachten, sondern ist längst schon bei Politiker*innen der Parteien der gesellschaftlichen Mitte angekommen. Auch bei ihnen wird ein künstliches Konkurrenzverhältnis aufgebauscht.

Dabei steht nicht mehr nur Wohnraum im Mittelpunkt dieses gegenseitigen Ausspielens. Mittlerweile sind es Zahnbehandlungen, KiTa-Plätze und vieles mehr. Die Antwort hierauf kann nur eine solidarische sein und nicht ein Ausspielen von Teilen der Gesellschaft gegeneinander, wie Rechte es versuchen.

Zur AfD ist jetzt alles gesagt, die braucht nicht mehr demaskiert zu werden. Es ist klar, dass sie eine faschistische, frauen- und transfeindliche, rassistische und homophobe Partei ist, die außerdem den Klimawandel leugnet.

Und auch auf die sozialen Fragen gibt es auch bei ihnen längst keine Antworten. Selbst wenn wir uns hinter der dichtesten Festung einmauern würden und niemand mehr nach Europa kommen dürfte, wäre noch keine Rente erhöht, wären noch keine neue Lehrer*innen eingestellt, würde kein Zug pünktlicher fahren.

Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass in dem Land mit der dritt größten Volkswirtschaft es ein Gerangel um günstigen Wohnraum, um den Wartelistenplatz bei der Tafel, um einen Platz in der Kita gibt. Da machen wir nicht mit! Unsere Parole war damals: Das was wir für uns fordern, fordern wir für Alle … und das ist immer noch aktuell!

Fest steht: Wir brauchen hier bei uns im Ruhrgebiet, hier bei uns in Bochum eine funktionierendes Infrastruktur.

Das bedeutet: Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, der auch bewohnbar ist, ohne verschimmelte Schlafzimmer.

Wir brauchen Schulen, in denen auch Unterricht stattfindet, KiTas mit regelmäßigen Öffnungszeiten.

Wir brauchen einen Nahverkehr, der uns zur Schule hinbringt, zu unseren Familien und Freund*innen, zur Arbeit, zum Schwimmbad.

Wir brauchen öffentliche Orte, an denen wir uns begegnen können, ob im Schwimmbad, in der Bücherei oder auf dem Bolzplatz.

Wir brauchen medizinische Versorgung in allen Stadtteilen und für alle Menschen hier in Bochum.

Das sind die Themen, die wichtig sind. Das sind die Themen, die Menschen in Politik bewegen müssen – und keine menschenverachtende Debatte um Bezahlkarten für Geflüchtete, die auch von Parteien der sogenannten Mitte geführt werden.

Eine solidarische Stadt bedeutet für uns Teilhabe für Alle an dieser Infrastruktur. Aber auch gute Arbeitsbedingungen für die Menschen, die uns diese Infrastruktur bereit stellen, ob für die Altenpfleger:innen in den Senior:inneneinrichtungen, den Reinigungskräften in den öffentlichen Gebäuden oder den Bus- und Straßenbahnfahrer*innen der BOGESTRA.

Und genau darum unterstützen wir auch nochmal deutlich die Kampagne von #wirfahrenzusammen von fff und ver.di.


“Ich bin Moritz von Fridays for Future und wir haben wie schon gesagt derzeit eine gemeinsame Kampagne mit ver.di im ÖPNV. Die Situation derzeit im ÖPNV ist dramatisch, der Mangel an Arbeitskräften für das Ziel den ÖPNV bis 2030 zu verdoppeln ist größer als in der Pflege. Die Kolleginnen und Kollegen der Bogestra häufen immer mehr Überstunden an und laufen auf Grundeis. Wir unterstützen ver.di bei ihren derzeitigen Tarifverhandlungen und fordern Entlastung für die Beschäftigten, denn ohne gute Arbeitsbedingungen kann es keinen Ausbau im ÖPNV und keine klimagerechte Mobilität für alle geben!

Die Kommunen sagen aber immer wieder, dass sie zwar gerne Geld für gute Arbeitsbedingungen und einen ÖPNV Ausbau ausgeben wollen aber knapp bei Kasse sind. Daher arbeitet ver.di mit uns zusammen, um die Tarifauseinandersetzung in die breite Bevölkerung zu tragen und Druck auf Bundes- und Landespolitik auszuüben. Wir als Fridays for Future und ver.di lassen uns nicht mehr gegeneinander ausspielen, gute Arbeitsbedingungen, fairer Lohn und klimagerechte Mobilität für alle gehen Hand in Hand. Daher wollen wir gemeinsam am 01.03. auf die Straße gehen und beim bundesweiten Klimastreik Druck auf die Politik ausüben, endlich unsere Forderungen, 16 Mrd. Euro pro Jahr bis 2030 und gute Arbeitsbedingungen für alle, durchzusetzen. Dafür haben wir bundesweit schon über 100.000 Unterschriften von Beschäftigten und aus der Zivilgesellschaft gesammelt und wollen diese gemeinsam am 01.03. an die Bundespolitik übergeben. Kommt gerne alle vorbei um am 01.03. gemeinsam mit den Beschäftigten zu zeigen, wir brauchen einen guten ÖPNV für eine Stadt für alle!”

Eine solidarische Stadt bedeutet für uns daher auch, Orte zu schaffen, an denen wir uns begegnen können. Möglichkeitsräume für diese Begegnungen hätten wir viele bei uns in Bochum. Der bereits angesprochene Leerstand ist nämlich auch in der Innenstadt längst nicht mehr zu verstecken. Wir fordern daher auch ein Umdenken in diesem Bereich! Wenn uns die traurigen Schaufenster der immer leerer werdenden Innenstadt anschauen, können einem viele Ideen kommen, was dort entstehen könnte.

Vor einigen Wochen haben wir eine Umfrage in der Innenstadt durchgeführt. Dabei haben über 100 Menschen in Bochum befragt, was sie sich für eben diese leeren Orte vorstellen könnten. Deutlich wurde vor allem, dass wir eine soziokulturelle Nutzung dringend brauchen. Konsumfreie Orte, Cafés für Eltern und Kinder, Kantinen für alle, Räume für Musik und gesellschaftliche Unverwertbarkeit, Orte für NGO´s oder soziale Beratungen, öffentliche Werkstätten.

Eigentlich gibt es sogar städtische Räume, in denen Neues entstehen kann. Für die Musikschule in Bochum gab es schon einen Ratsbeschluss, der den Abriss und Verkauf vorgesehen hat. Gemeinsam mit anderen konnte dieser Beschluss mit einer Kampagne noch mal abgewendet. Jetzt könnte dort ein großer Möglichkeitsraum entstehen. Öffentliche Einrichtungen und Infrastruktur wie eine Stadtkantine, Sprachcafés, Kitas, Setas barrierefreie Räume, an denen es soziokulturelle Angebote gibt, könnten dort Orte der Begegnung werden. Wir arbeiten weiter daran, dass öffentliche Gebäude, wie dieses weiter für uns in Bochum bestehen bleiben und gemeinwohlorientiert genutzt werden können.

Das zeigt uns auch: Viele von uns haben Ideen, wie eine solidarische Stadt für Alle für Alle aussehen kann. Daher ist es ganz dringend an der Zeit, dass wie unsere Demokratie offensiv verteidigen. Darum brauchen wir eine realistische Utopie von einer Gesellschaft, in der das Miteinander und nicht das Gegeneinander im Vordergrund steht.