Donnerstag 21.12.23, 13:54 Uhr
Bellizisten-Talk im Schauspielhaus?

Keine Bühne für Joseph Fischers atomare Machtpolitik! 12


Joseph Fischer, von 1998 bis 2005 Außenminister in der Regierung Schröder, ist am 21. Januar in den Kammerspielen des Schauspielhauses Bochum Gesprächspartner in Norbert Lammerts Talk- Reihe „Ein Gast. Eine Stunde“. Dagegen ruft das Bochumer Friedensplenum zum Protest auf: »Fischer hat soeben mit großer Medienresonanz eine neue Eskalation der atomaren Hochrüstung vorgeschlagen: Ihm reicht Deutschlands „nukleare Teilhabe“ nicht mehr, die 20 US-Atomwaffen mit bis zu 13facher Sprengkraft der Hiroshima-Bombe, 120 Kilometer Luftlinie von Bochum entfernt im Depot in der Eifel. Er will die Europäische Union als selbständige Atommacht neben der NATO, nicht mehr nur nukleare Teilhabe in Abhängigkeit von den USA, sondern den deutschen Griff zur Bombe in einer EU-Atommacht mit deutschem Schwergewicht.

„Schauspielhaus Bochum kriegstüchtig?“ fragt deshalb das Bochumer Friedensplenum in einem offenen Brief den Intendanten Johan Simons. „Kriegstüchtigkeit“ ist die herausragende Parole der neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien, nicht nur als Handlungsmaxime für Soldaten, sondern „mit Strahlkraft in die deutsche Gesellschaft“ hinein, die, so das Friedensplenum, „ mit aller Vernunft Kriegsangst hat, nicht zuletzt vor einem Atomkrieg“. Atombomben,, die Waffen für das Weltende, und die nukleare Erstschlagstrategie sind aber nach dem Verständnis der Ampelregierung für Kriegstüchtigkeit unverzichtbar.

„Für uns war es bisher unvorstellbar“, schreibt das Friedensplenum an Simons, „dass sich das Schauspielhaus daran beteiligen würde, Strahlkraft von Kriegstüchtigkeit in unsere Gesellschaft hinein zu entfachen“. Aber mit Norbert Lammert, unter Kanzler Kohl als Koordinator für die Luft- und Raumfahrtindustrie unter anderem mit der Durchsetzung des Eurofighters betraut, träfen sich „am Beginn des Kriegsjahres 2024 im gemütlichen Sonntagsmittagstalk“ keine Friedensboten, sondern „zwei Brüder für Kriegstüchtigkeit“.

Das Friedensplenum erinnert den Intendanten an die furchtbare Zerstörungskraft der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, das endzeitlich weltvernichtende Potential der Atomwaffen unserer Zeit und die eindringliche Warnung von UN-Generalsekretär Guterres: „Wir müssen die Atomwaffen vernichten, bevor sie uns vernichten“. „ Herr Fischer will mehr davon. Haben Sie all das bedacht“, fragt das Friedensplenum den Intendanten, „als das Schauspielhaus ihn einlud?“

Atomwaffen, schon die Drohung mit ihrem Einsatz verstoßen, so der Internationalen Gerichtshof der UNO, gegen das Kriegsvölkerrecht und nach Auffassung des UN-Menschenrechtsausschusses gegen das im UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantierte „angeborene Recht auf Leben“. In diesem Geist gibt es seit 2017 den Atomwaffenverbotsvertrag, dem Deutschland nicht beitreten will. Aber über 100 Städte, dazu die Bundesländer Bremen, Berlin, Rheinland-Pfalz und Hessen appellierten an die Bundesregierung, das zu tun. „Auch der Rat der Stadt Bochum – gemeinsam mit unseren Nachbarn Dortmund, Essen und Herne. Das Schauspielhaus konterkariert mit der Einladung Fischers diese Positionierung unserer Stadt“, schreibt das Friedensplenum an Johan Simons.“Wollen Sie daran festhalten? Warum nur?“

Das Schauspielhaus Bochum ist weit über unsere Stadtgrenzen hinaus ein Leuchtturm der Schauspielkunst. Es darf mit Joschka Fischer nicht zu einer politischen Bühne für Machtpolitik und Kriegstüchtigkeit absteigen. Das Bochumer Friedensplenum appelliert an das Schauspielhaus, das Projekt Lammert/Fischer selbstkritisch zu hinterfragen, und ruft die Stadtgesellschaft auf, es gemeinsam mit kreativem öffentlichem Protest kritisch zu begleiten. Der offene Brief an Johan Simons ist der Beginn dazu.«

Brief an Johan Simons:

Siehe auch: Wenn die Oberen von Frieden reden…


12 Gedanken zu “Keine Bühne für Joseph Fischers atomare Machtpolitik!

  • Manfred Poos

    „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie äußern dürfen.“
    Voltaire

    Wahrt den Pluralismus und den grundsätzlichen Respekt vor unterschiedlichen Positionen.

    • Rene

      Oh nee, echt jetzt? Cancel Culture Vorwurf angesichts, dass Menschen mit atomarer Vernichtung liebäugeln und das örtliche Theater als Propagandabühne dafür nutzen dürfen, wo sie doch mit ihrer belletristischen Meinung in jedem Medium omnipräsent sind.
      Keine Macht den Doofen!

      • Manfred

        Keinwe Macht denen, die andere Positionen pauschal als doof einstufen, wenn sie nicht in das eigene Weltbild passen.

  • Martin

    Wahrscheinlich zählst du die Befürwortung von Mord oder Vergewaltigung zu Positionen, deren Befürwortung nicht in Dein Weltbild passen. Die Befürwortung der Stationierung weiterer Massenvernichtungswaffen passt dagegen in Dein Weltbild???
    Die UN und viele kluge Leute finden Atomwaffen und natürlich erst recht die weitere atomare Aufrüstung nicht „doof“, sondern höchst gefährlich und verwerflich.
    In unserer Gesellschaft wird es toleriert, dass Menschen solche unverantwortlichen Positionen haben. Eine angesehene Einrichtung wie das Schauspielhaus darf solchen Menschen aber keine Bühne bieten.

    • "Eine angesehene Einrichtung wie das Schauspielhaus"

      Ist noch gar nicht so lange her, da nannte man (*frau) das Schauspielhaus bürgerliche Kulturkcke

    • Manfred

      Nein, ich stelle mich deutlich gegen eine atomare Aufrüsdtrung, es geht mir um das Prinzip. Redeverbote erinnern mich an düstere Zeiten..

    • Manfred

      Liebe Moderation, bitte löscht nicht wieder reflexhaft meine Beiträge, Merci.

      Ich bin gegen jede Form einer atomaren Aufrüstung. Schade, dass ich mich tatsächlich positionieren muss. Denn es ging mir mit meinem ursprünglichen Kommetar um das grundsätzliche Recht der Redefreiheit. Und das spreche ich auch Joschka Fischer zu.

      Redeverbote erinnern mich an ganz finstere Zeiten, in denen ich nicht landen möchte.

      Stellt Joschka Fischer im Gespräch, meldet für den Tag der Veranstaltung eine Demo vor dem Schauspiehaus an und klärt auf. Nur rüttelt bitte nicht an den Grundfesten der Freiheit und des Pluralismus.

      @ Martin
      Eine potentielle, imperiale Bedrohung, mit getragen durch das Atomwaffenpotential eines imaginären Aggressors, möchtest du doch nicht allen Ernstes mit Mord und Vergewaltigung gleich setzen, oder?

      • Redaktion

        Manfred, es wurde nichts von dir gelöscht, es dauert nur manchmal bis jemand Zeit findet, einen Kommentar freizuschalten.
        (Einen anderen Kommentar, der im Zusammenhang mit dem Schauspielhaus ohne inhaltliche Argumente die Oval-Office-Bar kritisiert, habe ich nicht freigeschaltet – das entspricht nicht meiner Vorstellung von respektvollem Umgang miteinander.)

      • Norbert Hermann

        „Redeverbot“ gibt es nicht.

        „Das Bochumer Friedensplenum appelliert an das Schauspielhaus, das Projekt Lammert/Fischer selbstkritisch zu hinterfragen, und ruft die Stadtgesellschaft auf, es gemeinsam mit kreativem öffentlichem Protest kritisch zu begleiten.“

        „Dem lateinischen Wortsinn gemäß wird in Demonstrationen auf etwas hingewiesen, etwas nachgewiesen, etwas öffentlich und damit kenntlich gemacht.“ (cilip.de).

        Die Mitteilung und das Schreiben des Friedensforums sind allein schon eine Demonstration in diesem Sinne.

        Demonstrationen im weiteren Sinne haben auch schon mal das Ziel, eine Rede zu behindern oder gar zu verhindern. Auf einer solchen wirst du vielleicht auch schon mal gewesen sein (gegen NPD oder AFD …)? Wo ziehst du denn die Grenze?

        • Manfred

          Norbert, lese doch bitte nochmal die Headline zu diesem Artikel:

          „Keine Bühne für Joseph Fischers atomare Machtpolitik!“

          Ihr fordert genau das – ein Redeverbot. Du kannst in rhetorischer Spitzfindigkeit versuchen, diesen Umstand wie auch immer zu kaschieren – es ändert nichts an meinem Vorwurf.
          Ja, ich hab an solchen Demos teilgenommen, sie teils sogar angemeldet. Mir liegt es aber als Individuum im Grundsatz fern, mich wie ein Brüllaffe zu gebahren, wenn ein anderer Mensch Thesen vertritt, die mit teils widerlichst zuwider laufen. Damit würde ich mich selbst reduzieren und würde an einer aus meiner Sicht niveaulosen Polarisierungsform teilnehmen, die meinem Verständnis von Freiheit diametral entgegen läuft. Deshalb begann ich in den Kommentaren mit Voltaires Zitat.

          Ansonsten hilft das Grundgesetz, wenn es darum geht, die Grenzen des Demonstrationsrechts und der Redefreiheit zu hinterfragen. Wenig ist dort so klar und unmissverständlich formuliert.

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