Dienstag 12.12.23, 22:46 Uhr
Impressionen:

December Dykes* 3


Am vergangenen Samstag (09.12.23) fand der dritte December Dykes* March in Bochum statt. Die winterliche Pride Parade trägt dazu bei, dass queere Sichtbarkeit sich über den sommerlichen Pride Month hinaus über das ganze Jahr erstreckt. Wie auch in den vergangenen Jahren gab es starke queerfeministische Slogans und Redebeiträge, die sich gegen die zunehmende Queerfeindlichkeit in unserer Gesellschaft positionierten. Einen dieser Beiträge gibt es hier zum nachlesen:

»Guten Abend, liebe queer-feministischen und aktivistischen Menschen hier bei unserer December Dykes* Demonstration und Hallo an alle Besucher*innen des Weihnachtsmarkts!

Wir sind heute hier um auf die Repräsentation von FLINTA* innerhalb und außerhalb der queeren Community aufmerksam zu machen und gegen Queerfeindlichkeit zu demonstrieren.

Ich möchte mit einer Geschichte beginnen, die mir erst diese Woche passiert ist:

Ich war um 23 Uhr auf dem Nachhauseweg und bin am Bochumer Hauptbahnhof die Rolltreppe der U-Bahn hochgefahren. Vor mir standen 2 Männer, von denen mich einer auf Englisch ansprach, ob ich Deutsch spreche und wie alt ich sei. Ein Bisschen Alltagsrassismus, dachte ich… Das kenne ich.

Ich antwortete ihm kurz und knapp und war mit meiner Mimik und Gestik abweisend. Dann hat er mich auf Deutsch gefragt, ob ich einen Freund habe und als ich nein sagte, fragte er mich warum. Ich habe ihm keine Antwort gegeben, woraufhin er mich nach meiner Nummer fragte. Auch das lehnte ich ab.

Und auch, wenn daraufhin nichts weiter Schlimmes passiert ist, zeigt mir meine Angst in dieser Situation, wie ich als weiblich gelesene Person mit dem Schlimmsten rechnen muss, wenn ich sage, dass ich keinen Freund habe, weil ich kein Interesse daran habe, Männer zu daten. Aus Angst vor queerfeindlicher Gewalt.

Wie ich mit dem Schlimmsten rechnen muss, wenn ich sage, dass ich dem wildfremden Mann nachts um 23 Uhr auf der Rolltreppe des U-Bahn-Schachts am Bochumer Hauptbahnhof nicht freudestrahlend meine Nummer gebe.

Gerade mit dem Aufstieg der AfD und des internationalen Rechtspopulismus ist es immer wahrscheinlicher, dass man auf Menschen trifft, die unsere Identitäten in Frage stellen und uns feindselig gegenüberstehen. 

Denn solange man sich immer noch nicht sicher fühlen kann, offen über seine Sexualität oder Geschlechtsidentität zu sprechen, weil man Angst vor feindseligen Übergriffen haben muss, brauchen wir queere Sichtbarkeit, für die wir heute hier auf den Straßen Bochums kämpfen. Und diese Sichtbarkeit brauchen wir nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter, denn Queerfeindlichkeit und Diskriminierung hören nicht auf, solange es Rechtspopulisten gibt, die Menschen spalten, indem sie sie gegenseitig als Feindbild darstellen. Menschen mit Migrationsgeschichte werden als Feindbild von queeren Menschen und Frauen instrumentalisiert und ebenso werden queere Menschen als Angriff auf traditionelle Familienwerte inszeniert, um diese beiden Gruppen gegeneinander auszuspielen.

Wenn morgen Bundestagswahl wäre, würden laut statista 30% der Menschen die CDU/CSU und ca. 20% die AfD, eine in drei Bundesländern gesichert rechtsextreme Partei, wählen. Das ist eine wirklich schockierende Prognose, denn die AfD setzt sich zum Beispiel für die Abschaffung des Antidiskriminierungsgesetzes ein und verglich die Verschärfung dessen im Sommer mit der Stasi. Und auch die CDU ist in ihrer Position gegen die Zusammenarbeit mit der AfD spätestens seit der gemeinsamen Änderung des Waldgesetzes im Thüringer Landtag nicht mehr ganz so gefestigt.

Diese zunehmende Unterstützung menschenfeindlicher Ansichten spiegelt sich für viele Menschen, insbesondere queere FLINTA* auch im persönlichen Umfeld wieder.

Gerade im eisigen Winter haben viele FLINTA* in ihrem eigenen Zuhause mit Diskriminierung von ihrer Familie zu kämpfen und können nicht einfach ungezwungen das „Fest der Liebe“ entspannt feiern. Es ist wichtig, dafür sichere Räume zu schaffen, damit auch FLINTA*, die zu Weihnachten keine schöne Zeit zu Hause haben einen Ort haben, um unbeschwert feiern zu können. Falls ihr also an Heilig Abend nicht mit eurer Familie feiern möchtet, sprecht Isabel Sophie an und meldet euch zur FLINTA* Weihnachtsfeier an.

Es ist Zeit, gegen diese eiskalte Diskriminierung auch im Winter mit Liebe und Zusammenhalt stark zu sein und Haltung zu zeigen. Deswegen seid laut! Seid stark! Für den Feminismus und gegen Diskriminierung!«


3 Gedanken zu “December Dykes*

  • zunehmende Queerfeindlichkeit ???

    Wir erlebten in den letzten Jahren eine zunehmende Liberalisierung der Gesellschaft wenn es um das Rechtsverständnis zu Flintaas geht. Ich meine so eine subjektive Schilderung wie hier ist ja eine tolle Sache. Wo aber bleibt die objektive Analyse?

  • "Lasst ihnen doch ihr kleines Leben"

    Zitat von Patsy l’Amour LaLove
    In der Bundesrepublik Deutschland sind Transsexuelle eine Gruppe von einigen tausend Menschen im Vergleich zu über 80 Millionen Einwohnenden. Trotzdem entbrennt über diese Menschen ein merkwürdiger Kulturstreit. Quantitaviv betrachtet ist diese also weitestgehend unbedeutend. An was erhitzen sich also die Gemüter. Lasst sie herumlaufen wie sie wollen und machen was sie wollen. Wenn stört das?

    Buchtipp
    „Beißreflexe“
    Sammelband (20 Autorende)
    Patsy l’Amour LaLove (Hrsg)
    Über Linken Aktivismus, der autoritäre Sehnsüchte hegt

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