Sonntag 21.05.23, 17:40 Uhr
Rede einer jungen Antifaschistin auf der Kundgebung "Kein Platz für Nazis in Bochum - Nirgendwo" am 20. Mai 2023

„NRW erwacht“ erinnert an „Deutschland erwache“


Hallo Bochum!

Wir sind heute hier, um uns gemeinsam gegen die Großdemo von „NRW erwacht“ zu stellen! Denn wir haben keinen Bock drauf, dass diese extrem rechte und verschwörungsideologische Gruppierung ungestört durch Bochums Straßen marschiert. „NRW erwacht“ folgt einem Trend, der bereits in der Corona Pandemie aufkam – überall schossen Gruppen aus dem Boden, die versuchten eine Sammelbewegung auf die Straße zu bringen und sich dabei auf antisemitische Verschwörungsideologien beriefen und mehr oder weniger rechtsoffen sind. Motiviert sind diese Gruppen auch durch ihre egozentrische Weltanschauung, in der Toleranz, Rücksichtnahme und die Hinterfragung eigener Privilegien nicht vorkommen. Ja, selbstverständlich suchen und finden Faschos dort Anschluss!

„NRW erwacht“ ist als Label relativ neu und nicht im Zuge der Corona Proteste entstanden. Seit Frühjahr 2022 wurde dieser Kreis zunächst unter dem Label „Bergisches Erwachen“ im Bergischen Land aktiv. Bei diesen Demos waren bereits Nazihooligans, diverse Reichsbürger:innen sowie etliche aggressive und radikalisierte Coronaleugner:innen anwesend.

Für die Veranstaltenden offenbar eine positive Bilanz, denn sie weiteten die Demos über das Bergische Land hinaus aus und gingen fortan als „NRW erwacht“ auf die Straße. Und so reisen sie seit Sommer 2022 durch verschiedene kleinere und größere Städte in NRW und ziehen immer wieder rechte Menschenfeinde an.
Ob Kader der „Steeler Jungs“ oder von „Die Heimat“ (Ex NPD und Die Rechte), krude Reichsbürger*innen oder „Kampf der Nibelungen“ (rechtes Kampfsportevent) Organisator Alexander Deptolla – all diese gewalttätigen und verurteilten Neonazis sind auf den Veranstaltungen von „NRW erwacht“ willkommen. Und mehr als das: Claus Cremer (Landesvorsitzender NPD jetzt „Die Heimat“) durfte in Essen Borbeck sogar ans Mikro und einen angeblich spontanen Redebeitrag halten. In Dortmund führte „Die Heimat“ mit eigenem Transpi die Demo an. Und in der Orga von „NRW erwacht“ sitzen unter anderem die „Freien Düsseldorfer“, die auf ihrem Telegram Kanal plump antisemitisch hetzen.

Es wird deutlich – es handelt sich hier nicht um eine Gruppe besorgter Bürger:innen, die sich von Faschos in Anzügen hat täuschen lassen, was eigentlich schon schlimm genug wäre. Nein, es handelt sich um Menschen, die ganz bewusst mit Neonazis kooperieren und ihnen eine Bühne geben, um ihre menschenfeindlichen Ideen zu verbreiten. Dafür spricht auch die Aufmachung und Symbolik der via Telegram verbreiteten Flyer. Hier werden bekannte rechte und antisemitische Narrative verwendet, wie das der „Lügenpresse“ oder des „Genderwahns“, die Bezeichnung der USA als „Kriegstreiber“ Auch der Name der Veranstaltung, „NRW erwacht“, zeigt die wahre Gesinnung der Veranstalter:innen. So verweist das „Erwachen“ im Titel zum einen zwar auf das Narrativ der „Schlafschafe“ im Querdenken Jargon, der Unwissenden, die eben noch nicht aufgewacht sind. Weiter erinnert der Titel aber auch stark an den des Sturmliedes „Deutschland erwache“ von 1920, was vor nationalsozialistischer Propaganda und antisemitischer Hetze nur so strotzt. Antisemitismus, der generell ein wichtiges Bindeglied zwischen Neonazis und Verschwörungsideolog:innen darstellt, wie wir auf etlichen Querdenken Demos sehen konnten, bei denen z.B. Judensterne mit einem ungeimpft Schriftzug ein gern gesehenes Accessoire waren und sich irgendwelche Michels, die mit der deutschen Politik nicht zufrieden sind, als Widerstandskämpfer:innen oder gleich als Sophie Scholl bezeichnen und dafür sogar noch Beifall bekommen.
Es ist nicht überraschend, dass Neonazis und Verschwörungsideolog*innen Bündnisse schließen, aber es ist und bleibt gefährlich!

Zuletzt kamen diese Bündnisse immer wieder im Zusammenhang mit den Demonstrationen in der Corona Pandemie zustande. Auch wenn die Demos teilweise von bis Dato unbekannten Personen angemeldet wurden, tummelten sich immer wieder mehr oder minder bekannte Neonazis auf den Veranstaltungen und es kam zum Schulterschluss zwischen Faschos, Esotheriker:innen, Reichsbürger:innen und anderen Fanatiker*innen. Und das mit teilweise tödlichen Auswirkungen. Denn nicht nur auf den Demonstrationen wurde der Ton rauer und die Menge gewalttätiger – auch im Alltag kam es zu Gewaltausbrüchen, Entführungsplänen bis hin zu geplanten Sprengstoffattentaten und dem Mord an einem jungen Menschen der nur seinen Job an einer Tankstelle gewissenhaft machen wollte. Und mit den Morden die Faschos und Reichsbürger verübten, muss ich eigentlich gar nicht erst anfangen. Hanau, Halle, Solingen, die NSU Morde – es passiert überall!

Und heute geht dieser rechte, verschwörungsideologische Mob hier in Bochum auf die Straße. Organisiert unter anderem von den „Corona Rebellen Düsseldorf“, an deren Banner wir uns wahrscheinlich alle noch in den vordersten Reihen beim sogenannten Sturm auf den Reichstag erinnern können. Beworben mit Plakaten, die unter anderem auf die NSU Morde anspielen. Einem Namen der an ein NS Sturmlied erinnern soll.
Alles genug Gründe, dass wir heute hier sind und diesen Aufmarsch nicht unwidersprochen lassen! Lasst uns ihnen schon hier auf der Straße keinen Meter lassen und ihnen zeigen, dass wir keinen Bock auf verschwörungsideologische Faschos haben. Nicht in Bochum und nirgendwo!