Freitag 12.05.23, 16:06 Uhr

Tarifanpassung der Wasserwelten 2


Zur Frage, ob die Tarifanpassung der WasserWelten vom 01. April noch ihrem öffentlichen Zweck entspricht und ob der Gesellschaftervertrag eingehalten worden ist, erreichte uns ein offener Brief von Thorsten Boegel an die „Ratsmitglieder*innen“ der Stadt Bochum. Trotz erheblicher Bauchschmerzen wegen der „Gender*innen“ dokumentieren wir ihn hier im Wortlaut.

»Liebe Ratsmitglieder*innen der Stadt Bochum,

die ´Tarifanpassung´ vom 01.04.2023 unserer WasserWelten Bochum GmbH hat für die überwiegende Mehrzahl der öffentlichen Hallenbadebesucher eine Verdoppelung bis über Verdreifachung der Eintrittspreise zur Folge.

Da Sie als Ratsmitglieder*innen u.a. unsere städtischen Unternehmen kontrollieren und auch deren Wirtschaftspläne genehmigen, verfügen Sie über ein umfangreiches Frage- und Akteneinsichtsrecht. Wir bitten Sie daher höflich zu prüfen, ob mit dieser ´Tarifanpassung´ noch die öffentliche Zwecksetzung unserer WasserWelten und der Gesellschaftervertrag eingehalten worden ist? Ggf. bitten wir Sie, eine deutliche Korrektur dieser ´Tarifanpassung´ mit auf den Weg zu bringen.

Wie konnte es zu einer solch exorbitanten Preissteigerungen kommen?

Durch den Wegfall des 1- bzw. 2-Stunden-Tarifs und Umstellung auf ein teures Tagesticket, durch Streichung der besonders preisgünstigen Mehrfachkarten und Umstellung auf deutlich weniger Rabatt bietenden Geldwertkarten (Gold, Silber und Bronze). Das könnte man durchaus vergleichen, als wenn unsere BOGESTRA von heute auf morgen einfach den Einzelfahrschein abschafft und nur noch teure Tages-Tickets anbieten würde.

Wer hat diese ´Tarifanpassung´ beschlossen?

Die WasserWelten Bochum GmbH ist eine Manager-geführte Kapitalgesellschaft in städtischen Auftrag und Beteiligung. Kontrolliert wird diese durch den Aufsichtsrat Stadtwerke Bochum Holding GmbH und dem Rat der Stadt Bochum. Diese ´Tarifanpassung´ wurde wohl bisher nur dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorgelegt, was bei einer ordentlichen Prüfungsmöglichkeit auch vollkommen ausreichend gewesen wäre.

Was genau ist klärungsbedürftig?

  1. Haben unsere WasserWelten Ihren Aufsichtsrat vor der Abstimmung zu dieser ´Tarifanpassung´ umfassend und eindeutig informiert? Es gibt ernstzunehmende Verdachtsmomente, dass die tatsächlichen Auswirkungen dieser ´Tarifanpassungen´ nicht für jedes Aufsichtsratmitglied bei Abstimmung klar erkennbar waren. Auch ist es theoretisch möglich, wenn auch kaum vorstellbar, dass der Aufsichtsrat gar nicht vor dem 01.04.2023 befragt und informiert wurde? Aufgrund einer Geheimhaltungsverpflichtung für Aufsichtsratsmitglieder ist es wohl Ihnen, dem Rat der Stadt Bochum, diese Klärung vorbehalten.

Ist der Gesellschaftervertrag unserer WasserWelten rund um diese ´Tarifanpassung´ und somit die öffentliche Zwecksetzung eingehalten worden? U.a. §§ 107-109 GO NRW und dem Public Corporate Governance Kodex der Stadt Bochum. Auch ist bislang kein Nachtragshaushalt nach§ 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages dem Rat der Stadt Bochum vorgelegt worden, obwohl die zu erwartende Umsatzerlöse durch diese ´Tarifanpassung´ sich massiv verändern dürften.

  1. Entspricht eine Verdoppelung bis über Verdreifachung der Eintrittspreise für die überwiegende Mehrzahl der Hallenbadebesucher noch dem öffentlichen Zweck, dem Interesse der Stadt und den Beschlüssen des Rats der Stadt Bochum? Ausgenommen sind lediglich ein geringer Anteil der Hallenbadebesucher, welche das neu geschaffene Früh-/Spätschwimmer*innen Abo, zu äußerst unattraktiven Randzeiten und einer Mindestlaufzeit von zur Zeit einem Jahr nutzen werden.

Nach § 11 des Gesellschaftervertrages und § 113 GO NRW ist nach unserem Kenntnisstand der Vertreter der Gemeinde gleichzeitig der Geschäftsführer unserer WasserWelten. Dieser hat den eindeutigen Auftrag die Interessen der Stadt Bochum und die Beschlüsse des Rates der Stadt Bochum zu verfolgen.  Eine variable Preisstruktur wurde vom Rat  am 21.11.21 in einem Dringlichkeitsantrag zur Bochumer Bäderlandschaft beschlossen, nun aber wohl übergangen?

  1. Kommunizieren unsere WasserWelten, u.a. in ihrer Pressemitteilung vom 21.03.2023, irreführend und auch falsch? Sinngemäße Aussagen wie, für Vollzahler erhöht sich der Eintrittspreis um nur 0,50 Euro Cent und für den ermäßigten Eintrittspreis gebe es keine Steigerungen wären hier zu prüfen. Ist das für ein städtischen Unternehmen angemessen und tragbar? Wird hier, im Besonderen der Public Corporate Governance Kodex der Stadt Bochum, noch ausreichend respektiert?
  2. Mit erscheinen der Pressemitteilung vom 21.03.2023 konnte leider kein Hallenbadebesucher mehr die bisherigen, günstigen Tickets kaufen. In der PM heißt es, vom 27.03. – 31.03. gelte aber ein Aktionspreis von 3,- €. Kein Besucher konnte sich noch rechtzeitig mit den bisherigen, günstigen Tickets versorgen und musste bereits ab dem 21.03. einen deutlich teureren, sogenannten ´Aktionspreis´ zahlen? Was genau hat der Aufsichtsrat als Startzeitpunkt und Übergangsmöglichkeiten für diese ´Tarifanpassung´ beschlossen? Das könnte man auch dieses mal mit unserer BOGESTRA vergleichen, als wenn diese schon 10 Tage vor der eigentlichen ´Tarifanpassung´ nur noch die teureren Tickets verkaufen würde und es obendrein noch als ´Aktionspreis´ bewirbt. Richtig ist auch, wer noch glücklicher Besitzer alter Mehrfachkarten war, konnte und kann diese noch verbrauchen.

Welche Informationen werden für eine gerechte Bewertung noch benötigt?

  1. Wie sehen die genauen Eintrittskarten-Statistiken der letzten Jahre unserer WasserWelten aus? Diese Information wurde uns trotz mehrfacher schriftlicher Nachfragen leider bislang vorenthalten. Der weitaus größte Teil dürfte in der Vergangenheit das 1- bzw. 2-Stunden-Ticket gelöst haben, was wollen Sie auch den ganzen Tag in einem Hallenbad ohne Sitz-/ Liegegelegenheiten und Cafeteria?

Was könnte darüber hinaus klärungsbedürftig sein?

  1. Ist die exorbitante Preissteigerung dieser ´Tarifanpassung´ auch im Zusammengang mit dem Förderprogramm des Landes NRW ´Stärkungspakt NRW – Gemeinsam gegen Armut´ zu betrachten? Ist nach Ablauf dieses Förderprogramms eine Senkung der Tarife geplant?

Wie hoch sind die zu erwartenden Mehreinnahmen? Inhaber eines Bochum-Passes können zwischen dem 1. Juli befristet bis zum 31. Dezember 2023 kostenlos alle öffentlichen Schwimmbäder der Stadt Bochum besuchen. Generell ist dieses Förderprogramm für die berechtigten Personen auf Ermäßigungen sehr zu begrüßen, nur endet auch dieses Programm einmal und für viele Hallenbadebesucher greift diese Maßnahme erst gar nicht.

Werden zukünftig immer alle berechtigten Personen mit einem Bochum-Pass automatisch per Post versorgt? Oder endet dieser begrüßenswerte Service auch mit dem Förderprogramm?

  1. Warum scheiterte eine Förderung für die Hallenbad-Sanierung Bochum-Linden im Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ Ende 2022? Lag es ausschließlich an der hohen Überzeichnung, oder spielte auch die Gesellschaftsform unserer WasserWelten, Kapitalgesellschaft mit Manager-Gehältern und Boni-Zahlungen, eine Rolle bei der Vergabe? Als Argumentation-Hilfe für diese exorbitante Preissteigerung sollte die ausgebliebene Förderung aber bitte auch zukünftig nicht dienen. Die möglichen Förderungs-Gelder waren unseres Wissens nicht im Haushalt der Stadt Bochum und auch nicht in dem Wirtschaftsplan unserer WasserWelten eingeplant.

Was wurde bisher von uns für eine deutliche Korrektur dieser ´Tarifanpassung´ unternommen?

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Bochum Holding GmbH wurde schriftlich befragt. Leider mit einem enttäuschendem Resultat. Entweder wurde auf die Geheimhaltungsverpflichtung hingewiesen, nicht transparent hinsichtlich der tatsächlichen Preissteigerungen argumentiert, oder in den meisten Fällen erst gar nicht geantwortet.

Ein offenen Brief an den Geschäftsführer unserer WasserWelten blieb bislang leider nur unvollständig schriftlich beantwortet. Ein persönliches Gespräch verlief freundlich, in der Sache aber enttäuschend.

Ein persönlicher Brief an unseren sehr geehrten Oberbürgermeister, welcher gleichzeitig das Amt des verantwortlichen Aufsichtsratsvorsitzenden bekleidet, steht noch aus.

Bisher hat sich nur eine Fraktion im Rat relativ offen gegen diese ´Tarifanpassung´ ausgesprochen. Da an sich im Rat eine deutliche Mehrheit für die Förderung und dem Erhalt unserer Bäder besteht, erwarten wir eine fraktionsübergreifende mehrheitliche Befürwortung einer deutlichen Korrektur.

Unabhängig von uns ist bereits die Bürgerversammlung des Bezirks Bochum-Ost auf dieses Thema der exorbitanten Preissteigerung aufmerksam geworden. Eine Anhörung von SPD und die Grünen wurde am 03.05.2023 in der BV parteiübergreifend einstimmig angenommen.

Auch unsere zwei Bochumer Bürgerinitiativen rund um unsere städtischen Bäder sind bereits auf dieses Thema der exorbitanten Preissteigerungen gestoßen. Und schließlich wird wohl auch die DLRG-Bochum in kürze offen dazu Stellung beziehen.

 

Wir bitten Sie daher nochmals höflich zu prüfen, ob mit dieser ´Tarifanpassung´ die öffentliche Zwecksetzung unserer WasserWelten gewahrt und der Gesellschaftervertrag eingehalten ist? Ggf. bitten wir Sie, eine deutliche Korrektur dieser ´Tarifanpassung´ mit auf den Weg zu bringen. Über eine kurze Mitteilung Ihrer Annahme unseres Anliegens und günstigsten falls Ihres Ergebnisses, persönlich, in Ihrer Fraktion oder in einem Ausschuss, würden wir uns außerordentlich freuen.

Wir hoffen sehr, mit diesem offenen Brief an unsere Ratsmitglieder*innen der Stadt Bochum eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung mit herbeigeführt zu haben.

Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, Zeit und aufrichtig geschätzte Arbeit!

Mit freundlichen Grüßen

Thorsten Boegel«

 

 


2 Gedanken zu “Tarifanpassung der Wasserwelten

  • Thorsten Boegel

    Liebe Redaktion, im Jahre 1158 hat Kaiser Barbarossa alle mit Glieder zur Abstimmung gerufen. Das ist einer der ersten überlieferten Diskriminierungen – davor gab es sogar Päpstinnen. Natürlich habt ihr aber laut Duden recht. Liebe Grüße : )

    • die Freitagsredaktion

      Wer interessiert sich für den Duden? Wenn das heutige Neutrum „das Mitglied“, das nur im Plural eine er-Endung hat und deshalb Manche zum Gendern reizt, auf diese Weise entstanden ist, dann wäre die gegenderte Form nicht „Mitgliederinnen“, sondern „Ohneglieder“ oder „Mitkitzler“ …
      ;-)

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