Samstag 04.03.23, 17:18 Uhr
Gemeinsame Klimastreikdemonstration von Fridays for Future und ver.di am 3. März 2023 in Bochum

Rede von Patrick Steinbach, ver.di


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

Mobilität gehört zu den Grundbedürfnissen der Menschen, und genau deshalb haben die Menschen auch ein Recht auf Zugang zu klimafreundlicher, komfortabler Mobilität, die bezahlbar sein muss. Doch trotz aller Debatten und politischen Maßnahmen der vergangenen Monate steht der ÖPNV vor großen Problemen. In 20 Jahren Sparkurs ist fast ein Fünftel der Beschäftigten abgebaut worden. Gleichzeitig ist die Verkehrsleistung stetig gestiegen.

Wer heute im ÖPNV arbeitet, tut dies am Rande der Belastungsgrenze.

Schon heute fehlen mehr als 15.000 Beschäftigte.

Dazu kommt die demografische Entwicklung:

Bis 2030 geht jeder zweite Beschäftigte in Rente. Wenn die Arbeitsbedingungen nicht attraktiver werden, werden die benötigten Arbeitskräfte in Zukunft nicht zu finden sein.

Die aktuelle Personalbedarfsanalyse des VDV spricht von 74.000 zu besetzenden Stellen beim aktuellen Ausbaustand. Bei der eigentlich notwendigen Ausweitung des Verkehrs fehlen dann 110.000 neue Beschäftigte.

Eine Ausweitung oder gar Verdopplung des Verkehrsangebotes ist also ohne gleichzeitig Lösungen für das fehlende Personal zu finden, unmöglich.

Wir haben weiterhin hohe Krankenstände, kritisch ist aber zudem, dass es im Sommer kein Durchatmen gab, sondern auch da, anders als sonst, extrem hohe Belastungen durch Krankenstände mit Überstunden und Dienstplanänderungen vorlagen. Das erhöht die Krankenstände.

Anfang Januar hat der VDV ein personalstrategisches Papier vorgelegt. Eigentlich interessant zu lesen.

Da steht neben einigen richtigen Erkenntnissen auch drin:

Wo freie Stellen nicht besetzt werden können, muss die Arbeit der übrigen gebliebenen Kolleg*innen einfach effektiver und effizienter werden.

Solche Sätze kennen wir … einfach nur mehr arbeiten, mehr Belastung, weniger Pausen und Ruhezeiten, dann klappt das schon

Also das übliche! Nur leider fällt da keiner mehr drauf rein!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

Angesichts des Klimawandels und der Energiekrise ist die Mobilitätswende das Gebot der Zeit.

Nach Angaben des Bundesumweltministeriums spart eine Fahrt mit dem ÖPNV gegenüber einer Fahrt im PKW 50 Prozent CO2-Emissionen.*

Dem ÖPNV kommt in der Verkehrswende eine Schlüsselrolle zu, aber es fehlt bis heute ein klares Bekenntnis der Politik aus Bund und Ländern für einen flächendeckenden Ausbau.

Investitionen für einen Ausbau, der die Verdopplung der Fahrgastzahlen ermöglicht, schaffen und sichern Hundertausende weitere Arbeitsplätze, auch in der Bauwirtschaft, bei Maschinenbau und Fahrzeugherstellern und Zulieferern.

Die bisher beschlossenen Erhöhungen der Regionalisierungsmittel sind von Ausbau des ÖPNV weit entfernt.

Zum 1. Mai soll nun das sog. Deutschlandticket kommen. Das wurde letzte Woche beschlossen.

Als sozialpolitische Maßnahme entlastest es die bestehenden Nutzer*innen, aber ob es wirklich ein Anreiz wird für diejenigen, die es bisher nicht nutzen, ist fraglich.

Volker Wissing behauptet, dass gerade der ländliche Raum vom Ticket profitieren würde, weil es damit günstiger würde.

Das mag vielleicht sein, wenn ich aber weiterhin nur Schülerverkehre und sonst kein Angebot auf dem Land habe, dann hilft der günstige Preis auch nicht.

Deshalb ist der Name „Deutschlandticket“ auch falsch gewählt. Da immer noch weite Teile des Landes vom ÖPNV abgeschnitten sind passt hier besser der Name „Halb-Deutschlandticket“.

Die zusätzlichen Kosten, die durch die wegfallenden Ticketeinnahmen entstehen, sollen durch je 1,5 Milliarden Euro vom Bund, über eine weitere Erhöhung der Regionalisierungsmittel, und vom Land übernommen werden.

Und was wir jetzt auch schon wissen, ist, dass das Geld nicht ausreichen wird.

Allerdings ist unsere Botschaft da eindeutig: Am Personal wird nicht gespart, dafür stehen wir nicht zur Verfügung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

Die politische Debatte um die Zukunft des ÖPNV geht in den kommenden Monaten weiter:

Die Bundesregierung hat den Ausbau-und Modernisierungspakt einberufen, bei dem sich Bund, Länder und Kommunen unter anderem über die Finanzierung des ÖPNV bis 2030 verständigen.

Bisher war diese Diskussion überlagert vom sog. „Deutschlandticket“. Jetzt muss es um die Fragen gehen, wie der ÖPNV bundesweit ausgebaut und neu finanziert werden kann.

Aber leider erleben wir, wie so oft die organisierte Verantwortungslosigkeit. Die Verantwortung wird wie eine heiße Kartoffel zwischen den politischen Ebenen hin und her gespielt während der ÖPNV und die Arbeitsbedingungen weiter gegen die Wand gefahren werden.

So darf es nicht weitergehen. Genau deswegen stehen wie hier und heute in vielen Städten auf der Straße bessere Arbeitsbedingungen im ÖPNV und eine echte Verkehrswende zu fordern.

Im Oktober haben wir – verdi-Aktive aus den ÖPNV-Betrieben und Aktive aus der Klimabewegung – getroffen und unsere weitere Zusammenarbeit verabredet und geplant. Heute veranstalten wir schon in über 40 Orten gemeinsame Aktionen und das ist erst der erste Schritt!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

Unseren Arbeitgebern sagen wir, wir bleiben hart und fordern weiterhin 10,5% mindestens 500 Euro und für unserer Azubis mindestens 200€ und eine unbefristete Übernahme nach erfolgreicher Übernahme

Glück Auf