Mittwoch 18.01.23, 11:34 Uhr

Heiße Luft gegen Diskriminierung 2


Die Stadt Bochum schreibt uns: »Die Stadtverwaltung und acht städtische Unternehmen haben am Freitag, 13. Januar, ein sichtbares Zeichen gegen Diskriminierung gesetzt. Als Mitwirkende der Initiative „Besser miteinander! – Bochumer Arbeitgebende gegen Diskriminierung“ unterzeichneten sie dazu eine Charta im Historischen Rathaus.« Es ist ja immer schön, wenn sich Menschen für etwas Richtiges aussprechen. Noch schöner wäre es natürlich, wenn es nicht beim Aussprechen bliebe, sondern das Richtige auch durchgesetzt würde.

Leider trifft die Behauptung weiter unten im Text: »Mit der Unterzeichnung verpflichten sich alle Beteiligten transparent, problem- und verantwortungsbewusst mit Diskriminierung, Belästigung und Gewalt am Arbeits- und Ausbildungsplatz umzugehen… .« nicht zu. Mit der Charta verpflichten sich die beteiligten Unternehmen – wie jede*r nachlesen kann – zu gar nichts.

Sie hätten sich z.B. dazu verpflichten können, Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen mit den Betriebs- /Personalräten zu dem Thema zu machen, in denen Maßnahmen festgelegt werden, zu denen die Unternehmen dann wirklich rechtlich verpflichtet sind. Als wichtig haben sich unter anderem die Festlegung von Beratungs- und Beschwerdeverfahren erwiesen: von der betrieblichen Hierarchie unabhängige Beschwerdestellen, Festlegung des zeitlichen Rahmens usw.

Im übrigen bilden die Bochumer Unternehmen ja nicht die Spitze der Bewegung. Bei Volkswagen z.B. gibt es eine solche Betriebsvereinbarung seit 2007. Insofern wird es bei den Gewerkschaften inzwischen genug Expertise zu diesem Thema geben. Vielleicht hätte man mal bei Ver.di anfragen sollen?


2 Gedanken zu “Heiße Luft gegen Diskriminierung

  • Die Mißtrauensgesellschaft

    Der Ansatz ist aus meiner Sicht nicht richtig.
    Kaum ein Mensch hört das gerne: Wir diskriminieren alle!
    Durch unsere Sozialisation sind wir alle mit Kategorien und Vorurteilen belastet. Letztlich ist es die Angst vor dem Fremden / Andersartigen.

    These der angeborenen Fremdenfurcht
    von Irenäus Eibl-Eibesfeldt
    https://de.wikipedia.org/wiki/Irenäus_Eibl-Eibesfeldt
    Außerdem wird kritisiert, er postuliere eine dem Menschen angeborene Fremdenfurcht. Marielouise Jurreit bezeichnete 1989 Eibl-Eibesfeldts Thesen von der den Menschen angeborenen Fremdenfurcht als „chauvinistisch“.[39] Dem ist entgegenzuhalten, dass Eibl-Eibesfeldt seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr von einer angeborenen Fremdenfurcht, sondern einer angeborenen Fremdenscheu spricht. Diese stehe in einer Ambivalenz zum ebenfalls angeborenen Neugierverhalten. Ob sich ein Mensch nun einer ihm fremden Kultur mit Scheu oder mit Neugier nähere, sei von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig.

    Eine Schrift dazu
    Wider die Mißtrauensgesellschaft. Streitschrift für eine bessere Zukunft. Piper, München 1994, ISBN 3-492-03682-1.

  • Wischi-Waschi

    Ich hab noch nicht verstanden, welchen konkreten Nutzen diese Charta mit ihren Wischi-Waschi-Aussagen haben soll.

    Verpflichten sich die Unternehmen zu konkreten Maßnahmen wie z. B. die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle, verpflichtendes, regelmäßiges Reporting über ergriffene Personalentwicklungsmaßnahmen wie Führungskräfte und Mitarbeiter:innenschulungen, Antirassismustrainigs etc.? NEIN!

    Wie so häufig bei der Stadt Bochum: Großes Marketing, aber nichts dahinter.

    Gelebte Antidiskriminierung wäre die Reduzierung der Warte- und Bearbeitungszeiten im Einbürgerungsbüro.
    Was dort stattfindet, ist nämlich Diskriminierung von Bürger:innen in Reinform!

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