Sonntag 06.11.22, 12:10 Uhr
Vortrag von Lühr Henken

Der Ukraine-Krieg 8


Die VVN-BdA schreibt: »Der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine ist eine Tragödie – vor allem für die Menschen in der Ukraine. Russland vollzieht damit eine brachiale Zäsur in seinen Beziehungen zum Westen. Was sind Meilensteine, die in diese Tragödie führten? Gibt es Wegmarken, an denen der Weg in den Krieg hätte vermieden werden können? Welche Rolle spielen die Erweiterung der NATO nach Osten und die Kündigung des INF-Vertrages durch Trump 2019 für den Konflikt?

Der Krieg muss so schnell wie möglich durch Verhandlungen gestoppt werden – wie könnte es gehen? Welche Ziele verfolgen die Ukraine und Russland jeweils? Wie ist die Lage auf dem Schlachtfeld? Wie wirken sich Krieg und Sanktionen auf die Ökonomien beider Länder aus? Wie groß ist die Gefahr eines Atomkrieges? Welche Rolle spielen Waffenlieferungen an die Ukraine? Was hat der Krieg mit China zu tun? Weshalb zieht es die Bundeswehr zunehmend nach Asien?

Diese und andere Fragen werden im Vortrag angesprochen und sollen anschließend diskutiert werden
am 15. November 2022, 19.00 Uhr im Bahnhof Langendreer, Raum 6.

Es referiert Lühr Henken, Ko-Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag und Herausgeber der Kasseler Schriften zur Friedenspolitik

Eine Veranstaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e.V.) Bochum.
Die Veranstaltung wird unterstützt von:
DFG-VK Bochum/Herne
Friedensplenum Bochum
NaturFreunde Langendreer«


8 Gedanken zu “Der Ukraine-Krieg

  • Andreas

    Hmm, da laden DFG-VK, Friedensplenum und Naturfreunde also mit Lühr Henken einen alten Vertreter der politische Richtung ein, der alle Aggression bei der Nato und dem Westen sieht und Russland in einer reinen Verteidigungsrolle befindet bzw. zum Angriff gezwungen wurde (u.a. http://www.youtube.com/watch?v=LHHLmfsxy1E). Dieser Meinung kann man sein.

    Interessanter fände ich jedoch eine Diskussionsveranstaltung z.B. mit Vertreter*innen ukrainischer, linker Organisationen oder Zeitschriften wie mit Natascha Lomonosowa von „Socialnij Ruch“ oder Oksana Dutschak vom Zentrums für Sozial- und Arbeitsforschung in Kiew.

    So gab es im Buchladen Schwarze Risse in Berlin, Mitte des Jahres einen interessante Veranstaltung des AK Geschichte sozialer Bewegungen Ost West (https://geschichtevonuntenostwest.net/) mit dem Titel „Der Krieg, die Ukraine und das Dilemma der Linken mit der Solidarität“. Sie ist als Podcast hier nachhörbar: https://schwarzerisse.de/category/audio-und-video/page/2/.

    Ein Zitat aus der Ankündigung der Veranstaltung:
    „Ein Teil der Linken hatte seine Antworten auf diese schwierigen Fragen sehr schnell gefunden. Alle müssten ihre Waffen niederlegen, dann seien Krieg und Tod rasch vorbei, empfehlen die Pazifist:innen. Und die geopolitischen Strateg:innen haben sich auf die Rolle der USA respektive der Nato und ihres Anteils an diesem Konflikt fokussiert. Das eine hat mit der Realität jedoch wenig zu tun und vergisst, dass die Niederlegung der Waffen vor den faschistischen Schlächtern eines Ramsan Kadyrows und russischen Ultranationalist:innen Folter und Tod aller Aktivist:innen einer ukrainischen Identität bedeuteten. Das andere lässt außer acht, dass in Russland ein extrem autoritäres und nationalistisches, ideologisch am Zarenreich und der Neuen Rechten orientiertes Regime herrscht, ein imperialer Staat, der für die Unabhängigkeit aller Anrainerstaaten gefährlich ist.

    Was diese und andere linke Kommentatoren des Krieges verbindet, ist, dass sie die Verhältnisse in Russland aus ihren Überlegungen weitgehend ausblenden und dass sie in ihre geopolitischen Analysen das begründete Recht der überfallenen Ukraine und ihrer Bevölkerung auf Eigenständigkeit völlig zu ignorieren scheinen. Viele Linke reden über diesen Krieg als globalem Ereignis, als Konkurrenzkampf zwischen Ost und West, so, als gäbe es da nicht noch dieses angegriffene Land und seine Menschen, die angesichts der Bedrohung durch die russische Armee eine nie gekannte Einigkeit zeigen. Linke Kommentatoren empören sich zurecht, dass die Bundesregierung die Gelegenheit beim Schopf packt und ein Milliardenprogramm für die Bundeswehr auflegt und dass nicht nur Rheinmetall Gewinne aus diesem Krieg zieht.

    Doch sie drücken sich vor der Frage, wie die Ukraine ohne westliche Waffenlieferung erfolgreich ihre Eigenständigkeit verteidigen kann. Sie verurteilen die beabsichtigten Nato-Beitritte Finnlands und Schwedens, ohne deren realistische Angst vor der aggressiven Politik des Putin-Regimes zu begreifen….“

    • Ralf Feldmann

      Was soll die negative Vorabkritik? Wer die vielen Fragen in der Einladung lesen mag, kann nicht übersehen, dass Andreas mit seinen Fragen und Einschätzungen nicht außerhalb des Programms liegt. Er wird sicher sagen wollen, wie viele Menschen noch sterben sollen, bevor durch Verhandlungen ein Kompromissfrieden zustande kommt, der ein Weiter-Leben ermöglicht. Darum geht es vor allem, und zwar jetzt, nicht erst in ferner Zukunft.

    • Martin

      Von „Folter und Tod aller Aktivist:innen einer ukrainischen Identität“ zu schreiben, erzeugt Assoziationen, die die gängige NATO-Propaganda übertreffen. Aber es ist keine neue Entwicklung. Auch beim Angriffskrieg der NATO auf Jugoslawien bzw Serbien sind viele sich als links verstehende Menschen den Grünen Kriegstreiber:innen gefolgt.
      Richtig am Kommentar von Andreas ist, dass die Friedensbewegung sich schon immer in erster Linie mit der Politik Deutschlands und der NATO beschäftigt.
      Wie widerwärtig der russische Angriffskrieg und wie repressiv die russische Innenpolitik ist, muss niemanden in Deutschland erklärt werden. Es gibt kaum eine Möglichkeit, sich ausführlichen Informationen hierüber zu entziehen. Bis auf ein paar Russlandmissversteher:innen gibt es kaum Menschen in unserer Gesellschaft, die die russischen Politik auch nur ansatzweise akzeptabel finden.
      Auch wenn es ein erdrückendes Schulterklopfen gäbe, wenn sich die Friedensbewegung auf diese Verurteilung der russischen Politik beschränken würde, macht sie es nicht. Wenn sie etwas bewirken will, dann kann sie bestenfalls ein wenig Druck auf die deutsche Politik ausüben. Das Aufzeigen der Mitverantwortung Deutschlands, der EU und der NATO an der militärischen Eskalation im Ukraine-Konflikt ist deshalb vorrangige Aufgabe der Friedensbewegung. Es gibt niemanden sonst, die oder der das machen könnte.
      Vor allem Pazifist:innen stellt sich dabei auch die Frage, wie viele zehntausende Tote, hunderttausende Verletzte, Millionen Geflüchteter und eine wie weitreichende Zerstörung der Ukraine es denn Wert ist, das dann übrig gebliebene Land militärisch zu verteidigen. War es falsch, dass fast alle deutschen Nachbarländer darauf verzichtet haben, sich militärisch gegen den Einmarsch der Nazis-Wehrmacht zu verteidigen? Auch für sie wäre es legitim gewesen, sich militärisch zu wehren.
      Ich denke, Russland hat in einer sich selbst militärisch völlig überschätzenden Ausgangssituation den Überfall auf die Ukraine gestartet. Die NATO hat hierin eine Chance gesehen, mit allen Mitteln, die nicht zur direkten Konfrontation mit Russland führen, die Ukraine zum Schlachtfeld (im wahrsten Sinne des Wortes) aufzurüsten. Die NATO wird Siegerin dieses Krieges sein. Offen ist, ob die Ukraine oder Russland die größeren Verluste hinnehmen müssen.
      Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und Russland kann nur bedeuten, wo es nur eben geht, Druck zu erzeugen, dass es zu einem Waffenstillstand kommt. Es geht darum, nicht den Krieg sondern den Frieden zu gewinnen.
      Die sich links fühlenden Menschen, die mehr NATO-Waffen für die Ukraine fordern, sollten vielleicht einmal darüber nachdenken, warum die russische Kriegspolitik immer noch so erschreckend viel Rückhalt in der eigenen Bevölkerung hat. Es ist nicht schwer, die EU- und die NATO-Politik der letzten Jahre als Bedrohung für Russland darzustellen. Friedensangebote wären sicherlich ein erfolgsversprechender Angriff auf die Akzeptanz russischer Kriegspolitik.

    • Sebastian

      Vielen Dank für den Link zum Vortrag von Lühr Henken! Der Vortrag ist sehr interessant und hörenswert.

      Die Behauptung von Andreas, Lühr Henken würde alle Aggressionen bei der Nato und dem Westen sehen und Russland lediglich eine reine Verteidigungsrolle zuschreiben, ist allerdings von dem Vortrag nicht gedeckt. Dort wird der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine klar benannt und die Genese des Krieges wird faktenreich analysiert.

      Das kann jede*r unter dem angegebenen Link nachhören.

    • Steffen

      Die Formulierung „realistische Angst Finnlands und Schwedens vor der aggressiven Politik des Putin-Regimes begreifen“ muss man sich als Irrsinn der vermeintlich Linken in Deutschland wirklich auf der Zunge zergehen lassen.

      Sicher ist das Putin-Regime brutal, das kann man heute in der Ukraine wie früher in Tschetschenien etc. sehen. Diese Tatsache sollte nicht zu völligem Realitätsverlust führen. Es ist nicht Aufgabe von Linken oder einer Friedensbewegung, sich auf eine Seite konkurrierender Nationen im globalen Kapitalismus zu stellen.

      Eine Nato-Osterweiterung unter Führung des größten Militärs der Welt (USA) seit 1991 ist Realität.

      Angriffskriege von Nato-Ländern in Kosovo, Irak, Afghanistan, Libyen und aktuell in Nordsyrien (wo das Erdogan-Regime gerade im Verdacht steht Chemiewaffen eingesetzt zu haben) sind real.

      Tausende flüchtende Menschen aus diesen Kriegen in europäischen Höllen-Lagern (mit totaler Entrechtung) sind real, sowie Tausende Tote durch Ertrinken jedes Jahr im Mittelmeer sind real.

      Der Hunger in Afghanistan nach fast 2 Jahrzehnten „Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch“ ist real.

      Das Verhungern jemenitischer Kinder durch den Angriffskrieg Saudi-Arabiens gefördert durch Waffenlieferungen durch die EU ist real.

      „Eine Zeitenwende on tour“ zur Stärkung der Akzeptanz der Millitarisierung der Gesellschaft sowie das mediale Einpeitschen der Bevölkerung auf das „wehrhafte Wir“ ist real. https://securityconference.org/zeitenwende/

      Dass Finnland oder Schweden in Gefahr stehen morgen von Moskau eingenommen zu werden dagegen ist an Realitätsverlust nur noch durch zu den übersteigerten Konsum von Tweets des Bandera-Verehrers Melnyk zu erklären.

  • Rainer

    Ich finde es inzwischen sinnlos sich mit der Die-Nato-ist-schuld-Fraktion auseinander zu setzen. Die bleiben in ihrer traditionslinken Denkweise gefangen, die sie ins Abseits stellt, ihnen jedoch das Gefühl gibt die letzten Aufrechten zu sein. An solchen Veranstaltungen nehme ich nicht teil. Ich möchte nicht mit Leuten diskutieren für die es eine Friedensoption ist, ein Land mit 40 Millionen Einwohner*innen in einen Gulag zu verwandeln. Da sind mir die Fragen die Andreas oben aufgeworfen hat und die Menschen die sie diskutieren doch sehr viel näher.

    • J. St. Alin

      Seh ich auch so. Gregor Gysi hat es ja so formuliert: „Sie sind nicht bereit sich von ihren alten Ideologien zu trennen“. In diesen antiquierten Ideologien gehört Russland immer zu den Guten, weil objektiv betrachtet ist Russland ein Gegenpol zum US-Imperalismus. Da drückt man*frau schon ´mal ein Auge zu, in diesem Fall auch gerne beide Augen. Dann kehrt der eiserne Besen auch besser. Leider gehört Gysi zu den wenigen Funktionären innerhalb der Linkspartei der diese Einschätzungsfehler auch artikuliert, siehe „Neues Deutschland“.Wo soll das alles enden? Viele im Linken Spektrum kann man*frau mittlerweile als Linkskonservativ bezeichnen. Vom frühreren Freiheitsdenken ist nicht mehr viel übrig geblieben. Derweil dreht sich bei den Identitätslinken alles um den eigenen Popo. Defacto sind beide Strömungen gesellschaftlich weitestgehend marginalisiert.

  • Chris

    Die Kritiker dieser Veranstaltung, die sich hier zu Wort melden, diffamieren Lühr Henken ausdrücklich und mit größter Selbstzufriedenheit argumentationsfrei als „alten Vertreter einer bestimmten politischen Richtung“ mit „traditionslinker Denkweise“ und „antiquierten Ideologien“.
    Argumente braucht es nicht, die Zuweisung „alt“ assoziiert schon alles, was nötig ist, um sich mit Inhalten erst gar nicht auseinander setzen zu müssen.

    Es steht ja für solche Kritiker sowieso schon immer fest, dass es nur eine moralisch korrekte Sichtweise (linke Inhalte jenseits von Moralität gibt es ja schon länger nicht mehr), auf diesen Krieg gibt – und diese fällt glücklicherweise mit der von der Ampel-Regierung (die zwar keine auch nur angemessene Klimapolitik dafür aber reichlich tödlichen Grenzschutz betreibt) vertretenen Forderung von der unbedingten Solidarität mit „der Ukraine“ (die als Nation ein Subjekt zu sein scheint) mit Waffenlieferungen bis zum Siegfrieden zusammen.

    Die Militarisierung im Innern schreitet während dessen voran und die globale Klassengesellschaft funktioniert weiterhin, dass es kracht.

    Die Cholera im Libanon, in Syrien, in Haiti, Land-unter in Pakistan und Nigeria, der Hunger im Jemen, die Lager in Libyen, Griechenland oder Guantanamo, Millionen Flüchtende aufgrund von Nato-Staaten geführter Kriege (alles nur beispielsweise) – unsere wertebasierte feministischen Außenpolitik und die anstehende Stationierung der nuklearer Lenkwaffen B61-12 in Europa werden es schon richten. Aber erstmal ist Fussballweltmeisterschaft in Katar.
    Kapitalismus nirgends zu sehen. Außen in Russland unter Putin.

    Wer jetzt noch Fragen hat, bekommt von Andreas Podcast-Tipps.

Kommentare sind geschlossen.