Freitag 04.11.22, 19:46 Uhr
Podiumsdiskussion in Höntrop:

Bürgerbeteiligung statt Politikverdrossenheit


Dass der Prozess zur Einführung von mehr Bürgerbeteiligung zwischen der Stadt Bochum einerseits und dem Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung und der Gruppe Stadt für Alle andererseits nach der Durchführung mehrerer „Akteursforen“, der Einigung auf eine „Vorhabenliste“ und dem Beschluss zur Nutzung der Software „Consul“ Ende 2021 ins Stocken geraten ist, hat einen Grund, und der heißt nicht „Corona“. Die Stadt hat den Prozess gestoppt, um sich zunächst verwaltungsintern darüber klar zu werden, wie sie sich Bürgerbeteiligung in Bochum vorstellt. Das bestätigte Thorsten Lumma, Leiter des Referats für politische Gremien, Bürgerbeteiligung und Kommunikation bei der Podiumsdiskussion der Freundinnen und Freunde des Hallen- und Freibades Höntrop gestern Abend im Kolpinghaus Höntrop.

Völlig falsch fand das Dr. Toralf Stark, Politologe an der Universität Duisburg-Essen, der seine Dissertation zum Thema „Demokratische Bürgerbeteiligung außerhalb des Wahllokals“ geschrieben hatte und ebenfalls auf dem Podium saß: „Warum machen Sie nicht eine Bürgerkonferenz zu dem Thema? Die Politik muss auf die Bürger zugehen!“ Auch bei Andrea Wirtz, Sprecherin des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung löste dieses Vorgehen Kopfschütteln aus: „Das klingt ja so, als ob Verwaltung etwas in sich Abgeschlossenes wäre. Aber es gibt doch innerhalb genauso wie außerhalb der Verwaltung Menschen mit einer Meinung zu Bürgerbeteiligung, und wenn man die Diskussion von vornherein gemeinsam führen würde, würde das gar nicht viel ändern. Ich kann nur dafür plädieren, die Diskussion so früh wie möglich zu öffnen, denn dann kommt ja auch noch die Politik und hat nochmal andere Vorstellungen.“

Aus dem Publikum kam der Vorschlag, Bürgerbeteiligung nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu sehen, zu besseren Entscheidungen zu kommen und mehr Zufriedenheit zu erzielen, wenn beispielsweise bei einer Straßenbaumaßnahme die Anwohner gefragt würden, welche Probleme dabei gleich mit erledigt werden könnten. Politik und Verwaltung könnten nicht entscheiden, ob es Bürgerbeteiligung gebe oder nicht, sondern nur in welcher Form. „Sie können auf die Bürger zugehen und sie fragen, was sie wollen. Oder Sie können das lassen und dann jede Menge aufgebrachte Bürgerinitiativen am Hals haben, die jede Menge Ärger machen und für schlechte Wahlergebnisse sorgen.“

Natürlich ging es an dem Abend ganz viel um die Bäderpolitik der Stadt Bochum und besonders um das Höntroper Bad. Stefan Wolf als Vertreter des Vereins Freundinnen und Freunde des Hallen- und Freibades Höntrop und Gastgeber der Podiumsdiskussion schilderte den jahrelangen Kampf seiner Initiative, die für Ihre Petition inzwischen über 8.000 Unterschriften gesammelt hat, ohne bei der Politik Gehör zu finden. Er appellierte ein weiteres Mal daran, endlich zu Gesprächen über die Zukunft des Höntroper Bades zu kommen.

Thorsten Lumma verteidigte dennoch die Bürgerbeteiligung in Bochum, bei der es Bürgerkonferenzen, Fachkonferenzen auf Stadtteilebene und Bürgersprechstunden beim OB und den Bezirksbürgermeistern gebe. „Ich glaube, insgesamt steht Bochum bei dem Thema nicht soo schlecht da.“ Die anderen auf dem Podium teilten diese Meinung zwar nicht, attestierten ihm aber Mut, überhaupt gekommen zu sein.