
Wer am vergangenen Wochenende durch den Bochumer Hauptbahnhof ging, durfte sich verwundert die Augen reiben. An der selben Stelle, an der bis vor vier Wochen noch der Infostand von „Bochum Solidarisch“ für ukrainische Menschen stand, der dann vom „Deutsche Bahn“-Management mit dem Argument verboten wurde, weil er Fluchtwege behindern würde, war eine der Bühnen des „Bochumer Musiksommer“ aufgebaut…mitten auf dem „Fluchtweg“. Es war natürlich völlig klar gewesen, dass das Fluchtwegeargument nur vorgeschoben war.
Die „Bochumer Bahnhofsmission“ hatte ja immer wieder damit gedroht „Bochum Solidarisch“ über ihre guten Kontakte zum Bahnhofsmanagement aus dem Bahnhof rausschmeißen zu lassen, wenn sich die Aktivist*innen nicht so verhalten, wie sich das die Bahnhofsmission vorstellt.
Letztendlich kam der Rausschmiss wohl allen drei Akteurinnen in diesem Trauerspiel gelegen: Die „Deutsche Bahn“ kann die vom Infostand genutzte Fläche wieder kommerziell nutzen, die „Bahnhofsmission“ hat sich einer lästigen, fachlich kompetenteren Konkurrenz entledigt und die „Stadt Bochum“ muss sich nicht länger mit einer kritischen, zivilgesellschaftlichen Organisation herumschlagen.
Letzteres war übrigens auch Thema auf der Praxistagung „Flucht und Ehrenamt“ des „Institut für Kirche und Gesellschaft“ am letzten Wochenende.
Dort trafen sich Vertreter*innen von Kommunen, Wohlfahrtsverbänden und zivilgesellschaftlichen Initiativen. „Bochum Solidarisch“ hat dort zwei Workshops geleitet.
Aus Bochum war von Stadt, Ehrenamtsagentur oder den alt eingesessenen Wohlfahrtsorganisationen allerdings niemand vertreten, genau so wenig wie einige Wochen zuvor bei einer ähnlichen Tagung der SPD-nahen „Friedrich-Ebert-Stiftung“. Es hätte interessante Lerneffekte geben können, wie andere Städte z.B. durch monatliche Onlinekonferenzen den Dialog zwischen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und Verwaltung gestalten.
Bochum Solidarisch weist darauf hin: „Ab dem 01. September geht es für einige Drittstaatenangehörige aus der Ukraine in den dritten Monat ohne irgendwelche Transferzahlungen. Sie sind in Bochum gefangen im Teufelskreis zwischen Arbeitsverbot durch das Ausländerbüro und Leistungsverweigerung sowohl durch das Jobcenter wie auch durch das Sozialamt. Diese Menschen, meistens Studierende, verschulden sich immer mehr. Ein weiteres Trauerspiel in Bochum.“
Das zweierlei- Maß der Ausländerbehörden gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine ist klares U n r e c h t und das Abservieren des Beratungsstandes im Hauptbahnhof darf nicht unwidersprochen bleiben.
Wie kann man / frau unterstützen?
Nicht aufgeben !
Inge Bartke-Anders.
Die Geschichte mit dem „Mehrklassensystem“ bei Geflüchteten aus der Ukraine hat zwei Komponenten. Einmal den aufenthaltsrechtlichen Teil, dass die Studierenden aus Drittstaaten, die nicht aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea kommen, i.d.R.vom §24 AufenthG ausgeschlossen sind und dann die daraus resultierende Leistungsverweigerung. Für ersteres gibt es z.B. die Petition, die über https://bipocukraine.org/ zu erreichen ist. Das andere Problem ist das faktische „Aushungern“ der Leute durch nicht kooperierende Institutionen wie Jobcenter, Sozialamt und Ausländerbehörde. Da versuche ich gerade zusammen mit dem uns wohlwollenden „Kommunalen Integrationsmanagement“ eine pragmatische Lösung hinzubekommen und es wird evtl. in nächster Zeit eine Kundgebung oder Demo geben, wenn sich da nichts bewegt und evtl. noch Rückkehraufforderungen dazu kommen sollten.
Der Stand im Hbf ist Geschichte. Da liegt das Problem ganz eindeutig in den bräsigen, provinziellen, internen Strukturen der Stadt Bochum. Marketing an jeder Ecke, aber innen drin nur Seilschaften und viel Inkompetenz.
Da fehlt es an einer medial beachteten (oder sich selbst ermächtigenden), zivilgesellschaftlichen, nicht parteigebunden Opposition. Es gibt zwar viele, politisch engagierte Menschen in Bochum, aber viele fokussieren nur auf einen Themenbereich… oder wollen gleich die Weltrevolution. Es entwickelt sich gerade langsam eine neue Selbstorganisation geflüchteter und migrierter Menschen in Bochum. Aber da halte ich mich als alter, weißer Mann mal schön im Hintergrund.
„“in den bräsigen, provinziellen, internen Strukturen der Stadt Bochum““ sehe ich auch so, Stadtverwaltung und SPD zusammen fühlen sich Beton an
„“es wird evtl. in nächster Zeit eine Kundgebung oder Demo geben““
Auf jeden Fall sinnvoll, bitte vorher bekannt geben (!)